Senioren essen Wassermelone

Alter

Gesellschaft der Alten

Vor 150 Jahren lag die Lebenserwartung eines Menschen in Deutschland noch bei 40 Jahren, heute ist sie etwa doppelt so hoch. Um sich dieser Entwicklung anzupassen, muss sich in der deutschen Gesellschaft einiges ändern.

Von Annette Holtmeyer und Britta Schwanenberg

Altes Deutschland – armes Deutschland?

Die Menschen in Deutschland werden im Schnitt älter als früher. Gleichzeitig werden weniger Kinder geboren. Die deutsche Gesellschaft altert. Über die Auswirkungen dieses demografischen Wandels streiten sich die Forscher.

Für viele der "neuen Alten" ist die steigende Lebenserwartung ein Grund zur Freude: Sie sind fitter als frühere Generationen und haben erst spät das Gefühl, wirklich alt zu sein.

Herausforderungen für Sozialversicherungen

Planet Wissen 05.06.2023 02:03 Min. Verfügbar bis 05.06.2028 WDR

Andere blicken skeptisch in die Zukunft: Mehr Alte, so die Befürchtung, heißt weniger Wachstum. Auch für den sozialen Bereich hat die Bevölkerungsentwicklung Folgen: Bislang lebt die große Mehrheit der Menschen bis ins hohe Alter in privaten Haushalten.

Der Kindermangel schwächt jedoch die soziale Funktion der Familie. Der Staat muss seine Infrastruktur an die Bedürfnisse einer alternden Gesellschaft anpassen. Der Bedarf an Heim- und Pflegeplätzen wächst.

"Best Agers" und Kukidents

Je stärker die Altenschar wächst, desto wichtiger wird sie für die Wirtschaft. Laut der "Berliner Altersstudie", einer Untersuchung des Berliner Max-Planck-Instituts, verfügten die über 70-Jährigen bereits Anfang der 1990er-Jahre über ein leicht höheres Einkommen als das statistisch ermittelte Durchschnittseinkommen eines Haushalts.

Werbeagenturen suchen bereits lange nach Worten, um die Zielgruppe jenseits der 60 anzusprechen: Ob "Silver Agers" oder "Best Agers", "Whoopies" (Well-Off Old People, zu deutsch: gutbetuchte alte Leute) oder "Kukidents" – so richtig etabliert hat sich noch keiner der Begriffe.

Der Markt aber orientiert sich zunehmend an der wachsenden Käufergruppe. Um altersgerechte Produkte wie ein leicht zu bedienendes Handy oder eine gute Gehhilfe zu entwickeln, ist bereits ein geeignetes Hilfsmittel auf dem Markt: Der Simulations-Overall "Age-Explorer" macht die Beine schwer und trübt den Blick. Er soll den Forschern bei der Entwicklung neuer Produkte helfen.

Hände älterer Menschen auf ihren Gehstöcken, Senioren auf einer Bank

Die Gesellschaft wird älter

Freie Zeit: neue Aufgaben im dritten Lebensabschnitt

Entgegen der allgemeinen Annahme sind die meisten Menschen heutzutage bis zum 75. Lebensjahr im vollen Besitz ihrer geistigen und körperlichen Kräfte. Deshalb entwickelt sich die Zeit zwischen dem 60. und dem 75. Lebensjahr zu einem eigenen Lebensabschnitt, auf den man sich freut und vorbereitet.

Die "Berliner Altersstudie" räumt mit den negativen Klischees über das Alter auf. So zeigt sie, dass die meisten alten Menschen mit ihrem Leben zufrieden sind. Mehr als zwei Drittel fühlen sich unabhängig und meinen, dass sie ihr Leben selbst bestimmen können.

Rentner engagieren sich in hohem Maß für die Gesellschaft: Sie betreuen ihre Enkel, pflegen Angehörige und betätigen sich als Ehrenämtler. In vielen Gemeinden organisieren Senioren wohltätige Projekte.

Auch das Familienministerium hat diesen Trend erkannt und versucht ihn zu unterstützen. Der fünfte Altenbericht kommt zu dem Ergebnis, "dass die Lebensphase Alter nicht mit Krankheit und Unproduktivität gleichgesetzt werden kann, sondern Ältere bereits heute einen großen Beitrag zum gesellschaftlichen Wohlstand erbringen".

Er macht zudem deutlich, dass gerade in einer älter werdenden Gesellschaft die Fähigkeiten der betagten Gesellschaftsmitglieder an Bedeutung zunehmen und genutzt werden müssen.

Seniorin mit iPad

Um etwas Neues zu lernen, ist es nie zu spät

Gesund und fit

Ob in Zukunft das maximale Lebensalter weiter ansteigt und in Deutschland Ende 21. Jahrhunderts die größte Bevölkerungsgruppe um die 90 Jahre alt sein wird, ist unter Wissenschaftlern noch nicht geklärt. Sicher ist, dass die heutigen Senioren im Durchschnitt deutlich gesünder und aktiver leben als frühere Generationen. Viele nutzen Weiterbildungsangebote und Sportvereine.

Vier Senioren gehen gemeinsam spazieren

Das Wandern ist der Alten Lust

Laut dem Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) waren 2003 bereits gut zwei Millionen über 60-Jährige Mitglieder in Sportvereinen – Tendenz steigend. Dennoch stellte der DOSB fest, dass "noch zu wenig ältere Menschen einer ausreichenden und regelmäßigen Aktivität nachgehen".

Vor allem Krankheiten und das geringe Angebot geeigneter Sportmöglichkeiten seien für viele Ältere Barrieren, sich sportlich zu betätigen. Darum sei es eine der Schwerpunktaufgaben des DOSB, "bundesweit ein qualitatives Sportangebot für ältere Mitbürger zu sichern und auszubauen".

Bewegung ist wichtig – gerade für Ältere: Bewegung hat sich bislang in der Wissenschaft als einzig sichere Möglichkeit erwiesen, die Alterungsprozesse wirkungsvoll zu verlangsamen. Wer im Alter mit einem regelmäßigen Ausdauertraining beginnt, verbessert sein Herz-Kreislauf-System innerhalb kurzer Zeit.

Die Reaktion und das Kurzzeitgedächtnis verbessern sich, die Koordinationsfähigkeit steigt, Unfall- und Verletzungsgefahr sinken. Eine Studie der Universität Ulm hat bewiesen, dass Krafttraining eine sehr wirksame Hilfe gegen Stürze ist. Die Kraftzunahme durch ein spezielles Training ist bei älteren Menschen enorm.

Muskeltraining im Alter

Planet Wissen 09.01.2024 02:34 Min. UT Verfügbar bis 27.02.2025 WDR

Mit einem maßvollen Fitness-Training kann man in jedem Alter beginnen. Auf jeden Fall sollte man vor dem Beginn des Sportprogramms einen Arzt befragen und eventuell ein Belastungs-EKG durchführen lassen. Gut für Herz und Kreislauf sind zum Beispiel Wandern, Dauerlauf, Radfahren oder Schwimmen.

Daneben eröffnet der Sport Möglichkeiten zu sozialen Kontakten. Am besten informiert man sich bei seiner Gemeinde über geeignete Sportangebote für Senioren. In einigen Städten bieten auch die Universitäten oder spezialisierte Fitnesscenter Seniorenkurse an.

Ernährung im Alter

Energiebedarf und Appetit des Menschen sinken mit zunehmendem Alter. Dadurch kann es zu einer Unterversorgung des Körpers kommen. Fehlernährung ist eine häufige Diagnose bei älteren Menschen. Eine große Gefahr ist Flüssigkeitsmangel und ein Mangel an wichtigen Nährstoffen, da der Körper Eiweiß, Vitamine und Mineralstoffe nicht mehr so gut verwertet.

Senioren beim Frühstück

Auf die richtige Ernährung kommt es an

Ältere Menschen benötigen deshalb täglich besonders hochwertiges Eiweiß. In ausreichender Menge liefern dies vor allem mageres Fleisch oder Fisch, Milchprodukte und Eier. Da Fleisch und Wurst nicht täglich auf den Tisch kommen sollten, empfehlen Ernährungsexperten zudem Sojaprodukte oder Hülsenfrüchte.

Beim Umgang mit Fetten empfiehlt sich die Wahl kaltgepresster Pflanzenöle, wie Oliven- oder Sonnenblumenöl. Reich an Ballaststoffen, Vitaminen und Mineralstoffen sind Vollkornprodukte. Es gibt viele gut bekömmliche Brotsorten wie Grahambrot, das sogar von empfindlichen Menschen gut vertragen wird. Zucker sowie zuckerhaltige Nahrungsmittel und Getränke sollten möglichst oft durch Früchte oder nur sparsam gesüßtes Gebäck wie Hefekuchen ersetzt werden.

(Erstveröffentlichung: 2004. Letzte Aktualisierung: 14.11.2019)

Quelle: WDR

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