Ein Stück Käse mit Messer und einige Käsescheiben auf einem Frühstücksbrettchen.

Lebensmittel

Käse

Käse ist für uns ein alltägliches Nahrungsmittel: wohlschmeckend, preiswert, nährstoff- und vitaminreich und von unserem Speiseplan nicht mehr wegzudenken. Kaum ein anderes Lebensmittel ist geschmacklich so vielfältig.

Von Rolf Stephan

Der erste Käse entstand wahrscheinlich durch Zufall

Fast überall auf der Welt, wo es milchgebende Tiere gibt, wird heute auch Käse hergestellt, und jeder Käser benutzt sein ganz persönliches Rezept für Herstellung und Reifung.

Doch keiner weiß, wann und wo der erste Käse hergestellt wurde. Es war sicher lange vor Christi Geburt, vermutlich in Vorderasien und ums Mittelmeer herum, und der Zufall hatte wohl seine Hand mit im Spiel. So ranken sich einige Legenden um das beliebte Nahrungsmittel, die im Kern sicher einige Fakten der Käseentstehung treffen:

"Käse ist ein Geschenk der Götter!" Könnte man zumindest so sagen, denn: Man vermutet heute, dass bei Opferzeremonien im alten Mesopotamien (im 3. bis 1. Jahrtausend vor Christi) den Göttern frische Milch dargebracht wurde.

Naturgemäß ließen die Priester den Opfertrank einige Zeit stehen, und so wurde unter Mithilfe der Milchsäurebakterien aus der Milch nach einigen Tagen der erste Sauermilchkäse. Irgendwann muss einer der Priester – wohl sündigerweise – von den Göttergaben probiert und so den Wohlgeschmack festgestellt haben.

"Käse aus dem Kälbermagen!" Auch in dieser auf den ersten Blick eigenartigen Aussage steckt viel Wahres. Vermutlich entdeckten steinzeitliche Jäger im Magen eines eben erlegten Kalbes eine merkwürdige weiße Masse, die äußerst schmackhaft war. Das Tier musste kurz vor seinem Tod Muttermilch getrunken haben, und ein besonderes Fermentierungsenzym im Magen von Jungtieren – das Lab – sorgte dafür, dass aus der Milch die weiße Masse wurde.

Eine andere Legende besagt, dass Hirten ihre Milch in getrockneten Schafsmägen aufbewahrten und so die Milch mit dem Lab in Berührung kam.

Jedenfalls aßen die Menschen in den antiken Hochkulturen schon Käse: In seiner "Odyssee" beschreibt der antike Dichter Homer die magischen Kräfte des Käses. Hippokrates, berühmtester Arzt der Antike, verschrieb Käse als Heilmittel und Ziegenkäse war ein wichtiges Handelsgut der Griechen.

Auch im alten Rom war Käse nicht vom Speisezettel wegzudenken. Außerdem half eine wichtige Eigenschaft des Hartkäses den Römern bei ihren europaweiten Feldzügen. Hartkäse ist sehr gut und lange haltbar, was ihn zu einem hervorragenden Lebensmittel bei der Versorgung der Legionäre machte.

Ziegenfrischkäse

Ziegenkäse war ein kostbares antikes Handelsgut

Klöster und Wissenschaft

Im Mittelalter beschäftigten sich vor allem die Klöster mit der Herstellung von Käse. Sie sammelten die Rezepte der Bauern und schrieben sie auf. So entstand langsam das Handwerk des Käsers (Senners).

Mit dem Wachsen der Städte im späten Mittelalter wuchs auch der Käsehandel. Der Käse war problemlos vom Land in die Stadt zu transportieren, denn er verdarb auch bei längeren Reisen nicht so schnell.

Im 19. Jahrhundert entdeckten dann Wissenschaftler wie Louis Pasteur oder Justus Liebig bei ihren Forschungen mit Lab, welche Rolle die Mikroorganismen bei der Käsereifung spielen. Diese Grundlagenforschung führte zur Technisierung des Käsehandwerks und im folgenden – auch durch die Züchtung der Kühe zu immer höherer Milchleistung – zur Industrialisierung der Käsereiwirtschaft.

Gemälde: Louis Pasteur im Labor

Durch seine Forschungen konnte Käse haltbarer gemacht werden: Louis Pasteur

Käseherstellung

Grundlage allen Käses ist die Milch, egal ob von Kuh, Ziege, Schaf oder Yak. Diese Milch – solange sie unbehandelt verarbeitet wird, nennt man sie Rohmilch – wird nun erhitzt: bei Rohmilchkäse nicht über die Körpertemperaturen der milchspendenden Tiere, bei Industriekäse auf bis zu 75 Grad Celsius (Pasteurisierung).

Der Vorteil dieser extremen Hitzebehandlung liegt auf der Hand: Die Milch wird dadurch fast komplett entkeimt und somit gesundheitlich unbedenklich. Dieser Vorteil ist aber zugleich der größte Nachteil: Auch alle geschmacksbildenden Enzyme verschwinden aus der Milch. Der Käse wird lange keinen so guten Geschmack besitzen wie ein herkömmlicher Rohmilchkäse.

Jetzt wird die Milch dickgelegt. Je nach dem eingesetzten Mittel erhält man später entweder Sauermilchkäse oder Lab- beziehungsweise Süßmilchkäse. Der Sauermilchkäse wird durch Zugabe von Milchsäurebakterien hergestellt. Der Milchzucker wird zu Milchsäure umgewandelt, und durch die Säure gerinnt das Milcheiweiß. Schon ist der Käse fertig. Hauptvertreter dieser Käsegattung sind der Quark und der Frischkäse.

Der weitaus größere Anteil des Käses wird durch Hinzufügen von Lab gewonnen. Dieses früher aus Kälbermägen, heute oft schon gentechnisch gewonnene Enzym lässt das Milcheiweiß gerinnen. Die so dickgelegte Milch wird nun mittels einer Käseharfe zerkleinert. Die festen Bestandteile nennt der Käser "Bruch", die flüssigen "Molke".

Käsebauer zerkleinert den Bruch mit der Käseharfe

Mit der Käseharfe wird der Bruch zerkleinert

Je mehr der Käser mit der Käseharfe den Bruch zerkleinert, desto mehr Molke wird herausgepresst und entsprechend fester wird später der Käse. Immer wieder prüft der Käser die Größe des Bruchs bis ihm seine Erfahrung sagt, dass der Bruch optimal für die gewünschte Käsesorte ist.

Nun wird der Käse in die Form gebracht. Bei großen Käsen, zum Beispiel Emmentalern, wird der Bruch mit einem großen Leintuch aus dem Kessel gehoben. Das trennt ihn endgültig von der Molke. Die Masse wird dann in die Form verbracht.

Kleine Käse, wie zum Beispiel der Camembert, werden von Hand abgeschöpft und in spezielle, gelochte Förmchen gegeben, aus denen der verbliebene Flüssigkeitsrest abfließen kann. Schließlich kann der Bruch auch unter Druck ausgepresst und geformt werden. Letztere Methode herrscht bei der industriellen Fertigung von Käse vor.

Nach einiger Zeit wird der Käse gesalzen. Meist kommt der Käselaib dazu in ein Salzbad oder wird von Hand mit Salz eingeschmiert, manchmal, wie beispielsweise beim englischen Cheddar, wird schon der Bruch gesalzen. Das Salz gibt dem Käse Geschmack, entzieht dem Laib weitere Molke, konserviert und fördert die Rindenbildung.

Käselaibe in ener Reiferei

In der Reiferei verbingen die Käselaibe oft mehrere Monate

Schließlich wird der Käse gereift: Dazu lässt man ihn in erster Linie in Ruhe. Je nach Sorte kann das Jahre dauern. Ein Weichkäse ist dagegen schon nach einer Woche verkaufsreif.

Entscheidend für die Geschmacksbildung ist die besondere Atmosphäre im Reifekeller. Hier muss alles stimmen: Temperatur, Luftfeuchtigkeit und Luftaustausch. Der Affineur, also der Käsereifer, sorgt für die richtigen Bedingungen. Er kümmert sich auch um die weitere Oberflächenbehandlung, denn der Käse muss regelmäßig gewendet, gebürstet und mit Salzlake beschmiert werden.

Erst diese Arbeit, die mit großer Geduld und Fachkenntnis ausgeführt werden muss, bringt dem Käse seinen typischen Charakter und seine besonderen Merkmale wie Aussehen, Geschmack, Aroma und Bekömmlichkeit.

Die acht Käsefamilien

Käseverfeinerer (Affineure) unterscheiden acht verschiedene "Käsefamilien":

1. Frischkäse: Erfrischend und mild zugleich – so schmeckt diese Käsesorte. Bekannte Vertreter sind Quark, Ricotta und Mozzarella.

2. Weichkäse mit Außenschimmel: Gute Sorten sind handgeschöpft und gewinnen so eine zarte und sahnige Konsistenz. Zum Beispiel: Camembert, Brie de Meaux und Formagella.

3. Käse mit gepresstem Teig: Die Konsistenz dieser Käse reicht von halbfest bis fest. Der Käser erreicht sie mithilfe mechanischen Pressens unmittelbar nach dem Formen. Berühmt führ ihren Geschmack sind vor allem Gouda, Appenzeller und Tête de Moine.

Ein Laib Gouda

Berühmtheit aus den Niederlanden: der Gouda

4. Käse mit nachgewärmtem und gepresstem Teig: Bis zu zwei Jahre reifen diese Stinker. In dieser Zeit entwickeln sie einen ausgeprägten Geschmack nach Kräutern oder Nüssen. Bekannte Sorten sind beispielsweise Parmigiano Reggiano, Greyerzer und Emmentaler.

5. Ziegenkäse: Für guten Ziegenkäse sollten die Tiere natürliches Futter bekommen. Der Erzeuger sollte die Milch unmittelbar verarbeiten, nachdem er die Ziegen gemolken hat. Dann entsteht ein milder, haselnussartiger Geschmack. Wichtige Mitglieder der Familie sind der Tomme de Chèvre aus Frankreich sowie der Ibores aus Spanien.

6. Käse aus Schafsmilch: Guter Schafskäse sollte rein und aromatisch schmecken. Er kommt vor allem aus den Ländern am Mittelmeer. Prominente Vertreter sind der Pecorino aus Italien, Manchego aus Spanien und der korsische Le Fiumorbo. Es gibt aber auch Sorten, die aus Deutschland kommen, etwa der Isartaler Schafskäse aus Oberbayern.

Mehrere Laibe Pecorino

Toskanischer Hartkäse aus Schafsmilch: Pecorino

7. Weichkäse mit gewaschener Rinde: Käse dieser Sorte wäscht der Käseverfeinerer, der Affineur, regelmäßig mit Salzwasser. Zudem gibt er Bier, Wein oder Cidre hinzu. Bekannt sind vor allem Munster, Vacherin und Reblochon.

8. Käse mit Innenschimmel: Hier entsteht der intensive Geschmack durch einen Edelschimmel, der mehrere Monate ausreifen muss. Zu dieser Sorte zählen unter anderem Roquefort, Gorgonzola und Stilton.

Aufgeschnittener Roquefort

Roquefort – der Geschmack entsteht durch blauen Edelschimmel

Rohmilchkäse – Gesundheitsgefahr oder Wohlgenuss?

Immer wieder tauchen Presseberichte auf, in denen auf die Gefahr einer Listerieninfektion durch Rohmilchkäse eingegangen wird. Listerien sind eine Bakterienart. Ist Rohmilchkäse aus handwerklicher Herstellung tatsächlich gefährlicher als Käse aus pasteurisierter Milch?

Die Frage lässt sich wohl nicht mit einem klaren Ja oder Nein beantworten: Einerseits muss man feststellen, dass die Gefahr eines Listerienbefalls bei Rohmilchkäse immer gegeben ist. Andererseits lässt sich dieses Risiko bei Einhaltung der hygienischen Rahmenbedingungen während der Käseherstellung weitgehend minimieren.

Daneben muss bemerkt werden, dass auch auf Käsen aus pasteurisierter Milch Listerienbefall auftreten kann. Tatsächlich haben Untersuchungen des renommierten Wissenschaftszentrums Weihenstephan der Technischen Universität München ergeben, dass bei 140 Proben insgesamt zweimal soviel Lysterien auf Käsen aus pasteurisierter Milch auftraten wie auf Rohmilchkäsen. Auch hier müssen also die strengen Hygienevorschriften beachtet werden.

Generell ist der Genuss von mit Listerien befallenen Käsen übrigens unbedenklich. Gefahren können aber bei Schwangeren und Immungeschädigten auftreten. Diese Risikogruppen sollten Käse meiden. Wenn sie aber gar nicht auf Käse verzichten wollen, dann bitte nur zu Hartkäsen greifen und unbedingt die Rinde abschneiden. Denn auf (Hart-)Käsen treten 90 Prozent der Listerien nur in der Rinde auf.

Vier verschiedene Sorten Käse

Schwangere sollten Rohmilchkäse lieber meiden

Quelle: SWR | Stand: 13.09.2019, 14:45 Uhr

Darstellung: