Holzsschnitt aus dem 15. Jahrhundert: Frau und einen Mann beim Sex, dabei stehen eine weitere nackte Frau und ein Gaukler, der sich die Hand vor das Gesicht hält

Prostitution

Prostituierte im Mittelalter

Wie mussten sich Prostituierte im Mittelalter zu erkennen geben?

Von Natalie Muntermann

Frauen, die der Prostitution nachgingen, mussten im öffentlichen Leben über viele Jahrhunderte hinweg als solche erkennbar sein. Das geschah in der Regel über die Kleidung.

Schon in der Antike war eine äußerliche Kennzeichnung üblich. Man dachte ganz pragmatisch: Für den Freier hatte das den Vorteil, dass er schnell erkannte, wohin er gehen musste, wollte er sexuelle Dienstleistungen in Anspruch nehmen.

Im Mittelalter wurde aus dieser Gewohnheit Gesetzmäßigkeit: Leute, die im Prostitutionsgewerbe arbeiteten, waren offiziell in Zünften organisiert. Und wie das für Zünfte damals üblich war, hatten auch Prostituierte eine Kleiderordnung zu befolgen.

Der Vorsteher des Frauenhauses im Mittelalter, der sogenannte Frauenwirt, kümmerte sich nicht nur um Verpflegung und den Lohn der Damen – er war auch für deren Kleidung verantwortlich.

Zwar variierte die Kleidervorschrift für Prostituierte von Region zu Region, aber meist spielte die Farbe Rot eine entscheidende Rolle: In vielen Städten, wie etwa in Hamburg, signalisierten die Prostituierten mit einer roter Mütze oder Kappe, dass sie sexuelle Dienstleistungen anboten. In anderen Städten taten sie dies auch schon mal mit einer gelben Armbinde.

Im Laufe des Mittelalters, als Prostituierte immer häufiger als das Werk des Teufels oder als Hexen gebrandmarkt wurden, wuchs sich die Kleiderordnung zu einem Mittel der Stigmatisierung aus: Im 16. Jahrhundert zeigte man mit dem Finger auf die Frauen mit roter Mütze oder gelbem Rocksaum.

Lange Zeit war es also üblich, dass sich Prostituierte über ihre Kleider als solche outeten, beziehungsweise geoutet wurden. Die Kennzeichnungspflicht wurde in den Jahrhunderten allerdings unterschiedlich streng ausgelegt; sie war mal mehr, mal weniger demütigend.

Heute unterliegen Prostituierte keiner Kleidervorschrift mehr – im Gegenteil: Prostituierte leben meist in der Anonymität, sie wollen bewusst nicht erkannt werden.

(Erstveröffentlichung: 2005. Letzte Aktualisierung: 27.11.2018)

Quelle: WDR

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