Kinder mit einem Förster im Wald

Erziehung

Waldpädagogik

Kindern und Jugendlichen die Sehnsucht nach der Natur näherzubringen – das ist der Ansatz der Waldpädagogik. Nach dem Motto: Der Wald ist ein weiser Lehrer.

Von Julia Lohrmann

Waldschulen

Die Eule deutet auf die Tafel. "Wie heißt dieser Pilz?", fragt sie den Igel. Aber der hat mit dem kleinen Fuchs geschwätzt und nicht aufgepasst. So geht es in einer Waldschule zu – zumindest in Kinderbüchern.

Auch Menschen können im Wald lernen. Förster übernehmen die Rolle der lehrenden Eule. Sie versuchen den Stadtmenschen die Schönheit und Rätsel des Waldes näherzubringen. Besonders bei Kindern und Jugendlichen soll die Sehnsucht nach der Natur wiederbelebt werden. Der Wald ist ein weiser Lehrer – das ist der Ansatz der Waldpädagogik.

In Zeiten, in denen Stadtkinder angeblich Kühe lila malten und der Wald nur noch widerwillig für langweilige Sonntagsspaziergänge mit den Eltern betreten wurde, ergriffen die Förster Mitte der 1980er-Jahre die Initiative: Sie entwickelten das Konzept der Waldschule.

In fast allen Bundesländern werden diese Waldschulen angeboten, zum Beispiel bei der Biologischen Station Waldschule Solingen in Nordrhein-Westfalen.

Für einen Tag können die Schulen des Landes den Unterricht in den Wald verlegen. Unter Anleitung kundiger Forstleute beobachten die Schüler die Tiere des Waldes, sammeln und untersuchen Pflanzen, analysieren Bäume und studieren vielfältige Lebensformen.

Die Jugendlichen werden ganz nebenbei für den verantwortungsvollen Umgang mit der Natur sensibilisiert. Sie lernen je nach Altersgruppe die ökologischen und ökonomischen Zusammenhänge sowie die Stoff- und Energiekreisläufe des Waldes kennen. Sie erfahren die Aufgabe und die Wirkung des Lebensraumes Wald. "Einmal erleben ist besser als hundert Mal hören", ist das Motto der Waldschulen.

Zwei Kinder auf der Suche nach Pilzen im Wald halten ihre vollen Körbe in die Kamera

Kann man die essen?

Jugendwaldheim und Walderlebnistag

Jugendwaldheime gibt es seit 1948 – initiiert durch die Schutzgemeinschaft Deutscher Wald. Zunächst sollten die Schüler in der Nachkriegszeit beim Aufforsten des durch den Krieg zerstörten Waldes helfen. Inzwischen steht in den Heimen die Umweltbildung im Vordergrund. Schulklassen können für eine Woche bei der Waldpflege helfen, den Lebensraum Wald kennenlernen und vieles über die Forstwirtschaft erfahren.

Für die Jugendlichen sind die Waldlandheime ein Ort der Begegnung mit der Natur. Kinder aller Schulformen nutzen diese Möglichkeit des außerschulischen Lernens. Allein in Niedersachsen nehmen jedes Jahr rund 6000 Schülerinnen und Schülern teil. Das Bundesland reagiert darauf und erweitert das Angebot um neue Ausbildungsplätze in dem Bereich.

Auch Familien können mehr als nur spazieren gehen im Wald. Viele Forstämter organisieren an Wochenenden Walderlebnistage. Alle Generationen – vom Enkel bis zu den Großeltern – sollen gemeinsam unter fachlicher Anleitung die Natur erleben. In einem bunten Programm wird der Wald als einmaliger Lebensraum voller Vitalität und Vielfalt erlebt. Gleichzeitig ist der Waldtag ein großes Familienfest.

Waldkindergärten

Die Waldkindergärten sind eine der jüngsten Initiativen der Waldpädagogen. 1993 entstand der erste anerkannte deutsche Waldkindergarten in Flensburg, angeregt durch ein Vorbild aus Dänemark. Da sich die Medien für die neuen Einrichtungen interessierten, wurde die Idee schnell verbreitet.

Kinder des Natur- und Waldkindergarten Erfurt frühstücken mit zwei Erzieherinnen im Stadtwald

Von und in der Natur lernen

Prinzipiell sind Waldkindergärten ganz normale Kindergärten, in denen die Kinder alles tun, was sie auch in einem Stadtkindergarten tun würden: Spielen, Lernen, Basteln und Singen.

Doch im Waldkindergarten verbringen die Kinder ihre Zeit im Freien – auch bei Regen, Wind und Schnee. Nur bei sehr schlechtem Wetter geht es in einen Schutzraum.

Moos, Steine, Stöcke, Wurzeln und Blätter sind das Spielzeug. Höhlen, Mulden, umgefallene Baumstämme und Gestrüpp bieten den Raum für viele Abenteuer. Die Kinder werden von Erzieherinnen betreut. Die beste Lehrerin jedoch ist die Natur selbst.

Durch den weiten Raum, die Stille und die Zeit lernen die Kinder Gelassenheit und Konzentration. Sie üben die Rücksicht auf die Natur und werden mit Pflanzen, Tieren, Erde und Wasser vertraut. Der Wald bietet viele faszinierende Rätsel und ständig neue Situationen, die Fantasie und Kreativität beflügeln. Laut der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald gibt es inzwischen mehr als 700 Waldkindergärten in Deutschland.

(Erstveröffentlichung: 2011. Letzte Aktualisierung: 19.08.2020)

Quelle: WDR

Darstellung: