Zeichnung aus einem alten Märchenbuch: Frau Holle schiebt ein Brot in einen Steinofen

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Ob Brot oder Kuchen – Backwaren sind für uns ein unverzichtbares Lebensmittel. Für die meisten beginnt der Tag mit Brötchen oder einer der zahlreichen Brotvariationen. Die Kunst des Backens kennen die Menschen seit Jahrtausenden.

Von Helmut Brasse

Ein Zufall verändert die Esskultur

Seit schätzungsweise 10.000 Jahren baut der Mensch Getreide an. Anfänglich wurden die Getreidekörner im Ganzen verspeist. Mit der Zeit begann der Mensch, die Körner mit Steinen zu zerkleinern und mit Wasser zu vermischen.

Man vermutet, dass ein solcher Brei aus Wasser und Getreide zufällig auf einen durch Sonne erhitzten Stein geraten ist – der erste Backvorgang in der Geschichte. Dies soll etwa 6000 Jahre zurückliegen. Es gibt Funde, die zu dem Schluss führen, dass das Backen von Fladenbroten bei den Ägyptern und Griechen vor rund 5000 Jahren bereits üblich war.

Ohne Hitze kein Backen

In der Frühzeit des Backens war die Sonnenenergie, die Steine erhitzte, die einzige Möglichkeit zu backen. Entsprechend konnte nur fladenartiges Brot hergestellt werden. Wann Öfen erfunden wurden, lässt sich nicht mehr genau festlegen. Vermutlich entstanden die ersten umbauten Feuerstätten etwa 4300 vor Christus.

Jede Kultur hatte eigene Ofenmodelle, die in der Regel im Freien betrieben wurden. Erst im Mittelalter fing man an, Öfen in Häuser einzubauen. Als Brennstoff diente fast ausschließlich Holz. Mit der Industrialisierung entstanden kohlegefeuerte Öfen, später kamen Gas- und Elektroöfen dazu.

Während heute fast jeder Haushalt über einen eigenen Backofen verfügt, waren Backöfen noch bis zum Zweiten Weltkrieg eher Mangelware. Oft mussten sich kleine Dorfgemeinschaften einen gemeinsamen Ofen teilen und jeder bekam einen Termin zugeteilt, wann er backen durfte. Oder man gab eigene vorbereitete Brot- und Kuchenteige bei einem Bäcker zum Backen ab.

Ein Bäcker zieht fertige Brote aus einem Ofen aus Edelstahl.

Der Ofen ist das Herzstück jeder Bäckerei

Ohne Backtriebmittel geht nichts auf

Die ersten auf Steinen gebackenen Fladenbrote besaßen nicht annähernd die Konsistenz, die man heute mit dem Namen Fladenbrot verbindet. Sie bestanden aus grobem Getreide und Wasser und waren nur in warmem Zustand genießbar. Danach wurde das Brot steinhart.

Vermutlich war es wieder ein Zufall, dass der Mensch eines Tages feststellte, dass ein vergorener Teig nicht nur größer wird, sondern nach dem Backen ein luftiges Brot ergibt. So entstand der Sauerteig, bei dem Mikroorganismen Gärprozesse in Gang setzen und den Teig "aufgehen" lassen.

Erst mit der Erfindung des Mikroskops im Jahre 1676 war es möglich, diese Mikroorganismen, zu denen die Hefe gehört, zu identifizieren und zu erforschen.

Hefepilze zersetzen die im Mehl enthaltene Stärke und produzieren dabei Kohlendioxid. Dieses Gas lässt den Teig aufgehen. Allerdings haben Hefepilze auch einen entscheidenden Nachteil: Sie verbrauchen bei ihrer "Arbeit" selbst eine Menge Mehl, was in den Zeiten der allgemeinen Unterversorgung mit Lebensmitteln ein Problem darstellte.

1833 machte der Chemiker Justus Liebig eine entscheidende Entdeckung. Er fand heraus, dass Natron unter Beigabe von Weinstein-Kaliumbitartrat ähnlich wie Hefe den Teig auflockerte, ohne aber dabei Mehl zu zersetzen.

Dies war die Geburtsstunde des Backpulvers. Für Brot hat sich das Backpulver jedoch nicht durchgesetzt, Hefeteig schmeckt einfach besser beim Brot. Beim Kuchen jedoch ist Backpulver zu einer unverzichtbaren Zutat für viele Teigarten geworden.

Frischer Hefe-Gugelhupf mit Marzipan und Amaretto-Rosinen auf einem Abkühlring

Ein Gugelhupf aus Rührteig braucht Backpulver

Ursprünge unserer Backwaren

Es ist kaum möglich, sämtliche Brot- und Kuchensorten zahlenmäßig zu erfassen. Allein beim Brot soll es heute mehr als 400 Sorten geben. Viele Backwaren haben einen regionalen Ursprung und sind nur in bestimmten Gegenden zu finden.

Einiges hat sich im Laufe der Geschichte aber allgemein durchgesetzt, an erster Stelle natürlich die klassischen Brotsorten. Erste Hefe- und Sauerteigbrote sind bereits um 1000 nach Christus entstanden. Zur gleichen Zeit wird auch der Lebkuchen zum ersten Mal erwähnt.

Die Vorgänger des heutigen Christstollens finden im 14. Jahrhundert ihre erste Erwähnung. Allerdings dürften sie sehr trocken und fade gewesen sein, denn die Kirche verbot lange Zeit, dass der Stollen Butter enthielt.

Erst 1491 hob der Papst das Butterverbot auf. Angeblich symbolisiert der von feinem Zucker überzogene Stollen-Laib das in Windeln gewickelte Christkind.

Eine Servierplatte mit aufgeschnittenem Christstollen, rundherum Weihnachtsdekoration

Der Christstollen ist untrennbar mit Weihnachten verbunden

Auch ein anderer Weihnachts-Klassiker hat religiösen Bezug: Das Wort "Spekulatius" leitet sich ab vom lateinischen Wort "Speculator" (Aufseher), mit dem auf Latein der Bischof bezeichnet wird.

Spekulatius wurden zu Ehren des heiligen Bischofs Nikolaus gebacken, der die Menschen in Notzeiten mit Brot versorgt hatte. Die Spekulatius-Formen stellten Bilder aus der Nikolausgeschichte dar.

Eine deutliche Veränderung der Backwaren fand im 18. Jahrhundert statt, als man durch neue Mahltechniken feineres Mehl herstellen konnte. Das war auch die Zeit, in der die "Hausbäckerei" ihre Geburtsstunde hatte. Biskuit- und Mürbeteig wurden erfunden.

Und im 18. Jahrhundert brachte die billigere Herstellung des Zuckers eine weitere Wende. Zucker wurde nicht nur zum festen Bestandteil von Kuchenteigen. Er kam nun auch als Zuckerguss verstärkt zum Einsatz, was bis heute das Aussehen vieler Backwaren prägt.

(Erstveröffentlichung: 2004. Letzte Aktualisierung: 02.06.2020)

Quelle: WDR

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