Fackelläufer auf einer antiken Vase

Doping

Geschichte des Dopings

Unerlaubte Substanzen zur Leistungssteigerung sind nichts Neues. Von den Olympischen Spielen der Antike über die Inka-Kultur bis hin zum staatlich verordnetem Doping totalitärer Systeme im 20. Jahrhundert: Die Geschichte des Dopings hat eine jahrtausendelange Tradition.

Von Kerstin Eva Dreher und Melanie Kuss

Leistungssteigerung im Altertum

Schon die Olympiateilnehmer der Antike kannten einige Mittel zur Leistungssteigerung. Um die Kraft vor Wettkämpfen zu steigern, nahmen viele Athleten nur bestimmte Nahrungsmittel zu sich: Stierblut, Alkohol, Stierhoden oder Atropin, ein Wirkstoff aus der Alraunwurzel, waren beliebte frühe Dopingmittel.

Andere Stimulanzien tauchten erstmals bei den Berserkern der nordischen Mythologie auf: Aus Fliegenpilzen gewannen sie die Droge Bufotenin, die angeblich eine Steigerung der Kampfkraft um das Zwölffache bewirkte. Griechen und Römer griffen zu Mohn und Opium.

Die Methoden der Inka

Auch aus dem süd- und mittelamerikanischen Raum ist eine Vorstufe des Dopings bekannt. Etwa um 1500 nutzen die Inka stimulierende Mittel, um Höchstleistungen zu vollbringen. Sie tranken Mate-Tee und Kaffee und kauten Koka-Blätter, um so ihre Laufleistungen zu steigern.

Der Legende nach sollen die Inka die 1750 Kilometer lange Strecke von ihrer Hauptstadt Cuzco nach Quito in Ecuador in fünf Tagen bewältigt haben – und das vor allem deshalb, weil sie beim Rennen Koka-Blätter kauten.

Tatsächlich wirkt das Kauen von Koka-Blättern stimulierend. Bei solch einer Laufleistung hätten die Inka allerdings über fünf Tage einen Schnitt von 15 Kilometern pro Stunde halten müssen. Das war und ist physiologisch unmöglich.

Bauer trocknet Kokablätter

Stimulierende Wirkung: Koka-Blätter

Doping im Pferdesport

Um die Schnelligkeit ihrer Pferde zu steigern, verabreichten schon römische Wagenlenker den Tieren ein Gemisch aus Honig und Wasser. Mitte des 17. Jahrhunderts wird das Doping von Pferden zum ersten Mal in einem öffentlichen Dekret einer englischen Kleinstadt erwähnt.

In dieser Zeit stand allerdings das leistungsmindernde Doping im Vordergrund. Das heißt, man vergiftete die Pferde, zum Beispiel mit Arsen, und setzte sein Geld dann auf einen Konkurrenten. Da man die illegalen Substanzen aber noch nicht nachweisen konnte, wurde erst 1812 ein Dopingfall entdeckt – weil man den Täter auf frischer Tat ertappte.

Erst mit den Fortschritten der pharmazeutischen Industrie gegen Ende des 19. Jahrhunderts wurde im Pferdesport das leistungssteigernde Doping ein Thema. 1910 wurde in Österreich erstmals das Doping bei Pferden nachgewiesen: Im Pferdespeichel wurden Spuren von Alkaloiden entdeckt.

Durch seine konsequente Anwendung und Verbreitung hat Pferdedoping ebenso entscheidende wie zweifelhafte Schrittmacherdienste für das Doping beim menschlichen Sportler geleistet.

Erste Dopingtote

Bereits im 16. Jahrhundert erreichten die ersten koffeinhaltigen Drogen Europa, und auch Kaffee gab es schon. Beweise für Doping im Sport finden sich jedoch erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Zu dieser Zeit war es bei Radrennfahrern gang und gäbe, die Leistung durch die "schnelle Pulle" zwischendurch zu steigern.

Der Begriff "schnelle Pulle" meint eine Trinkflasche, die dem Radrennfahrer von seinem Betreuer auf der Strecke gereicht wurde – und deren Inhalt mitunter aus waghalsigen Mischungen bestand.

Manche Fahrer bevorzugten Mischungen auf Koffeinbasis, andere setzten auf einen Mix aus alkoholhaltigen Getränken – und insbesondere die Sprinter bauten auf Nitroglycerin.

Eine Tasse mit schwarzem Kaffee

Auch Kaffee stand bis 2004 auf der Dopingliste

1886 gab es den ersten Dopingtoten im Radsport: Beim Rennen Bordeaux-Paris starb der Engländer Linton an einer Überdosis Trimethyl. Der erste olympische Dopingtote wurde 1960 beklagt. Bei den Spielen in Rom fiel der Däne Knud Enemark Jensen vom Rad und starb. Wie sich im Nachhinein herausstellte, war er mit Amphetaminen gedopt.

Der erste deutsche Sportler, der nachweislich an den Folgen von Doping starb, war der Boxer Jupp Elze. Auch wenn er seine fatalen Gehirnverletzungen im Ring bei der Ausübung seines Berufes erlitt: Jupp Elze war kein Opfer des Boxens, sondern ein Opfer des Dopings.

Am 12. Juni 1968 kämpfte Jupp Elze gegen Titelverteidiger Carlos Duran um die Europameisterschaft im Mittelgewicht. In der 15. und letzten Runde traf Duran Elze am Hinterkopf, der Deutsche sackte bewusstlos zusammen. Nach acht Tagen im Koma starb Elze an einer Gehirnblutung.

Die Obduktion ergab, dass er mit verschiedenen Substanzen gedopt war, darunter mit dem Aufputschmittel Pervitin. Ohne Dopingeinfluss hätte Elze aller Wahrscheinlichkeit vorzeitig wegen Erschöpfung aufgeben müssen – und hätte so zumindest diesen Kampf überlebt.

So aber erlangte Jupp Elze traurige Berühmtheit: Er war der erste deutsche Sportler, der nachweislich an den Folgen von Doping starb.

Der deutsche Meister im Mittelgewicht, Jupp Elze, steht am Ring und wird vom Ringrichter angezählt.

Jupp Elze wird vom Ringrichter angezählt

Doping im Arbeiter- und Bauernstaat

Zu verbotenen leistungssteigernden Mitteln wird in beinahe allen Staaten dieser Welt gegriffen, auch in Deutschland. Doch es handelt sich meist um "individuelles" Doping, für das der einzelne Sportler die Verantwortung trägt.

Anders war das im Sportsystem der DDR. In keinem anderen Land wurde der Sport so eindeutig im politischen Sinne instrumentalisiert. "Siege des Sports sind Siege des Sozialismus", war die Devise.

Sportler waren "Diplomaten in blauen Trainingsanzügen", die der ganzen Welt beweisen sollten, wie erfolgreich das sozialistische System funktionierte.

Nur: Mit Talentförderung und ausgeklügelten Trainingsmethoden allein waren die gewünschten Siege nicht zu erreichen. Doch die DDR-Oberen fanden eine Lösung: Doping wurde zum "Staatsplan-Thema", das Anabolikum "Oral-Turinabol" zum Wundermittel.

Nach Schätzungen wurden so in den 1970er und 1980er Jahren 10.000 Athleten mit männlichen Hormonen hochgezüchtet. Mindestens 800 gravierende Fälle gab es, die nicht selten mit dem Tod des Sportlers endeten.

Beteiligt am Staatsdoping war nicht nur die Führungsriege der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED), sondern auch Ärzte, Funktionäre, Trainer – in allen Sportarten. DDR-Sportler waren in diesem Fall keine Dopingsünder, sondern Dopingopfer.

Schwarzweiß-Foto: Zwei DDR-Leichtathletinnen bei der Europameisterschaft 1982

"Siege des Sports sind Siege des Sozialismus"

Doping im Breitensport

Heutzutage wird nicht nur bei den Profis im Spitzensport gedopt. Umfangreiche Studien belegen, dass auch im Breitensport Doping eine immer größere Rolle spielt. Vor allem im Fitnessbereich und im Bodybuilding sind sogenannte Nahrungsergänzungsmittel wie Creatin an der Tagesordnung.

Aber auch Anabolika und Wachstumshormone kommen zum Einsatz. Mit ihnen werden die Muskeln noch größer – mit Training allein lassen sich die überdimensionierten Muskelpakete eben kaum formen. Die Einnahme verbotener Mittel im Freizeitsport fällt genau genommen allerdings nicht unter den Begriff Doping, sondern unter "Medikamenten-Missbrauch" und ist nicht strafbar.

Oberkörper eines Bodybuilders

Sind diese Muskeln wirklich nur durch Training entstanden?

(Erstveröffentlichung 2003, letzte Aktualisierung 06.06.2018)

Quelle: WDR

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