Leukämie

Wie man Stammzellenspender wird

Eine Stammzellen-Transplantation ist oft die einzige Überlebenschance für einen Leukämiekranken. Dafür müssen die Gewebemerkmale von Spender und Empfänger exakt übereinstimmen, nur ein "genetischer Zwilling" kommt in Frage.

Von Vladimir Rydl

Der erste Schritt – die Typisierung

Mit viel Glück weisen Geschwister die passenden Merkmale auf. Wenn nicht, wird nach einem Freiwilligen gesucht, mitunter weltweit. Obwohl bereits Millionen von möglichen Spendern registriert sind, verläuft die Suche immer noch oft erfolglos. Neue Spender werden daher dringend gesucht, um möglichst viele Leben retten zu können.

Benötigt ein Patient einen Spender, erkundigen sich seine Ärzte beim "Zentralen Knochenmarkspender-Register" in Ulm, in dem die grundlegenden Informationen über alle möglichen Spender zusammengefasst sind. Dieses zentrale Register nimmt aber selbst keine Spender auf.

In Deutschland gibt es hierfür rund 30 verschiedene Spenderkarteien, in denen man sich registrieren lassen kann. Ihre Aufgabe ist es, neue Spender zu finden und deren Daten über Jahre hinweg aktuell zu halten.

Man wendet sich direkt an eine dieser Organisationen oder meldet sich bei Aktionen, die immer dann stattfinden, wenn für einen besonders heiklen Fall kein Spender gefunden werden kann.

Die DKMS, die Deutsche Knochenmarkspenderdatei, ist die größte bundesweit tätige Organisation. Sie verwaltet rund fünf Millionen Spender. Wer sich zum Beispiel dort registrieren lassen möchte, muss zwischen 18 und 55 Jahre alt sein und sollte an keiner schwerwiegenden Krankheit leiden.

Mit dem Antragsformular, das man aus dem Internet herunterladen kann, geht man zum Hausarzt, der dann fünf bis zehn Milliliter Blut entnimmt und dieses an die DKMS weiterleitet. Dieses Blut wird auf die wichtigsten Gewebemerkmale untersucht, die in der Datei gespeichert werden. Diese Untersuchung nennt man "Typisierung".

Die Kosten für eine Typisierung sind mit rund 50 Euro relativ hoch und werden von den Krankenkassen nur getragen, wenn sie in direktem Zusammenhang mit einer Behandlung stehen.

Die Spenderdateien sind daher gezwungen, die Typisierungen für die Kartei aus Spendengeldern zu finanzieren. Es ist deswegen nicht verwunderlich und keineswegs unlauter, wenn man bei einer Typisierung auch um eine Spende gebeten wird.

Phase 1 – der Gesundheits-Check

Die Stammzellenspende wird einem lebenden Spender entnommen. Dieser darf durch seine Spende nicht gesundheitlich beeinträchtigt werden. Daher sind eine ganze Reihe von Sicherheitsvorkehrungen vorgesehen. Aber auch die Risiken des Empfängers gilt es zu reduzieren.

Wenn man aufgrund übereinstimmender Gewebemerkmale als möglicher Spender feststeht, folgt ein umfangreicher Gesundheits-Check. Dieser soll den Empfänger vor Krankheitskeimen schützen und den Spender vor möglichen Nebenwirkungen der Spende. Je nach Klinik dauert diese Untersuchung ein bis zwei Tage und wird ambulant durchgeführt.

Zu den Untersuchungen gehören ein Belastungs-Elektrokardiogramm (EKG), ein Lungenfunktionstest sowie Röntgen- und Ultraschalluntersuchungen. Zudem wird das Blut auf die unterschiedlichsten bakteriologischen, virologischen und genetischen Aspekte hin untersucht.

Nach dieser Untersuchung, die wohl alles übertrifft, was man jemals routinemäßig durchführen lassen würde, ist der Spender umfassend über seinen aktuellen Gesundheitszustand informiert. Die Kosten für diese Untersuchungen zahlt die Krankenkasse des Spendenempfängers.

Mann auf Ergometer beim Belastungs-EKG.

Eine von vielen Etappen des umfangreichen Checks: Belastungs-EKG

Phase 2 – die Vorbereitung

In der letzten Phase vor einer Spende, die zeitlich abgestimmt mit der Behandlung des Leukämiekranken erfolgt, sollte sich der Spender keinen Risiken aussetzen, die zu einer schweren Krankheit oder Verletzung führen könnten. Denn für den Empfänger der Spende, dessen blutbildendes System in dieser Phase gezielt ausgeschaltet wird, gibt es ab einem gewissen Punkt keinen Weg mehr zurück.

Bei der häufigsten Form der Spende, der "peripheren Stammzellentnahme", erhält der Spender über fünf Tage ein Wachstumshormon gespritzt, das die Vermehrung seiner Stammzellen stimuliert und sie aus dem Knochenmark ins Blut ausschwemmt.

Diese Substanz wird, ähnlich dem Insulin, unter die Bauchhaut gespritzt. Dies kann beim Hausarzt geschehen. Wenn man sich den Weg sparen möchte, macht man es einfach selbst.

Normalerweise wird dieses Hormon gut vertragen. Bei einigen wenigen Spendern führt es aber zu grippeähnlichen Gliederschmerzen, die sich gut mit Paracetamol-Tabletten kontrollieren lassen.

Bei der zweiten Methode, bei der die Stammzellen direkt aus dem Beckenknochen entnommen werden, entfällt diese Vorbehandlung.

Arzt in Schutzkleidung mit Blutprobe.

Das Blut des Spenders wird intensiv untersucht

Phase 3 – die eigentlich Spende

Bei der peripheren Stammzellenspende erfolgt die Spende wenig spektakulär. Am Tag der Spende legt man sich auf eine bequeme Liege. Das Blut wird von einem Arm zum anderen durch ein Gerät geleitet, in dem die Stammzellen durch eine Zentrifuge abgetrennt werden.

Nach drei bis fünf Stunden sind ausreichend viele Stammzellen gesammelt. Manchmal wird an einem Folgetag noch eine zweite Spende entnommen. Die gespendeten Stammzellen werden nochmals gründlich untersucht und dem Patienten möglichst frisch injiziert.

Bei der Knochenmarkspende werden die Zellen dagegen unter Vollnarkose aus dem Innern des Beckenknochens entnommen. Dazu wird mit einer stabilen Nadel die äußere Knochenschicht durchstoßen und die im Mark des Knochens befindlichen Stammzellen abgesaugt.

Um den dabei entstehenden Blutverlust auszugleichen, wird dem Spender zwei Wochen vorher meist etwas Eigenblut entnommen, das bei der Spende wieder zurückgegeben werden kann.

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Quelle: WDR | Stand: 04.11.2019, 09:27 Uhr

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