Mehrere hohe Kräne auf einer Schiffswerft. Darunter ein in Bau befindlicher riesiger Schiffsrumpf.

Korea

Südkoreas Wirtschaft: das Wunder von Han Fluss

Ab den 1960er-Jahren stieg die südkoreanische Wirtschaftsleistung deutlich an. Zuerst exportierte das Land vor allem Billigwaren: Textilien, Schiffe und Autos. Mit den Gewinnen wurde dann die heutige Hightech-Industrie aufgebaut.

Von Michael Hänel

Nicht genug für alle

Die wiederholten Eroberungszüge mandschurischer, chinesischer und japanischer Heere trugen entscheidend dazu bei, dass Südkorea in seiner wirtschaftlichen Entwicklung immer wieder zurückgeworfen wurde.

Die feudalen Strukturen auf dem Land verhinderten, trotz einiger Fortschritte bei Bewässerung und Reisaussaat, die Lösung der Krise der landwirtschaftlichen Produktion. Waren 1960 noch 50 Prozent der Erwerbstätigen mit der Produktion und Veredelung von Reis beschäftigt, waren es 2010 nur noch drei Prozent.

Die Reformen der Landwirtschaft der 1970er- und 1980er-Jahre sowie die Mechanisierung der Produktion brachten auch den Bauern zunehmenden Wohlstand. Überwiegend werden Flächen kleiner als drei Hektar von Familienbetrieben bewirtschaftet.

Reis bildet noch immer einen wesentlichen Bestandteil der Ernährung in Südkorea. 2011 lag der Verbrauch pro Person bei 70 Kilogramm (zum Vergleich: in Deutschland waren es nur vier Kilogramm). Bibimbab ist ein weit verbreitetes Gericht aus Reis, Gemüse, manchmal Rindfleisch und scharfen Gewürzen.

Reisterrassenfeld in China

Der Reisanbau brachte den Bauern einigen Wohlstand

Die treibende Kraft: Park Chung  Hee

"Modernisierer", "Kopf der Industrialisierung", "Chef der Militärdiktatur" – all diese Bezeichnungen treffen auf General Park Chung Hee zu, der sich 1961 in Südkorea an die Macht putschte.

Zunächst setzte er eine strikt anti-kommunistische Politik durch. Die politische Opposition und alle politischen Parteien wurden verboten. Dann brachte dieser Machtwechsel eine völlige Konzentration auf den wirtschaftlichen Aufschwung des Landes und die Ausrichtung der Produktion auf den Export.

Das Bankenwesen wurde verstaatlicht und war neben dem Inlandsgeheimdienst das entscheidende Machtinstrument der Militärregierungen. Bürgerliche Freiheiten mussten von den Arbeitern, Studenten und Gewerkschaftern in jahrzehntelangen Aufständen blutig erkämpft werden.

So starben beim Aufstand von Gwangju 1980 gegen Parks Nachfolger mehrere Tausend Menschen. Mit einer Verfassungsänderung und der Wahl eines frei gewählten Präsidenten wurde Südkorea erst 1987 wieder eine parlamentarische Demokratie.

Doch die rasante Industrialisierung hatte auch ihren Preis. Bis in die 1990er-Jahre waren ökologische Müll- und Abwasserentsorgung weitgehend unbekannt, die Luftverschmutzung und die Belastung der Flüsse mit Giften aller Art erreichte gesundheitsgefährdende Werte. Umweltschützer sprachen seinerzeit davon, der koreanische Aufschwung habe einen "Kriegsschauplatz der Industriegeschichte" hinterlassen.

Im Museum stehen mehrere Modelle des Hyundai Pony in einer Reihe, davor sind Tafeln mit den dazugehörigen Daten zu erkennen.

Der Hyundai Pony machte die Welt erstmals auf "Made in Korea" aufmerksam

Exporte, Exporte, Exporte

Mit dem Militärputsch 1961 hatte die Wirtschaftsplanung eine dominante Bedeutung erlangt. Zahlreiche Investitionsanreize wurden für die Exportwirtschaft geschaffen. 1970 wurden Waren im Wert von 835 Millionen US-Dollar exportiert. 2010 waren es Exporte im Wert von 466 Milliarden US-Dollar.

Bereits vor 1961 wurden meist von Familien geleitete Mischkonzerne gegründet (Chaebol): Samsung, Goldstar (LG), Daewoo (bis 1999), Ssangyong, Hyundai, SK. In den 1960er- und 1970er-Jahren wuchsen diese Unternehmen zur bestimmenden Kraft der südkoreanischen Wirtschaft heran und sind heute zumeist global agierende Firmen.

Bestimmten zunächst Textilien, preiswerte Radios und Fernseher (Lucky Goldstar) in den 1980er-Jahren die Exporte Südkoreas, wurden diese nach 2000 von hochwertigen Elektronikgütern wie Videorekordern und von Autos abgelöst.

Die Firma Samsung, eines der größten Unternehmen der Welt, stellt von Solarzellen, Fernsehern, Waschmaschinen bis hin zu Autos und Schiffen fast alles her. Der Unternehmensteil Samsung Electronics bemüht sich seit 2000 um eine dominierende Stellung bei Smartphones, LCD- und OLED-Displays, aber auch bei elektronischen Bauteilen auf dem Weltmarkt.

Ab 2015 geriet die südkoreanische Industrie zunehmend unter Druck der chinesischen Staatswirtschaft. Insbesondere die Werftenindustrie muss sich gegen Billiganbieter aus China auf dem Weltmarkt wehren – nicht immer erfolgreich.

Gefahr eines Atomkrieges

2016 wird ein erfolgreicher nordkoreanischer Nukleartest verkündet. Japaner und Chinesen sind schockiert, die Amerikaner alarmiert. Schnell wird klar; es war eine verstärkte Atomwaffe. Bis 2020 wird Nordkorea in der Lage sein, thermonukleare Waffen herzustellen und zu transportieren.

In Verbindung mit der Entwicklung der nordkoreanischen Raketentechnologien ist das Land zur Gefahr für seine Nachbarn geworden. Abschreckungspolitik, Friedensdiplomatie und alle Versuche das Kim-Regime politisch einzudämmen, sind gescheitert.

Quelle: SWR | Stand: 17.07.2020, 14:00 Uhr

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