Ronald Reagan während einer Rede am Mikrophon, im Hintergrund die Amerikanische Flagge.

Alzheimer

Ein offener Brief von Ronald Reagan

Am 5. November 1994 wandte sich Ronald Reagan zum letzten Mal an die Öffentlichkeit. Der ehemalige Präsident der Vereinigten Staaten war zu diesem Zeitpunkt 83 Jahre alt. Reagan sprach nicht im Fernsehen, sondern schrieb einen Brief, der hier leicht gekürzt und ins Deutsche übersetzt wiedergegeben ist.

Von Julia Ucsnay und Franziska Badenschier

"Liebe Landsleute,

vor kurzem habe ich erfahren, dass ich, wie Millionen anderer Amerikaner, an der Alzheimer-Krankheit leide. Nancy und ich mussten uns entscheiden, ob wir als Privatleute das als private Angelegenheit betrachten oder ob wir diese Nachricht in der Öffentlichkeit bekannt machen sollten.

In der Vergangenheit litt Nancy an Brustkrebs und ich hatte Krebs-Operationen. Durch unsere öffentliche Bekanntgabe konnten wir in der Bevölkerung ein Bewusstsein bilden. Wir waren glücklich, dass daraufhin mehr Menschen zu Früherkennungstests gingen. Sie konnten in einem Frühstadium behandelt werden und zu einem normalen, gesunden Leben zurückkehren.

Deswegen finden wir es wichtig, es [die Nachricht der Erkrankung, Anm. d. Red.] zu teilen. Indem wir unsere Herzen öffnen, hoffen wir, dass die Alzheimer-Krankheit bekannter wird. Vielleicht hilft das, dass das Verständnis für die Betroffenen und ihre Familien wächst.

Im Moment fühle ich mich sehr gut. Ich beabsichtige, in den Jahren, die mir Gott auf dieser Erde noch schenkt, das zu tun, was ich bisher getan habe. Ich werde weiterhin mit meiner geliebten Nancy und meiner Familie zusammenleben, viel Zeit in der freien Natur verbringen und mit meinen Freunden und Anhängern in Kontakt zu bleiben.

Leider hat die Familie eine schwere Bürde zu tragen, wenn die Alzheimer-Krankheit fortschreitet. Ich wünsche mir, ich könnte Nancy diese schmerzliche Erfahrung ersparen. Ich glaube daran, dass – wenn diese Zeit kommt – sie mit Ihrer Unterstützung ihrem Schicksal voller Mut und Vertrauen begegnen wird. (…)

Ich beginne nun die Reise, die mich zum Sonnenuntergang meines Lebens führt, in der Gewissheit, dass über Amerika immer wieder ein strahlender Morgen heraufdämmern wird."

Der öffentliche Brief von Ronald Reagan rückte die Alzheimer-Krankheit ins Bewusstsein der Allgemeinheit wie bis dahin nichts anderes. Die Medien verbreiteten seine Worte in der ganzen Welt. Viele Fernsehsender und Zeitungen nutzten den Anlass, um über die Krankheit zu informieren.

Anschließend gab es immer wieder Spekulationen über die Gesundheit des einstmals mächtigsten Mannes der Welt. Michael Reagan umschrieb den Zustand seines Vaters im März 1997 für das "Time"-Magazin: "Er befindet sich auf einer gewissen Stufe, bleibt da eine Weile stehen und steigt dann auf die nächstliegende Stufe hinunter."

Fast zehn Jahre, nachdem Ronald Reagan den öffentlichen Brief geschrieben hatte, starb er: im Juni 2004, im Alter von 93 Jahren, vermutlich an den Folgen einer Lungenentzündung.

(Erstveröffentlichung 2003. Letzte Aktualisierung 24.06.2019)

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Quelle: WDR

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