Disco

Gesellschaftstanz

Verrückte Modetänze

Sie kommen aus dem Nichts, werden heiß geliebt – und oft rasch wieder vergessen. Modetänze sind meist ein bisschen wilder, alberner oder auch erotischer als andere Tänze. Viele werden mit nur zu einem bestimmten Song getanzt.

Von Christina Lüdeke

Macarena

Im Jahr 1996 landete das Flamenco-Duo "Los del Rio" mit der Disco-Version ihres Titels "Macarena" einen Riesenhit. Der Videoclip lieferte die passende Choreografie dazu. Fortan wackelten die Gäste auf den Partymeilen rund um die Welt mit den Hüften, kreuzten die Arme über dem Oberkörper und hüpften mehr oder weniger synchron in eine Vierteldrehung.

Auch viele Tanzlehrer griffen den Modetanz auf; teilweise wurde der Tanz sogar – weil er die Koordinationsfähigkeit fördert – gerade für Kinder im Grundschulalter besonders empfohlen.

Los del Rio während einer Show

Los del Rio lösten mit Macarena einen Tanzboom aus

Lambada

"HinternBeckenKreisenWackelnWendenWedelnStoßen" – so umschrieb die "taz" den Tanz des Sommers 1989. Lambada – benannt nach dem gleichnamigen Hit der Band Kaoma – war ganz klar ein Paartanz.

Mehr noch: Mit verschränkten Beinen und kreisenden Hüften getanzt, mutete er beinahe an wie ein öffentlich zelebrierter Beischlaf – was im Übrigen im Jahr 1990 im Nachgang einer Betriebsfeier zu einem Arbeitsgerichtsprozess führte. Hatte doch ein Spediteur aus dem Münsterland seine Angestellte mit einer Prostituierten verglichen, weil sie auf dem Betriebsfest Lambada getanzt hatte.

Die so bezeichnete Frau kündigte, klagte auf Schmerzensgeld nebst Lohnersatz – und bekam Recht. Als Ausdruck eines neuen Lebensgefühls wurde der Lambada besonders in der DDR zur Wendezeit populär. Die damals sehr beliebte Jugendsendung "Elf 99" im DDR-Fernsehen vermittelte die Tanzschritte. Im Februar 1990 fanden sogar Lambada-Meisterschaften in Dresden statt.

Polonaise

Eigentlich ist die Polonaise eine alte Tanzform, die sich schon im 16. Jahrhundert in Polen entwickelte – daher auch der Name. Einst feierlich geschrittener Tanz, diente die Polonaise im 20. Jahrhundert zur Auflockerung von Tanzveranstaltungen.

Darauf baute die "Polonäse Blankenese" auf, ein Hit des deutschen Ulk-Schlagersängers Gottlieb Wendehals aus dem Jahr 1981. Neun Wochen lang stand er damit an der Spitze der deutschen Top Ten.

Außerdem führte Wendehals – mit bürgerlichem Namen Werner Böhm – zu den Klängen laut Guinness-Buch der Rekorde die größte Polonaise der Welt an: 250.000 Menschen tanzten mit ihm 1982 um die Hamburger Binnenalster.

Gerade auf Karnevalsveranstaltungen wurden zwar auch schon vor dem Titel von Wendehals Polonaisen getanzt. Mit diesem Hit erlangte der Modetanz in der "fünften Jahreszeit" jedoch eine enorme und anhaltende Beliebtheit.

Eine Gruppe von verkleideten Menschen tanzt, Schulter an Schulter gefasst, eine Polonaise

Gerade im Karneval ist die Polonaise sehr beliebt

Time Warp

Dieser Tanz stammt ursprünglich aus dem Film "The Rocky Horror Picture Show" aus dem Jahr 1975. Er symbolisiert eine Zeitreise. Schon kurz nach dem Start wurde der Film für seine Fangemeinde zum Kult. Im Münchener Kino "Museum Lichtspiele" ist er beispielsweise seit den 1970er-Jahren ohne Unterbrechung im Programm.

Die Zuschauer bleiben bei dem Film nicht passiv, wie sonst im Kino üblich, sondern spielen die einzelnen Szenen mit, parallel zum Film. Beim dem Lied "Time Warp" wird auch mitgetanzt.

Dabei ist es für die Tänzer recht praktisch, dass die einzelnen Zeilen des Songs gleichzeitig exakte Anweisungen für die Tanzbewegungen sind, zum Beispiel: "It's just a jump to the left and then a step to the right" (zu deutsch: "Es ist nur ein Sprung nach links und dann ein Schritt nach rechts"). Vom Fan-Kult im Kino ausgehend verbreitete sich der "Time Warp" in den 1980er- und 1990er-Jahren als Partytanz.

Szene aus der Rocky Horror Show.

Der Time Warp aus der Rocky Horror Show

Ententanz

Die Hände imitieren Schnabelbewegungen, die Arme Flügelschläge, der Popo das Wackeln der Ente mit dem Bürzel: Unmöglich, den Ententanz zu tanzen, ohne dabei reichlich albern auszusehen.

Das allerdings macht genau einen Teil seines Erfolges aus, denn wenn sich bei einer Party alle erfolgreich beim Ententanz lächerlich gemacht haben, bleibt auch danach niemand mehr steif auf dem Stuhl sitzen.

Die eingängige Melodie stammt vom Schweizer Werner Thomas, der schon in den 1950er-Jahren mit seinem Akkordeon und zünftiger Musik die Gäste im Skiort Davos erfreute. 1973 war in Davos der niederländische Plattenproduzent Louis van Rijmenant zu Gast und hörte dort die Melodie des späteren Ententanzes. Begeistert von dem Lied ließ sich Rijmenant prompt die Noten mitgeben.

Schon ein paar Tage später war die elektronische Variante davon auf Platte gepresst. Dem Komponisten Werner Thomas gefiel sie zunächst gar nicht. Die Tantiemen, die durch den Verkauf in seine Kasse sprudelten, sollen ihn allerdings rasch besänftigt haben.

Eine blonde Frau hat die Ellbogen nach oben erhoben, um damit Flügelbewegungen nachzuahmen.

Beim Ententanz imitieren die Arme Flügelschlagen

Memphis

Der Memphis entstand Mitte der 1960er-Jahre zu Pat Boones Hit "Memphis Tennessee", der wenig später von Chuck Berry gecovert wurde. Er ist ein Linientanz, der in der Schrittfolge Elemente von Rock 'n' Roll und Boogie-Woogie aufgreift.

Er blieb nicht an seinen namensgebenden Hit gebunden, sondern wurde auch zu anderen Titeln getanzt. Prinzipiell sind alle Jives auch für die Memphis-Schrittfolge geeignet. Er wird immer noch teilweise in Tanzschulen unterrichtet.

Chuck Berry

Chuck Berrys Version von "Memphis Tennessee" regt zum Tanzen an

Lindy Hop

Der Lindy Hop entstand Ende der 1920er-Jahre im New Yorker Stadtteil Harlem. Weite Verbreitung fand er dann aber erst ab den 1930ern zur damals beliebten Swing-Musik.

Lindy Hop ist ein Paartanz und gilt als Vorläufer von Rock 'n' Roll. Es gibt keine streng festgelegten Schrittfolgen, sondern es wird stark improvisiert. Typisch sind schnelle Figuren, bei denen sich die Partner umeinander drehen.

Der Name des Tanzes soll auf den Atlantik-Überflieger Charles Lindbergh zurückgehen ("Lindbergh hopped the Atlantic", übersetzt etwa "Lindbergh hüpfte über den Atlantik"). Der Tänzer Frankie Manning war der erste, der dem Tanz sogenannte "Air Steps" (Luftschritte) hinzufügte, also akrobatische Einlagen. Dies wurde später beim Rock 'n' Roll übernommen.

Seit den 1980er-Jahren erlebt der Lindy Hop ein Revival. Vor allem in studentischen Kreisen ist der Tanz in Europa und den USA seither wieder beliebt. Unter anderem pilgern seit 1982 Fans der Swing-Tänze aus der ganzen Welt zu einem vierwöchigen Tanz-Festival in das schwedische Dorf Herräng.

Ein Tanzpaar bei einer Akrobatik-Einlage

Der Lindy Hop gilt als Vorläufer des Rock 'n' Roll

(Erstveröffentlichung 2012. Letzte Aktualisierung 16.07.2020)

Quelle: WDR

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