Placebos können Schmerzen lindern

Planet Wissen 20.04.2023 04:09 Min. Verfügbar bis 09.07.2025 SWR

Alternativmedizin

Der Placebo-Effekt

Scheinmedikamente wie Zuckerpillen und Kochsalzlösungen helfen Patienten, obwohl sie keinen Wirkstoff enthalten. Placebo-Effekt heißt dieses Phänomen. Wie Placebos genau funktionieren, wird noch erforscht.

Von Christiane Tovar

Studien zeigen, dass Placebos wirken

Tabletten, Spritzen oder sogar Operationen – Placebos gibt es in vielen Varianten. Dass sie wirken, zeigen zahlreiche Erfahrungsberichte und Studien. So wurden unter anderem bei der Therapie von Parkinson Scheinmedikamente eingesetzt.

Mit Erfolg: Das Zittern, das für die Parkinson-Krankheit typisch ist, ließ bei vielen Studienteilnehmern nach, obwohl die Medikamente keine Wirkstoffe enthielten. Tests mit angeblich schmerzlindernden Salben und anderen Scheinpräparaten verbesserten die Beschwerden von Patienten.

Placebos durch Zufall entdeckt

Placebos gibt es schon seit der Antike. Damals wandte der griechische Arzt Hippokrates Methoden an, die eigentlich wirkungslos waren und trotzdem halfen. Auch im Mittelalter arbeiteten die Heiler mit solchen Verfahren.

Hippokrates, Kupferstich aus dem 16. Jahrhundert.

Schon Hippokrates setzte auf Placebos

Die wissenschaftliche Beschäftigung mit dem Thema begann im Zweiten Weltkrieg. Auslöser war eine Beobachtung des Militärarztes Henry Beecher.

Er sah, wie eine Krankenschwester einem verwundeten Soldaten eine Kochsalzlösung spritzte, weil das Morphin knapp geworden war. Dem Kranken ging es trotzdem besser. Daraufhin begann Henry Beecher sich genauer mit dem Placebo-Effekt zu beschäftigen.

Auf Beecher geht auch ein Studiendesign zurück, das heute noch in der Pharmaforschung angewandt wird: Viele Medikamente, die neu auf den Markt kommen, müssen seitdem in sogenannten Doppelblindstudien gegen ein Placebo antreten.

Dabei wissen die Probanden nicht, ob sie ein echtes Medikament oder ein Scheinmedikament bekommen. Manchmal kommt es sogar vor, dass die Placebos besser wirken als die echten Mittel.

Große Zuckerpillen wirken besser als kleine

Der Placebo-Effekt reicht sogar so weit, dass einigen Patienten selbst Operationen helfen, die nur zum Schein durchgeführt werden. Während solche Scheinoperationen noch weitgehend unerforscht sind, haben Wissenschaftler mittlerweile einiges über die Placebos in Pillenform herausgefunden.

So spielt zum Beispiel die Größe der Tablette eine Rolle. Viele kleine Tabletten oder eine große helfen in der Regel besser als eine normal große Pille.

Auch der vermeintliche Preis hat Einfluss auf die Wirkung: Je teurer die Mittel angeblich sind, desto besser sprechen die Patienten darauf an.

Wie das Immunsystem von Placebos profitiert

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Placebos setzen körpereigene Prozesse in Gang

Die Wissenschaftler wissen mittlerweile, dass der Placebo-Effekt keineswegs nur auf Einbildung beruht. Wenn Patienten von einem Schmerz-Placebo erwarten, dass es hilft, werden im Körper schmerzstillende Hormone freigesetzt. Gesteuert wird dieser Mechanismus vom Gehirn.

Ob er funktioniert, hängt ganz entscheidend von den Rahmenbedingungen ab, unter denen das Scheinmedikament verabreicht wird. Werden die Placebos zum Beispiel wortlos gegeben, wirken sie schlechter, als wenn der Arzt dabei auf den Patienten eingeht und ihm zum Beispiel Mut zuspricht.

Wenn ein enges Verhältnis zwischen Patient und Therapeut besteht, wirken Placebos oft besonders gut. Trotz ihrer positiven Wirkungen sind Scheinmedikamente auch ethisch umstritten.

Wenn Ärzte und Therapeuten ihren Patienten nicht sagen, dass sie Placebos einsetzen, täuschen sie diese. Einen Ausweg aus diesem Dilemma können sogenannte offene Placebos weisen. Dabei wissen die Patienten, dass die Medikamente keinen Wirkstoff enthalten. Das Verblüffende: Auch offene Placebos wirken, wie Studien belegen.

Ein Patient unterhält sich mit einer Ärztin.

Ob Placebos wirken, hängt auch vom Arzt ab

(Erstveröffentlichung: 2011. Letzte Aktualisierung: 02.07.2020)

Quelle: WDR

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