Kolorierter Stich: Bilderstürmer verbrennen christliche Gegenstände.

Martin Luther

Das Zeitalter der Reformation

Martin Luther gilt als ein geistiger Vater des Protestantismus. Doch eigentlich wollte er die Kirche nicht aufspalten, sondern nur ihre Reform durchsetzen.

Von Gregor Delvaux de Fenffe

Reformation außer Kontrolle

Während Martin Luther auf der Wartburg festsitzt, greift die Reformation wie ein Lauffeuer um sich. Zunächst ist all das durchaus im Sinne Luthers. Doch längst haben sich die reformatorischen Kräfte in verschiedene Bewegungen aufgespalten.

Zu den radikalsten Flügeln gehören die sogenannten "Bilderstürmer" aus Zwickau, die mit Gewalt in Kirchen eindringen und mutwillig liturgische Gegenstände, Heiligenstatuen, Reliquien und Bilder zerstören.

Luther, der seine reformatorischen Ideen in Gefahr sieht, begibt sich wieder in die Öffentlichkeit. Es hält ihn nicht länger auf der Wartburg, er kehrt endgültig als Theologe Martin Luther zurück und predigt erfolgreich gegen das zerstörerische Werk der bilderstürmenden "Schwarmgeister".

Doch die zunächst auf die Missstände der Kirche bezogene Reform führt bald zu gravierenden sozialen Unruhen. Ab 1524 kommt es in Deutschland zu Bauernaufständen. Die unter der Fronarbeit und Leibeigenschaft leidende bäuerliche Bevölkerung erkennt in Luthers Bewegung die Chance, sich von den Übergriffen der hohen Adligen zu befreien.

Alte Buchmalerei: Zwei Bäuerinnen arbeiten auf einem Feld.

Das Leben der Bauern war hart

Anfangs stellt sich Luther noch auf die Seite der Bauern und appelliert an die Adligen, ihrer Verantwortung als christliche Obrigkeit nachzukommen und die Bauern nicht länger der Unterdrückung, Willkür und Rechtlosigkeit auszusetzen.

Doch die Verhandlungen, in denen die Bauern mit maßvollen Forderungen auftreten, scheitern am kategorischen Widerstand des Adels, der auf seine angestammten Privilegien nicht verzichten will.

Der Deutsche Bauernkrieg

Als den Bauern bewusst wird, dass die Adligen die Erhebungen aussitzen wollen, kommt es in weiten Teilen Süddeutschlands und in der Schweiz zu gewaltsamen Übergriffen. Burgen werden erobert und angezündet, Adlige vertrieben oder getötet, Klöster gewaltsam aufgelöst. Luther, angewidert von den bürgerkriegsähnlichen Zuständen, die Deutschland in ein Schlachtfeld zu verwandeln drohen, schlägt sich auf die Seite des Adels.

In seiner Schrift "Wider die räuberischen und mörderischen Rotten der Bauern" verlangt er die gewaltsame Niederschlagung der marodierenden Bauern. Bald schon erliegen die schlecht gerüsteten Bauerngruppen den kampferprobten Söldnertruppen der Fürsten. Luthers Sache erleidet dadurch in der einfachen und armen Bevölkerung einen großen Imageschaden.

Stich: deutscher Bauernkrieg (1524 - 1526)

Deutscher Bauernkrieg (1524-1526)

Von der Einheit zur Spaltung

Luther will keineswegs eine Spaltung der Kirche erwirken. Er will die Reform. Es geht ihm um die "Confessio" der Christen – das ehrliche und ungeheuchelte Bekenntnis. Der Ursprung der Bezeichnung "Konfession" steckt darin.

Allerdings ist Luther auch ein unnachgiebiger Kämpfer. Etwa als Bayern den Druck von Luthers Schriften und die freie Predigt der Lutheraner verbietet. Luther mahnt daher die Menschen, Bayern zu verlassen, wenn seine Ideen dort nicht zum Zuge kommen dürfen.

Als sich abzeichnet, dass sich die Reform politisch nicht durchsetzen lässt, bedient Luther sich der Fürsten. Er hält sie an, die Reformation mit allen Mitteln voranzutreiben. Die Idee der grundlegenden Erneuerung der Kirche wird schnell zum Spielball politischer Interessen.

Da Luther aufgrund des Widerstands von Kaiser und katholischer Kirche sowie der erklärten Gegnerschaft einiger Territorialfürsten nicht an eine einheitliche Reichskirche denken kann, gründet er auf den Schultern einzelner Fürsten die sogenannten Landeskirchen. Ihnen stehen die Fürsten selbst fortan als Bischöfe vor.

Daraufhin kann der Landesherr das der römischen Kirche gehörende Kirchengut nach Gutdünken einziehen. Luther nimmt daher letztlich in Kauf, dass es in Deutschland zu zwei nebeneinander existierenden Kirchen kommt.

Cuius regio – eius religio

Luther gibt sein Mönchsein auf, heiratet eine ehemalige Nonne, gründet eine Familie und bekommt sechs Kinder. Bis zu seinem Tode wird er für die reformatorischen Ideen einstehen.

Doch auch nach seinem Tod 1546 wird die Realität der zwei einander bekämpfenden Konfessionen die Geschicke des Deutschen Reichs bestimmen. Jahrzehnte lang werden Kaiser, Päpste, katholische Fürsten und Reichsstädte versuchen, die Rechte der reformierten Landesherren zu beschneiden und die reformatorischen Kräfte zurückzudrängen.

Beginn des Schmalkaldischen Kriegs (am 20.07.1546)

WDR ZeitZeichen 20.07.2021 14:44 Min. Verfügbar bis 21.07.2099 WDR 5


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Erst der Augsburger Religionsfriede von 1555 sichert den Reichständen, also den Städten und Landesfürsten, echte Religionsfreiheit zu. Die jeweiligen Untertanen haben sich allerdings dem verbindlichen Credo ihrer Oberen anzuschließen. Cuius regio – eius religio: Wer regiert, bestimmt den Glauben. Andernfalls hat man auszuwandern.

Doch ist dies nur ein Friede auf tönernen Füßen. Ein halbes Jahrhundert später bricht der verheerendste Religionskrieg der Geschichte mit aller Macht über das Deutsche Reich herein: der Dreißigjährige Krieg.

Stich aus dem Dreißigjährigen Krieg. Soldaten haben ein Dorf eingenommen und plündern es. Die Bewohner flehen um Gnade.

Der Dreißigjährige Krieg war verheerend

Quelle: SWR | Stand: 31.03.2020, 11:19 Uhr

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