Verschieden gefärbte Laubbäume.

Kanada

Indian Summer

Ganze Wälder in Rot, Orange und Gelb: Eine einzige eiskalte Nacht genügt, um das Feuerwerk der Farben zu entfachen. Zu Beginn des Herbstes setzen die arktischen Winde ein Schauspiel in Gang, das unter dem Namen "Indian Summer" bekannt ist.

Von Katrin Lankers

Der kanadische Altweibersommer

Meist beginnt das Phänomen an den Berghängen im Süden Kanadas, von dort verbreitet es sich über die US-Staaten Neuenglands. Bis in den späten Oktober, manchmal auch in den November hinein, hält sich die Farbenpracht. Dann verlieren die Bäume ihre Blätter, und bald schon sind ihre Äste von Schnee bedeckt.

"Indian Summer" nennen die Kanadier und US-Amerikaner nicht nur das Farbenspiel der Blätter. Vielmehr ist der "Indian Summer" ein warmer Herbst mit milder Witterung, vergleichbar mit unserem Altweibersommer. Für die Menschen in dieser Region ist es die letzte warme Zeit vor einem oft langen und bitterkalten Winter.

Die Hauptdarsteller der Farbenpracht

Mit dem "Indian Summer" beginnt die Natur, sich auf die widrigen Verhältnisse in dieser Jahreszeit vorzubereiten. Die Bäume werfen ihre Blätter ab, um im Winter nicht auszutrocknen.

Denn an sonnigen Wintertagen würde über die Blätter viel Wasser verdunsten, das sich die Bäume aus dem gefrorenen Boden nicht zurückholen könnten. Bevor die Blätter abfallen, wird das Chlorophyll abgebaut, das die Blätter grün erscheinen lässt.

Jetzt haben andere Stoffe, die vorher vom Blattgrün überdeckt waren, ihre große Stunde: Carotinoide sorgen für Orange und Gelb, Anthocyane für Rot und Braun. Hauptdarsteller bei dem farbenfrohen Schauspiel sind vor allem verschiedene Birken- und Ahornarten wie der Rot-, der Silber- und der Zuckerahorn.

Wie der "Indian Summer" zu seinem Namen kam, dazu gibt es viele Vermutungen und nichts Gesichertes. Entstanden ist der Begriff vermutlich im 18. Jahrhundert, zumindest wird er 1778 erstmals schriftlich in einem Brief erwähnt.

Für die Ureinwohner Amerikas war der "Indian Summer" ein wichtiger Vorbote des kommenden harten Winters. Eine Theorie besagt, der Name stamme daher, dass die Indianer diese Zeit zur Jagd genutzt hätten, eine andere, dass es ihre Erntezeit gewesen sei, und wieder eine andere, dass die Indianer in dieser Zeit verstärkt die weißen Siedler angegriffen hätten.

Möglicherweise bezeichneten auch die europäischen Siedler mit dem Begriff "Indian" abschätzig eine für sie "minderwertige" Jahreszeit, die nicht so warm wie ein echter Sommer, und nicht so kalt wie ein echter Winter war.

In der indianischen Mythologie hingegen haben die Farben des "Indian Summer" eine besondere Bedeutung: Die gelben Blätter symbolisieren die Feuer der Geister, während die roten Blätter vom Blut des Großen Bären getränkt sind, den der himmlische Jäger erlegt hat.

(Erstveröffentlichung 2007. Letzte Aktualisierung 19.06.2019)

Quelle: WDR

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