Fasten

Planet Wissen 04.12.2023 03:55 Min. Verfügbar bis 04.12.2028 SWR

Essen

Fasten

Aufs Essen verzichten und dabei ungeahnte Kräfte und berauschende Glücksgefühle erleben – damit werben Fasten-Fans. Aber Vorsicht: Wer zu stark fastet, spielt mit seiner Gesundheit, warnen Ernährungswissenschaftler und Ärzte.

Von Franziska Badenschier

Fasten ist in

"Wer stark, gesund und jung bleiben will, sei mäßig, übe den Körper, atme reine Luft und heile sein Weh eher durch Fasten als durch Medikamente." Dieses Zitat wird dem griechischen Arzt Hippokrates zugeschrieben. Der Mitbegründer der abendländischen Medizin (460-375 vor Christus) sah Fasten als Heilmethode an.

Heute, fast zweieinhalb Jahrtausende später, ist das Heilfasten beliebt. Frauenzeitschriften rufen jährlich zum "Frühjahrsputz für den Körper" auf. Fasten-Kliniken laden das ganze Jahr über ein. Und in Buchläden sind die Regale voller Ratgeber zum Thema.

Fasten ist nicht gleich Fasten

Früher war Fasten eng mit religiösem Glauben verbunden. Es war vor allem eine Form der Askese. Das Fasten sollte zum Beispiel helfen,

  • den Körper zu reinigen,
  • Willenskräfte zu sammeln,
  • Buße zu tun,
  • eine Ekstase zu erlangen und direkten Kontakt zu Gott herzustellen.

Heute versteht man unter Fasten eher die Fastenkur: Hierbei soll man auf Nahrung verzichten, um den Körper zu heilen und der Gesundheit etwas Gutes zu tun. Eine extreme Form ist das Vollfasten: Das ist eine Nulldiät – es werden nur noch Wasser und Tee getrunken.

Weniger streng ist das sogenannte Heilfasten nach Buchinger: Bei dieser populären Fasten-Methode sind neben Mineralwasser und Tee auch Gemüsebrühe und etwas Fruchtsaft erlaubt.

Hilft Nahrungsverzicht bei Krankheiten?

Beim Fasten stellt der Körper seinen Stoffwechsel um: Fettreserven werden verbrannt, im Blut gibt es weniger Cholesterin und Zucker. Einzelne Studien haben gezeigt, dass die Entzündungen bei Rheuma und Neurodermitis während des Fastens weniger schmerzhaft sind als sonst. Und bei Arthrose sind die Gelenkschmerzen weniger schlimm.

Das klingt erst einmal gut. Allerdings: Es gibt unzählige Studien zum Thema Fasten, aber nur sehr wenige davon sind wissenschaftlich so gut, dass sie auch etwas über die Folgen des Fastens für die Gesundheit verraten. Und was sagen die medizinischen Leitlinien zum Fasten?

Leitlinien werden von medizinischen Fachgesellschaften formuliert und dienen Ärzten als Entscheidungshilfen, damit diese ihre Patienten sicher und sinnvoll behandeln können. Die Empfehlungen basieren auf aktuellen wissenschaftlichen Studienergebnissen und auf Verfahren, die sich in der Praxis bewährt haben. Die Leitlinien werden alle paar Jahre aktualisiert.

Fasten als Therapie bei einer bestimmten Krankheit – das empfiehlt keine einzige medizinische Leitlinie. So erläutert beispielsweise die 2011 aktualisierte Leitlinie zur Behandlung des Reizdarmsyndroms, dass die vorliegenden Daten zwar darauf hindeuteten, dass Heilfasten Symptome wie Depressionen und Ängstlichkeit verbessert habe.

Es fehlten aber nach wie vor Studien, die qualitativ hochwertig seien. "Deshalb sollte Heilfasten nur in ausgewählten Fällen und ausschließlich unter streng kontrollierten Bedingungen erwogen werden", heißt es abschließend.

Kann Fasten heilen?

Planet Wissen 26.02.2020 01:15 Min. Verfügbar bis 26.02.2025 WDR

Ist es sinnvoll zu fasten, wenn man abnehmen möchte?

Immer wieder wird Fasten auch als Wundertherapie gegen Übergewicht propagiert. Die Deutsche Adipositas-Gesellschaft (DAG) sieht das kritisch: "Fasten als Mittel zur Gewichtsreduktion lehnen wir grundsätzlich ab", sagt der DAG-Präsident Hans Hauner, der an der Technischen Universität München den Lehrstuhl Ernährungsmedizin innehat.

Herzrhythmusstörungen, Vitamin- und Mineralstoffmangel und andere Probleme können auftreten. "Gerade für ältere Menschen kann Fasten dann riskant sein." Zumal nicht garantiert sei, dass diese Selbstkasteiung länger anhaltende Erfolge bringe.

Auch der Ernährungswissenschaftler Nicolai Worm findet Fasten als Abnehm-Methode "unsinnig": Beim Fasten schalte der Körper auf ein Notprogramm und fahre seinen Energie-Grundumsatz herunter. Nach dem Fasten fülle der Körper die Speicher erst recht wieder auf – das ist der Jojo-Effekt. "Reines Fasten führt außerdem dazu, dass Muskelmasse abgebaut wird – dabei will man nicht seine Kraftpakete verlieren, sondern Speck."

Damit das nicht geschieht, empfiehlt Nicolai Worm Übergewichtigen das sogenannte eiweißmodifizierte Fasten: "Dabei darf man bis zu 500 Kilokalorien pro Tag mit Eiweißshakes zu sich nehmen. Diese liefern dann alle wichtigen Aminosäuren und Fettsäuren, die der Körper braucht, aber nicht selbst herstellen kann."

Nicolai Worm propagiert diese Fastenmethode regelrecht messianisch. Das kommt in Fachkreisen nicht immer gut an. Dabei wird einmal mehr deutlich: Es ist schwer zu sagen, welche Methode die beste ist, um zu fasten oder um abzunehmen.

Magere Frau sieht sich im Spiegel als zu dick an.

Abnehmen mit Fasten?

Vor jeder Fastenkur mit einem Arzt sprechen

Für Hans Hauner von der Adipositas-Gesellschaft ist das eiweißmodifizierte Fasten nur "zweite Wahl". "Erste Wahl sollte eine Ernährungsumstellung sein, bei der man genauso viel isst wie vorher, aber ausgewogener und mit weniger Kalorien", sagt der Ernährungsmediziner.

Man müsse nicht einmal teure Light-Produkte kaufen. "Es reicht schon, statt Salami lieber Schinken oder Bierwurst zu essen; die haben genauso viel Geschmack, aber eben weniger Fett und Kalorien." Übergewichtige Menschen könnten so in drei bis sechs Monaten fünf bis zehn Kilogramm Gewicht verlieren, sagt Hauner.

"Wer aber unbedingt fasten möchte, kann das selbstverständlich tun – allerdings nur, wenn vorher ein Arzt sein Okay gegeben und eine vertrauenswürdige Fasten-Einrichtung empfohlen hat." Dieser Rat gelte nicht nur für Übergewichtige, sagt Hauner, sondern für alle, die fasten möchten.

Eine Frau im Beratungsgespräch mit ihrem Arzt.

Im Zweifelsfall sollte man mit seinem Arzt sprechen

Verzicht auf Fernsehen – auch so kann man fasten

Wer nicht so radikal fasten möchte und trotzdem seinem Körper etwas Gutes tun will, dem kann es mitunter reichen, für eine bestimmte Zeit auf bestimmte Lebensmittel zu verzichten, etwa auf Süßigkeiten, Alkohol oder Zigaretten.

Auch muss Fasten heutzutage nicht mehr nur Verzicht auf Nahrung bedeuten: Manch einer fastet, indem er für eine Weile sein Auto stehen lässt oder aufs Fernsehen verzichtet.

Die evangelische Kirche hat vor Jahren die Aktion "Sieben Wochen ohne …" ins Leben gerufen. Die Zeit zwischen Aschermittwoch und Ostern soll jeder bewusst erleben und gestalten. Verzichtet werden soll dann beispielsweise auf Stress, Ausreden, Scheu oder emotionale Enge zu verzichten. Diese außergewöhnliche Fasten-Methode hat viele Fans: Rund zwei Millionen Menschen fasten jedes Jahr mit.

Verschwommenes Bild mit zwei Händen, die Weinflaschen, verschiedene Schokoriegel und Zigaretten von sich schieben.

Auch eine Form des Fastens: auf Süßes, Alkohol und Nikotin verzichten

(Erstveröffentlichung 2012. Letzte Aktualisierung 09.01.2021)

Quelle: WDR

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