Eine überdimensionale Pistole mit einem Knoten im Lauf steht vor herbstlichen Bäumen.

Waffenlieferant Deutschland

Control Arms – Kampf gegen den Waffenhandel

Weltweit sterben laut der Menschenrechtsorganisation amnesty international etwa 2000 Menschen pro Tag durch Waffen. Die Kampagne "Control Arms – Waffen unter Kontrolle" will deshalb erreichen, dass der Waffenhandel international kontrolliert wird.

Von Katrin Lankers

Eine Kalaschnikow für ein Huhn

In Uganda, heißt es, kostet eine Kalaschnikow nicht mehr als ein Huhn. Waffen dienen in vielen Teilen Afrikas als Tauschmittel. Für Bürgerkriegsherren oder Guerillakämpfer auf der ganzen Welt ist es ein Leichtes, sich schwer zu bewaffnen.

Gewehre, Pistolen, tragbare Raketenwerfer oder Landminen sowie die dazugehörige Munition sind heute fast überall einfach erhältlich – wenn nicht über legale Wege, dann über graue und schwarze Kanäle, teilweise zu sehr niedrigen Preisen.

Die Folgen sind fatal: Ein Großteil der Menschen, die Opfer von Waffengewalt werden, sterben in den knapp 220 schweren, bewaffneten Konflikten und Kriegen, die laut "Heidelberger Institut für internationale Konfliktforschung" heute toben (Stand: 2020).

Die am stärksten betroffene Region war die Subsahara mit Kriegen in Äthiopien, Demokratische Republik Kongo, Mosambik, Nigeria, Somalia und Südsudan.

Studien zufolge gehen 60 bis 90 Prozent aller gewaltsamen Todesfälle bei Konflikten auf den Einsatz von Kleinwaffen zurück. "Klein- und Leichtwaffen sind die heutigen Massenvernichtungswaffen", sagte der ehemalige Generalsekretär der Vereinten Nationen (UN) Kofi Annan einmal.

Kleine Waffen – großes Problem

"Kleinwaffen und die dazugehörige Munition sind ein sehr großes Problem für die Menschenrechte", weiß Mathias John, Rüstungsexperte von amnesty Deutschland. Das Hauptproblem: Sie sind sehr robust und somit sehr langlebig.

"Waffen deutscher Konstruktion sind weltweit in vielen Konflikten im Einsatz. Zum Teil sind Waffen heute in Bürgerkriegsländern im Einsatz, die vor 20, 30 Jahren in ganz andere Länder exportiert worden sind. Kleinwaffen werden leicht und schnell von einem Konflikt in den anderen gebracht", erklärt John.

Das zweite Problem: Kleinwaffen sind ein großes Geschäft. Schätzungen des "Small Arms Survey" aus dem Jahr 2014 zufolge hat der globale Handel mit kleinen Waffen ein Volumen im Wert von 8,5 Milliarden US-Dollar. Beim Milliardengeschäft des legalen Handels mit Kleinwaffen nimmt Deutschland eine Spitzenposition ein.

Die Bundesrepublik zählt nach den USA und Italien zu den Hauptexporteuren von Pistolen, Gewehren und anderen kleineren Waffen. Die Gründe: Deutschland hat eine lange Tradition in der Waffenfabrikation, ist hoch technologisiert und Waffen deutscher Konstruktion wie die "MP5" haben weltweit einen hervorragenden Ruf.

Vier MP5 nebeneinander

Deutsche Waffen sind auf der ganzen Welt verteilt

Wenn wir nicht liefern, liefern die anderen

Deutschland rühmt sich bereits einer restriktiven Rüstungsexportpolitik: Jeder einzelne Waffenexport aus Deutschland muss sorgfältig geprüft werden und ist genehmigungspflichtig. Das deutsche Kriegswaffenkontrollgesetz sei im internationalen Vergleich schon relativ gut geregelt, bestätigt Mathias John.

Aber: Auch in Deutschland gingen wirtschaftliche Interessen immer wieder über die Menschenrechte, etwa bei Kleinwaffenexporten in Länder wie Saudi-Arabien, Ägypten oder Mexiko.

Wirklich problematisch war aber, dass es im Waffenhandel bis 2013 keine international einheitlichen Vorgaben gab. Bis dahin wurden die Bestimmungen für den Export und Transfer von Waffen in jedem einzelnen Land unterschiedlich geregelt.

Die Folge davon war: "Wenn Deutschland sagte, wir liefern nicht, dann lieferten die anderen", so John. Die einzige Lösung lautet seiner Meinung nach: einheitliche Spielregeln für alle, um den Nachschub an Waffen und Munition an der Quelle auszutrocknen.

Auf dem Boden verteilt liegen zahlreiche Gewehre und Pistolen für das Bild aufgereiht.

Von der Polizei beschlagnahmte Waffen

Eine Million Gesichter

Die nichtstaatlichen Organisationen Amnesty International, International Action Network on Small Arms (IANSA) und Oxford Committee for Famine Relief (Oxfam) setzten sich für einheitlichen Spielregeln im internationalen Waffenhandel ein.

Im Oktober 2003 starteten sie gemeinsam die Kampagne "Control Arms – Waffen unter Kontrolle" mit dem Ziel der strikten Kontrolle und Transparenz aller Rüstungstransfers durch ein rechtlich verbindliches internationales Abkommen.

Das Abkommen sollte einheitliche Standards für den Waffenhandel schaffen und alle Exporte verbieten, die zur Verletzung der Menschenrechte und des humanitären Völkerrechts beitragen.

Die Resonanz auf die Kampagne war überwiegend positiv. In mehr als 160 Ländern unterzeichneten insgesamt über eine Million Menschen die Foto-Petition "Eine Million Gesichter" für die Kampagne.

Auch die Mühlen der Politik setzten sich langsam in Bewegung. Im April 2013 wurde nach Jahren zähen Ringens das Abkommen zum internationalen Waffenhandel "Arms Trade Treaty" auf einer Konferenz der Vereinten Nationen beschlossen.

Seitdem haben fast 140 Regierungen das Abkommen unterzeichnet, 105 Staaten haben es bereits ratifiziert, darunter auch Deutschland (Stand: März 2020).

Das UNO-Gebäude in New York

Die UNO hat ein Abkommen zum internationalen Waffenhandel geschlossen

(Erstveröffentlichung 2007. Letzte Aktualisierung 19.01.2022)

Quelle: WDR

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