Bild der Eisernen Krone von Monza: Goldener Stirnreif, reich verziert mit Saphiren und goldenen Ornamenten auf grünem Grund; im Inneren ist ein eiserner Ring zu sehen.

Adel

Kronen

Als goldene Symbole von Herrschaft und Macht sind Kronen seit gut 1000 Jahren Teil der europäischen Geschichte. Bereits in den antiken Hochkulturen trugen die Herrscher einen weithin sichtbaren Kopfschmuck.

Von Claudia Kracht

Kopfschmuck der Mächtigen

Im Mittelalter wurden Kronen als eine von Gott verliehene Gabe angesehen. Selbst religiöse Würdenträger wie die Päpste wollten nicht ohne Krone auskommen. Die sakrale Mystik und herrschaftliche Würde haben die Kronen heute zwar verloren. Aber noch immer sind sie in manchen Ländern Teil des höfischen Zeremoniells und üben einen Zauber auf den Betrachter aus.

In Kranz und Hut liegen die uralten, mythischen Wurzeln einer jeden Krone. Bereits vor Tausenden von Jahren schmückten sich die Herrscher in den großen Monarchien des Altertums mit ehrwürdigen Hüten oder Kränzen, etwa in Ägypten oder im Orient.

In den unterschiedlichsten Kulturen wurde das Zeichen der Herrschaft auf dem Kopf getragen – so etwa bei den Inka, Maya, Azteken oder auch im Orient: Der hohe, oft von einem Band oder Tuch umwundene Hut ist ein altes orientalisches Herrschaftszeichen.

In anderen Kulturen war der Kranz als Kopfschmuck verbreitet; er sollte seinen Träger beschützen und kräftigen, zum Beispiel bei den Sumerern und Etruskern.

In den griechischen Demokratien trugen Priester, Redner oder Olympia-Sieger den sogenannten Stephanos, einen Blattkranz, der bei Kulten, Festen, Tagungen oder Sport-Veranstaltungen auf die besondere Bedeutung oder Leistung des Trägers hinwies.

Einen ähnlichen Kranz bekamen in Erinnerung daran die Sieger bei den Olympischen Spielen 2004 in Athen. Im antiken Rom war der Lorbeerkranz ein hohes Ehrenzeichen und das Vorrecht des obersten Herrschers.

Er bestand aus einem zweiteiligen Blatt-Gewinde aus Edelmetall mit großen Blättern, die auf Purpur befestigt waren. Das lateinische Wort für Kranz ist "corona", und von "corona" stammt das Wort "Krone".

Gemälde: Der römische Kaiser Titus mit Lorbeerkranz

Der römische Kaiser Titus mit Lorbeerkranz

Goldener Prunk in Byzanz

Goldene Stirnreife – Diademe – mit funkelnden Edelsteinen besetzt: Diese weithin erkennbaren Herrschafts-Symbole trugen die byzantinischen Kaiser. Es handelte sich meist um einen Kronreif aus runden oder quadratischen, durch je zwei Perlen miteinander verbundenen Platten – die Vorläufer der abendländischen Plattenkronen im Mittelalter.

Über der Stirn symbolisierte ein großes rechteckiges Juwel mit halbkreisförmigem goldenen Aufsatz Reichtum, Macht und Würde des oströmischen Kaisers.

Als Kaiser Flavius Tiberius Constantinus zwischen 578 und 582 regierte, kam ein weiteres Element hinzu: ein golden leuchtendes Kreuz über dem Stirnjuwel – das Siegeszeichen schlechthin, denn nach christlichem Glauben hat Christus am Kreuz über den Tod gesiegt.

Mosaik: Der byzantische Kaiser Konstantin mit seiner Mutter Helena, beide haben Kronen auf ihrem Kopf

Der byzantische Kaiser Konstantin mit seiner Mutter Helena

Militärischer Kronen-Helm – Fixpunkt in der Schlacht

Noch bevor der Siegeszug des Christentums in Europa begann, hatten germanische Heerführer im Krieg metallene verzierte Spangenhelme getragen, um im verwirrenden Schlachtengetümmel für Reiter und Fußvolk weithin erkennbar zu sein.

Aber auch im alltäglichen Leben musste ein Anführer seine Würde und Macht deutlich zeigen, allein schon, weil die meisten Menschen weder lesen noch schreiben konnten und daher auf Symbole angewiesen waren.

Nicht zuletzt durch diese Symbolkraft erlangten Kronen in allen großen europäischen Monarchien des Mittelalters überragende Bedeutung.

Gemälde: Krönung Karls des Großen

Krönung Karls des Großen: Die Krone hatte eine hohe symbolische Bedeutung

Die Tiara – Krone für Päpste

Nicht nur Kaiser und Könige demonstrierten ihre Macht mit Kronen, sondern auch Päpste. Die Papstkrone (Tiara) hat ihren Ursprung in den hohen Kopfbedeckungen altpersischer und assyrischer Könige. Die frühen päpstlichen Tiaren erinnerten noch an eine Bischofsmütze (Mitra): So trug Papst Konstantin I. (708-715) eine zwar hohe, aber einfache, aus weißem Stoff hergestellte Spitzenmütze ohne Verzierung.

Später entwickelte sich die Tiara zu einer dreifachen Krone: etwa 30 Zentimeter hoch, mit herabhängenden Bändern und drei Kronreifen, die je nach Interpretation die göttliche Dreifaltigkeit oder die päpstlichen Hauptaufgaben symbolisierten (Priester-, Hirten-, Lehrgewalt).

Erst 1964 hatte die Tiara als päpstliches Machtsymbol ausgedient: Papst Paul VI. verschenkte seine Tiara zugunsten armer Menschen.

Die Papstkrone auf einem kleinen Altar

Die Tiara des Papstes

Die Reichskrone – Königin aller Kronen

Die bedeutendste und vornehmste europäische Krone ist die mittelalterliche Reichskrone. Keine andere Krone entfaltete eine so große Wirkung und Symbolkraft. Aus purem Gold, mit vielfarbigen Edelsteinen verziert, wird sie heute gemeinsam mit den Reichs-Insignien (Reichsapfel, Zepter, Schwert) schwer bewacht in der Schatzkammer der Wiener Hofburg aufbewahrt.

Ihr materieller, ideeller und historischer Wert ist unschätzbar, ihre Entstehung geheimnisumwittert. Rund 800 Jahre lang war sie ein leuchtendes Symbol, ein Inbegriff des Reiches, das sich um 1000 aus dem Ostfrankenreich herausbildete und später bis 1806 "Heiliges Römisches Reich deutscher Nation" genannt wurde.

Dieses Reich umfasste damals große Teile des heutigen Deutschlands, die Niederlande, Belgien, Teile Ostfrankreichs, Burgund, die Schweiz, Österreich sowie fast ganz Italien.

Der Machtbereich des ostfränkischen, später deutschen Königs erstreckte sich also von der heutigen deutsch-dänischen Grenze im Norden bis nach Sizilien im Süden, von Straßburg im Westen bis nach Magdeburg im Osten.

Die Reichskrone war bei den deutschen Königskrönungen in Aachen unentbehrlich, weil in der Vorstellungswelt des Mittelalters erst sie ihren Träger zum Herrscher machte. Krone und Reich bildeten eine untrennbare Einheit. Alle ostfränkischen, dann deutschen Könige und Kaiser trugen die Reichskrone.

Replik der Reichskrone

Eine Replik der Reichskrone

Neben der politischen hatte die Reichskrone auch religiöse Bedeutung: In ihr zeigt sich die Vorstellung von Christus als König der Könige. Die acht Platten, im Achteck angeordnet, galten im Mittelalter als Sinnbild der Vollkommenheit. Die Zahlensymbolik, Steinsetzung und Farbskala sollten vermutlich ein Abbild des himmlischen Jerusalem darstellen.

Hochbügel und Stirnkreuz wurden ihr wohl erst unter Kaiser Konrad II. (1024-1039) aufgesetzt. Von da an war die Bügelkrone der vornehmste Schmuck der römisch-deutschen Kaiser, die sich in Fragen höfischer Etikette ständig an den uralten byzantinischen Traditionen orientierten.

Wegen ihrer großen politischen Bedeutung war die Reichskrone über die Jahrhunderte hinweg ein begehrtes Objekt für Erpressung, Raub, Betrug und Geschäftemacherei. Machthaber und Gegenkönige versuchten in den Besitz dieses überragenden Herrschafts-Symbols zu gelangen.

So musste die Reichskrone oft an wechselnden Orten in Sicherheit gebracht werden, bis sie schließlich in Wien eine sichere Heimstatt fand.

Sie verlor erst mit dem Ende des Heiligen Römischen Reichs ihre Funktion: 1806 forderte Napoleon Kaiser Franz II. auf, die Reichskrone niederzulegen. Dieser gehorchte und erklärte gleichzeitig das Heilige Römische Reich für aufgelöst, damit kein anderer Fürst Anspruch auf die Reichskrone erheben konnte.

Holzschnitt von Leopold II., der die Reischskrone trägt

Leopold II. trägt die Reichskrone

Kein Platz für Kronen im Zeitalter der Demokratie

Bereits im 19. Jahrhundert galten Kronen oft als veralteter, lästiger, allenfalls von der Etikette geforderter Schmuck. Die damals neu entstandenen oder wieder errichteten Königreiche wie Italien, Spanien, Belgien, Niederlande oder Griechenland verzichteten auch auf eine richtige Königskrone aus Gold und Edelsteinen. Sie begnügten sich mit der symbolischen Krone in ihren Wappen.

Im 20. Jahrhundert, dem Jahrhundert der Demokratien, verloren die Kronen stark an Bedeutung. Die alten Krönungsstätten des Kontinents sind heute allenfalls Schauplatz von Gottesdiensten und Attraktion für Touristen: die Kathedrale in Reims, das Marienmünster in Aachen, der Frankfurter Kaiserdom, die Basilika San Ambrogio in Mailand wie auch der Veitsdom in Prag.

Auf diesem Gemälde sieht man Napoleon. Hier krönt er seine Gemahlin Josephine Beauharnais.

Krönung Napoleons 1804 in Paris

(Erstveröffentlichung: 2004. Letzte Aktualisierung: 15.07.2019)

Quelle: WDR

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