Verschleierte Iranerinnen vor einer Wand mit Porträts verschiedener geistlicher Führer in Teheran, darunter Ayatollah Khomeini (2.v.re.).

Iran

Der islamische Gottesstaat

Entsprechend der iranischen Verfassung ist die islamische Republik ein Gottesstaat, in der Allah der Alleinherrscher ist. Offizielles Staatsoberhaupt ist Mahdi, der letzte und verborgene Imam. Bis zu seiner Wiederkehr übernimmt sein Stellvertreter diese höchste Funktion im Staat.

Von Sabine Kaufmann und Martina Frietsch

Der religiöse Führer

Ausgearbeitet hat die islamische Herrschaft Ayatollah Khomeini, der das Prinzip von der Regierungsgewalt des besten Rechtsgelehrten auf seine Person zuschnitt.

So liegt das Machtzentrum in Iran in der Hand des obersten geistlichen und politischen Führers. Diese Funktion hatte nach der Revolution zunächst Ayatollah Khomeini inne, der sich damit zum politischen und religiösen Zentrum des Irans machte.

Eigentlich entstammte Khomeini einer quietistischen Tradition, die den Klerus nur als Berater der Politik sah. Beim religiösen Oberhaupt liegt auch die letzte Entscheidungsgewalt innerhalb des Staates. Dieses Amt ließ Ayatollah Khomeini im Dezember 1979 durch eine Volksabstimmung bestätigen.

Ayatollah Khomeini bei einem Gebet im Exil in Pontchartrain (1978).

Ayatollah Khomeini betet im Exil in Pontchartrain (1978)

Der religiöse Führer wird auf Lebenszeit vom Expertenrat gewählt, der sich aus 86 muslimischen Rechtsgelehrten zusammensetzt, die auf acht Jahre gewählt sind. Dem Befehl des religiösen Führers unterstehen das Militär und die paramilitärischen Milizen.

Sie setzen sich zusammen aus den Pasdaran, einer Elitegarde, die die Ziele des islamischen Gottesstaates verteidigen sollen, und den zahlenmäßig stärkeren Bassidsch, einer Volksmiliz, die gewaltsam gegen Demonstrationen und Oppositionelle vorgeht.

Nach dem Tod Ayatollah Khomeinis 1989 übernahm Ayatollah Chamenei das Amt des religiösen Führers, der den obersten Richter und außerdem sechs Mitglieder des Wächterrates ernennt.

Der Wächterrat

Neben dem obersten religiösen Führer sieht die Verfassung einen mit sechs geistlichen und sechs weltlichen Juristen besetzten Wächterrat vor, der prüfen soll, ob die vom Parlament erlassenen Gesetze mit dem Islam übereinstimmen. Sie können ein Veto gegen die Gesetzesinitiativen des Parlamentes einlegen, das von den Abgeordneten nicht überstimmt werden kann. Bestimmte legislative Vorhaben können so nicht in Kraft treten.

Der Wächterrat genehmigt außerdem die Kandidaten für das Präsidentenamt. Die Kandidaten unterliegen einem strengen Auswahlverfahren. Nur wer vom Wächterrat vorgeschlagen wird, kann überhaupt vom Volk gewählt werden. Das hat zur Folge, dass überwiegend konservative Kandidaten zur Wahl stehen und bis jetzt auch noch keine Frau Präsidentschaftskandidatin war.

Die Mitglieder des Wächterrats während einer Sitzung des Wächterrats am 26.08.2008

Der Wächterrat prüft, ob die vom Parlament erlassenen Gesetze mit dem Islam übereinstimmen

Islamische Republik

Iran ist laut seiner Verfassung eine Republik, die demokratische Elemente aufweist. Zwar wählt das Volk alle vier Jahre den Präsidenten, aber eigene Kandidaten, die zur Wahl zugelassen sind, kann das Volk nicht bestimmen.

Die Aufgabe des Präsidenten ist es, die Regierung zu leiten, die Minister zu ernennen und internationale Verträge abzuschließen. Außerdem darf das Volk den Expertenrat alle acht Jahre bestimmen, nachdem der Wächterrat eine Vorauswahl der Kandidaten getroffen hat.

So nimmt das Volk nur ganz indirekt und minimal Einfluss auf die Auswahl des obersten religiösen Führers. Wahlberechtigt sind Frauen und Männer ab dem 18. Lebensjahr, die alle vier Jahre auch das Parlament wählen.

Justiz: Die Scharia

Mit der Machtübernahme durch die Mullahs 1979 änderte sich auch das iranische Recht radikal: Fortan galt nur noch das islamische Recht – die Scharia. Die Scharia basiert auf dem Koran, auf Überlieferungen und auf Auslegungen.

Sie ist nicht nur Grundlage des Rechts, sondern regelt auch das alltägliche Leben, beispielsweise Ehe, Scheidung, Verhütung, Speisegebote oder auch das Verbot, Zinsen zu nehmen. Im Iran wurden alle Gerichte aus der Zeit des Schah aufgelöst; Gesetze, die nicht mit dem Islam vereinbar waren, wurden aufgehoben.

Die Einführung der Scharia als Rechtssystem brachte dem Iran international Kritik ein: Abschlagen einer Hand für Diebstahl, Steinigung für Ehebruch, die Todesstrafe für Homosexualität oder die Abkehr vom Islam – diese Strafen muten eher mittelalterlich an.

International anerkannte Menschenrechte wie Glaubensfreiheit, die Meinungsfreiheit oder die Gleichstellung von Mann und Frau sind mit der Scharia unvereinbar.

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Quelle: SWR | Stand: 30.06.2020, 15:00 Uhr

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