Schätzungsweise 50.000 Menschen starben bei den Hexenverfolgungen der frühen Neuzeit, davon waren etwa 80 Prozent Frauen. In Deutschland wurde 1775 die letzte Frau als "Hexe" verbrannt. Und 1978 ergab eine Umfrage, dass in den USA damals noch jeder Zehnte an Hexen glaubte.

Zehntausende Frauen wurden als angebliche Hexen verbrannt
In den 1970er-Jahren entstand in vielen Ländern Europas die feministische Frauenbewegung. Sie interessierte sich sehr für diese angeblichen Hexen. Denn die Feministinnen vermuteten: Die Frauen, die so heftig verfolgt, so grausam gefoltert und gnadenlos ermordet wurden, hatten etwas gekonnt oder getan, das die Männerwelt ängstigte oder neidisch machte.
Sie nahmen an, dass die angeblichen Hexen vor allem Anhängerinnen des alten Göttinnenglaubens, weise Frauen, Heilerinnen und Hebammen waren, die von der männlichen Medizin und Religion verteufelt wurden – im wahrsten Sinne des Wortes.
Sie hofften, dass diese Frauen vielleicht auch wirklich zaubern konnten und über ein machtvolles Wissen verfügten, das sie auf ihren Treffen in der Walpurgisnacht miteinander teilten, und das die Frauenbewegung wiederbeleben und nutzen wollte.
Und so riefen zum Beispiel die Teilnehmerinnen der ersten Frauen-Demonstration in Rom: "Tornate, tornate, le streghe son tornate!" – "Zittert, zittert, die Hexen sind zurückgekehrt!"

Auch in vielen Märchen ist die Hexe eine Hauptfigur
Und seit Mitte der 1970er-Jahre, als die Frauenbewegung sich erstmals mit dem Thema Gewalt gegen Frauen auseinandersetzte, fanden viele Jahre lang bunte und lautstarke Demonstrationen in der Walpurgisnacht statt, also der Nacht vom 30. April auf den 1. Mai.
Die Frauen verkleideten sich als Hexen, trommelten, bliesen Trillerpfeifen und hielten potenziellen Vergewaltigern entgegen: "Wir erobern uns die Nacht zurück!"
Inzwischen haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die Geschichte der Hexenverfolgung und die Sozialgeschichte der Frauen in früheren Jahrhunderten erforscht. Und so wissen wir heute, dass Frauen aus sehr unterschiedlichen Gründen als Hexen verfolgt wurden: Viele gerieten in Gefahr, weil sie nicht der damals herrschenden Norm entsprachen, weil sie unabhängig und selbständig lebten und mit ihrer Meinung nicht hinterm Berg hielten.
Die meisten Frauen allerdings, die wegen angeblicher Hexerei getötet wurden, waren von Nachbarn oder Familienangehörigen denunziert worden. Aus höchst privaten und oft habgierigen Gründen. Denn das Vermögen der Getöteten bekamen danach oft der örtliche Landesherr oder ein männlicher Verwandter.

Heute ist die Figur der Hexe oft positiv besetzt
(Erstveröffentlichung 2003. Letzte Aktualisierung 22.10.2019)
Quelle: WDR