Mehrere kreisrunde Schimmelbeläge.

Lebensmittel

Schimmelpilze

Ein Griff in den Obstkorb und: Igitt, Schimmel. Er verdirbt Lebensmittel und besiedelt unsere Wände. Schimmel kann krank machen, sogar töten. Doch Schimmelpilze haben auch eine faszinierende, gute Seite.

Von Birgit Amrehn

Vom Winde verweht

Was wir als typischen farbigen Schimmelrasen sehen, sind die Sporenträger. Unter dem Mikroskop ähneln sie oft einer Blume, mit Stiel und Blüte. Schimmelsporen sind überall, sogar in unserem Kühlschrank. Mikroskopisch klein, reicht ein leichter Windzug, um sie zu verbreiten.

So sinken die Sporen auch auf unsere Lebensmittel. Ein optimaler Ort: genügend Nährstoffe und Feuchtigkeit zum Wachsen. Die Sporen keimen aus. Für uns unsichtbar, durchziehen nun feine Fäden (Hyphen) die Nahrung. Das sind keine Wurzeln, sondern das ist der eigentliche Pilz.

Mit der Zeit bildet sich so eine netzartige Struktur dieser Fäden aus, die Myzel genannt wird. Trifft das Myzel an die Grenze zur Luft, ist es als weiß-gelblicher Belag zum ersten Mal mit dem bloßen Auge zu erkennen.

Mikroskopaufnahme der Schimmelpilzfäden.

Die Myzel sind zunächst unsichtbar

Vorsicht Gift

Verschimmelte Lebensmittel sehen nicht nur eklig aus. Da die Pilze Gifte (Mykotoxine) ausscheiden, können sie auch krank machen und sogar töten. Wie gefährlich diese Gifte für Mensch und Tier sind, entdeckte die Wissenschaft erst 1960.

Nachdem in England etwa 120.000 Truthähne, Enten und Wachteln auf mysteriöse Weise starben, suchte man fieberhaft nach der Ursache. Alle betroffenen Geflügelfarmen hatten das gleiche Futtermittel verwendet. Proben ergaben eine starke Belastung mit Schimmelpilzen.

In der Folge fanden die Forscher ein gefährliches Gift in dem Futtermittel, das von den Pilzen stammte. Inzwischen ist bekannt, dass mehr als 250 Schimmelpilzarten etwa 300 Mykotoxine produzieren können. Eine Gefahr für unsere Gesundheit: Sie erzeugen Krebs, schädigen Organe und sogar unser Erbgut.

Auf orangem Untergrund erheben sich Fäden, auf dessen Spitzen schwarze Kügelchen sitzen.

Die Sporenköpfe geben dem Schimmel seine Färbung

Ein schwieriger Gegner

Pilzgifte sind äußerst widerstandsfähig, auch gegen Hitze und Kälte. Um Lebensmittel vor ihnen zu schützen, muss deshalb bereits der Befall mit Schimmelpilzen verhindert werden.

Die Industrie hat dazu verschiedene Methoden entwickelt. Die bekanntesten sind Kühlung und Pasteurisierung, eine spezielle Hitzebehandlung. Optimal wachsen die meisten Pilze nur zwischen null und 40 Grad Celsius.

Ein weiteres erfolgreiches Konzept ist es, dem Schimmel das lebensnotwendige Wasser zu entziehen. Konzentrate wie Tomatenmark sind deshalb besser haltbar.

Die Forschung ist ständig auf der Suche nach neuen Methoden im Kampf gegen den Schimmel. An der Technischen Hochschule Berlin haben Wissenschaftler eine Substanz gegen einige Pilze entdeckt. Verblüffend, dass die gefundene Substanz selbst von einem Schimmelpilz stammt. In der Natur hält er damit Nahrungskonkurrenten fern.

Am Max Rubner-Institut in Karlsruhe verfolgt man einen anderen Ansatz. Die Wissenschaftler fanden dort heraus, dass blaues Licht das Wachstum einiger Schimmelpilzarten hemmt. Blaulicht in unseren Kühlschränken? Das wird erst die Zukunft zeigen, denn noch wird eifrig weiter geforscht.

Grauschimmel an Erdbeeren

Saftiges Obst schimmelt schnell

Alles weg?

Schimmelpilze können alle Nahrungsmittel befallen. Doch was macht man zum Beispiel mit dem Schimmel auf dem Brot? Großzügig wegschneiden oder komplett wegwerfen?

Die Mikrobiologen sind sich einig: Verschimmelte Lebensmittel gehören in den Müll. Denn der sichtbare Schimmelrasen ist nur die Spitze des Eisberges. Das Myzel des Pilzes hat bereits das gesamte Lebensmittel durchdrungen.

Trotzdem hält sich hartnäckig der Irrglaube, dass man von Marmelade bloß den Schimmelbelag entfernen muss. Richtig ist, dass Zucker den meisten Pilzen Wasser entzieht und so ihr Wachstum hemmt oder verhindert. Es gibt aber auch Arten, die sich davon nicht zurückdrängen lassen. Deshalb: auch die gesamte Marmelade in den Müll.

Verdorbene Lebensmittel

Besser ab in den Müll!

Leckerer Schimmel

Nicht immer ist Schimmel auf Käse und Wurst unerwünscht. Er kann vielmehr eine Delikatesse sein, denn erst Schimmel verleiht einigen Produkten ihren würzigen Geschmack. Bekannte Beispiele sind Camembert, Brie und Roquefortkäse.

Auch der puderige Belag auf Salami und anderen Fleischsorten ist Schimmel. Die verwendeten Pilzkulturen bilden keine Gifte. Sie verhindern sogar ungewünschtes Verschimmeln, indem sie sich gegen andere Pilzarten durchsetzen.

Drei Camenbert-Tortenstücke.

Dieser Schimmel ist erwünscht

(Erstveröffentlichung 2012. Letzte Veröffentlichung 06.01.2020)

Quelle: WDR

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