Gotthard-Basistunnel während der Bauphase

Architektur

Tunnel

Statistisch gesehen sind Tunnel die sichersten Verkehrswege der Welt. Wie baut man eigentlich einen Tunnel?

Von Ulrike Wilhelm

Wie baut man einen Tunnel?

Um einen Tunnel in den Fels zu bohren oder zu sprengen, ist die Technik gefragt. Denn wie schafft man es, dass die Röhre nach mehreren Kilometern auch an der vorgesehenen Stelle ans Tageslicht kommt? Oft wird sogar aus Zeitgründen von zwei gegenüberliegenden Seiten mit dem Bohren begonnen – und trotzdem treffen sich die beiden Röhren auf halber Strecke.

Präzise Vermessungsmethoden und Satelliten ermöglichen es den Planern, die Richtung zu halten. Dabei kommt auch das so genannte GPS (Global Positioning System) zum Einsatz, wie beim Gotthard-Basistunnel, der 2016 eröffnet wurde.

Baustelle: Neben zwei noch nicht fertig gestellten Tunnelröhren steht ein schweres Baufahrzeug.

Tunnelbau ist Präzisionsarbeit

Der Tunnelbauer kann es mit verschiedenen Untergründen zu tun haben. Meist aber bohrt und sprengt er Fels. Wer heute einen Tunnel im Rohbau betritt, wird sich verwundert umblicken, denn die Gewölbe sind gegenüber früheren Tunnelbau-Zeiten riesig. Der Vorstoß in die Tiefe hat sich zu einem Hightech-Unternehmen entwickelt.

Gigantische Tunnelbohrmaschinen, die oft nur von einem einzigen Experten manövriert werden, erledigen heute die mühevolle Arbeit. Mit einem Vortrieb von bis zu 40 Metern am Tag fressen sie sich nahezu selbständig durch Fels oder Schlick.

Gleichzeitig sichern sie die Tunnelwände mit Stahlbögen und kleiden sie mit einer Schicht Beton aus. Parallel gebaute Drainagesysteme leiten Wasser aus dem Berg ab.

Aber es gibt auch noch den Sprengvortrieb. Während früher die Bergleute im Tunnel in gefährlicher Handarbeit mit Schwarzpulver oder Dynamit hantierten, übernehmen heute Spezialmaschinen die Arbeit, sogenannte Bohrjumbos. Sie können mehrere Sprenglöcher gleichzeitig ins Gestein treiben und so dafür sorgen, dass sich die Röhren bis zu zehn Meter pro Tag verlängern.

Megaprojekt Gotthard-Basistunnel

Ein Tunnelbau-Projekt der Superlative war der Gotthard-Basistunnel: Mit 57 Kilometern ist er heute der längste Eisenbahntunnel der Welt. Er liegt in der Schweiz zwischen Zürich und Lugano und ging 2016 in Betrieb.

Mehr als 300 Züge pro Tag durchqueren nun mit dem Tunnel das Gotthard-Massiv. Dabei sparen sie im Vergleich mit der alten Bahnstrecke fast eine ganze Stunde Fahrzeit ein. 

Das Mammutprojekt setzte neue Maßstäbe im Tunnelbau. Für die zwei Tunnelröhren wurden jeweils 50 Kilometer von sechs riesigen Bohrmaschinen in den Fels gefräst wurden. Insgesamt dauerte der Bau 17 Jahre.

Zwei Männer stehen neben einer riesigen Bohrmaschine, die die Form eines Zylinders hat

Riesige Bohrmaschinen für den Gotthard-Basistunnel

Kernbohrungen und Ultraschall

Bevor ein Tunnel gebaut wird, muss sein optimaler Verlauf am Reißbrett und am Computer geplant werden. Dabei sind zunächst die Geowissenschaftler am Zug. Sie müssen eine möglichst präzise geologische Prognose für den vorgesehenen Trassenverlauf erstellen.

Beispiel Alpen: Dort wo sich heute das Gotthard-Massiv erhebt, erstreckte sich vor vielen Millionen Jahren ein gewaltiges Meer. Als sich Kontinentalplatten zusammenschoben, türmte sich der ursprüngliche Meeresboden zu den heutigen Alpen auf.

Zwischen dem Fels, der hauptsächlich aus Granit und Gneis besteht, finden sich immer wieder Sedimentschichten des Ur-Ozeans. Die Sedimentschichten sind für Tunnelbauer sogenannte "Störzonen", also Zonen mit geringer Stabilität, die beim Bau gerne umgangen werden.

Die Geologen versuchen mit verschiedenen Methoden die geologischen Vorkommnisse im geplanten Trassenverlauf zu erforschen. Vorab holen sie von der Erdoberfläche Bohrkerne aus dem Fels. Sie sollen zeigen, wie der Berg an dieser Stelle geschichtet ist. Mit Teilstücken aus diesen Bohrkernen werden zum Beispiel auch Belastungstests gemacht.

Außerdem wird der Fels unter Tage mit seismischen Messungen durchleuchtet. Etwa durch winzige Sprengladungen, deren Erschütterungswellen von Messfühlern im Fels registriert werden.

Diese Daten werden gesammelt und ausgewertet und ermöglichen es, rechtzeitig auf die unterschiedlichen Gesteinsschichten zu reagieren. Denn ist der Fels zu locker, besteht die Gefahr, dass die Tunnelbohrmaschinen sich fest fräsen.

Nachgebende Decken, Wände oder Sohlen des Tunnels können sich um die Maschinen schließen, sodass sie manövrierunfähig im Geröll stecken bleiben. Bei weichem Fels erfolgt deshalb der Vortrieb per Sprengung.

Das zum Teil mit Schnee bedeckte Massiv des Mont Blanc.

Fels ist nicht gleich Fels

(Erstveröffentlichung 2011. Letzte Überarbeitung 13.08.2018)

Quelle: SWR

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