Amerikanische Hubschrauber und GIs im Vietnamkrieg

Vietnam

Die jüngere Geschichte Vietnams

Der Kampf um Unabhängigkeit zieht sich wie ein roter Faden durch die Geschichte Vietnams. Mehr als 1000 Jahre lang war das Land chinesische Provinz. Ab etwa 1789 begann dann Frankreich das Land zu besetzen und zur Kolonie zu machen.

Von Kirsten Praller

Die französische Kronkolonie

Gegen Ende des 18. Jahrhunderts, nach der Französischen Revolution, hatten die Franzosen großen Einfluss auf das Kaiserreich Vietnam. Die Nguyen-Dynastie kam durch tatkräftige Unterstützung der Europäer an die Macht. Mitte des 19. Jahrhunderts versuchten die Franzosen immer mehr Druck auf das Kaiserreich auszuüben.

Es kam zu Ausschreitungen der armen Bevölkerungsschichten, die sich gegen französische Missionare richteten. Frankreich eroberte daraufhin Zug um Zug vietnamesisches Gebiet, bis schließlich 1883 das ganze Land unter ihrer Kolonialherrschaft stand.

Die Europäer errichteten eine Kolonialverwaltung, um das Land für ihre Zwecke auszubeuten. Das Eisenbahnnetz, die Straßen und die Häfen von Saigon und Haiphong wurden ausgebaut. Hauptexportartikel waren Reis, Kautschuk und Kohle.

Auf die Bedürfnisse der Vietnamesen wurde keine Rücksicht genommen: Von den 45.000 vietnamesischen Arbeitern, die zwischen 1917 und 1944 auf den Kautschukplantagen der Firma Michelin arbeiteten, starben 12.000 an Krankheiten und Unterernährung.

Um die Jahrhundertwende formierte sich erster Widerstand gegen die Kolonialmacht. In der Zeit der Weltwirtschaftskrise ab 1927 wuchsen die Proteste, sie blieben aber noch unkoordiniert. 1930 wurde ein Aufstand blutig niedergeschlagen.

Erst Ho Chi Minh, Gründer und Führer der Kommunistischen Partei Indochinas, gelang mit der 1941 gegründeten Bewegung "Vietminh" der Aufbau einer Basis für den Kampf gegen die Besatzer.

Blick auf ein Gebäude eines vietnamesischen Palastes. Davor ein großer kesselartiger Behälter.

Der Königspalast in der alten Hauptstadt Hue

Der Kampf gegen die Kolonialmächte

Im Zweiten Weltkrieg mussten die Franzosen die Stationierung von japanischen Truppen, ein Durchmarschrecht und die Benutzung der Flughäfen gestatten. Nach und nach brachte Japan auch noch die wichtigsten Militärstützpunkte unter seine Kontrolle, rührte die funktionierende Kolonialverwaltung aber nicht an. De facto wurde das Land jetzt von einer kolonialen Doppelspitze beherrscht. Zwei Millionen Menschen starben in dieser fünf Jahre andauernden Phase an Hunger.

1941 kehrte Ho Chi Minh nach Vietnam zurück und organisierte einen Aufstand gegen die Besatzer, indem er über 40 kleinere Widerstandsgruppen zu der Organisation "Vietminh" vereinte. Nach der Kapitulation Japans proklamierte er am 2. September 1945 in Hanoi die Unabhängigkeit und wurde erster Präsident der Demokratischen Republik Vietnam. Aber die Franzosen erhoben erneut koloniale Ansprüche auf das Land.

Der 1946 ausbrechende Indochina-Krieg zog sich lange hin. Ab 1950 wurden die schlecht ausgerüsteten Vietnamesen von China militärisch unterstützt, während die Franzosen von den USA Hilfe erhielten. In der Schlacht um die französische Dschungelfestung Dien Bien Phu gelang den Vietnamesen 1954 der entscheidende Sieg. Frankreich musste seine Kolonien in Indochina aufgeben.

Ho Chi Minh

Ho Chi Minh organisierte den Widerstand

Die Teilung des Landes

Nach der Niederlage Frankreichs wurde Vietnam durch das Genfer Abkommen entlang des 17. Breitengrades geteilt: In Saigon regierte nun der von den USA gestützte Katholik Ngo Dinh Diem die Republik Südvietnam. Im Norden blieben die Kommunisten Ho Chi Minhs an der Macht. Hunderttausende Vietnamesen siedelten in den jeweils anderen Landesteil über. Während im Süden Chaos und Anarchie herrschten, kam es im Norden nach einer brutal durchgesetzten Landreform zu Unruhen.

Die 1960 in Südvietnam gegründete "Nationale Befreiungsfront" (Vietcong), deren Akzeptanz bei der unzufriedenen Bevölkerung schnell wächst, wurde vom Norden unterstützt. 1963 wurde der zunehmend diktatorisch herrschende Diem bei einem Militärputsch getötet, den der amerikanischen Geheimdienst CIA unterstützte. Danach wechselten sich verschiedene Militärjuntas an der Macht ab.

Der Krieg gegen die USA

Nach wachsenden Spannungen zwischen dem Norden und dem Süden nahmen die USA 1964 einen fingierten Zwischenfall im Golf von Tonking zum Anlass, Nordvietnam zu bombardieren. Der Vietnam-Krieg begann. Hintergrund des amerikanischen Engagements war die sogenannte "Dominotheorie", der zufolge ein Sieg der Kommunisten in Vietnam Umstürze in der gesamten Region zur Folge haben würde. Auf dem Höhepunkt der Auseinandersetzungen waren 1968 etwa 550.000 US-Soldaten in Vietnam stationiert.

Der Krieg wurde mit äußerster Brutalität geführt. Die Zahl der Bomben, die die Amerikaner über Vietnam abwarfen, übertraf die gesamte Bombenlast des Zweiten Weltkriegs um ein Vielfaches. Trotz ihrer technologischen Übermacht konnten die US-Militärs den hartnäckigen Widerstand der Vietnamesen nicht brechen. Diese Erfahrung sowie der Druck der internationalen Protestbewegung und die wachsende Anti-Kriegsstimmung im eigenen Land führten nach dem Pariser Waffenstillstandsabkommen von 1973 zum Abzug aller US-Truppen.

Rückzug der USA aus dem Vietnamkrieg (am 27.1.1973)

WDR ZeitZeichen 27.01.2023 14:48 Min. Verfügbar bis 27.01.2099 WDR 5


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Nach der Eroberung Saigons durch nordvietnamesische Einheiten kapitulierte das auf sich allein gestellte Südvietnam 1975 und wurde im Jahr darauf mit dem Norden zur "Sozialistischen Republik Vietnam" vereint. Der Preis für den Sieg war hoch: Millionen Tote, Verletzte und Waisen, vergiftete Wälder, zerstörte Städte und Industrieanlagen belasteten den Aufbruch in die Unabhängigkeit.

Die Unabhängigkeit und Wiedervereinigung

Nach 30 Jahren Bürgerkrieg und Krieg gegen Franzosen, Japaner und Amerikaner wurde das Land 1976 endlich unabhängig. Doch die jahrzehntelange Teilung in unterschiedliche Wirtschafts- und Gesellschaftssysteme erschwerte den Neubeginn. Nach militärischen Auseinandersetzungen mit Kambodscha (1979-1989) und China (1979) war das Land zudem international isoliert.

Die ersten wirtschaftspolitischen Maßnahmen der kommunistischen Regierung trieben Hunderttausende in die Flucht. Sie versuchten vor allem über das Südchinesische Meer ins Ausland zu gelangen. Zehntausende dieser sogenannten "Boat People" kamen ums Leben.

Angesichts der dramatischen Lage sahen sich die Machthaber Mitte der 1980er-Jahre zu umfassenden Reformen gezwungen. Das Land durchlebte einen ähnlichen wirtschaftlichen Reformprozess wie China. Die Staatsgeschicke wurden nach wie vor von der kommunistischen Partei gelenkt, die Wirtschaft allerdings nach marktwirtschaftlichen Gesichtspunkten neu organisiert.

Trotz guter Wachstumsraten gibt es jedoch noch zahlreiche strukturelle Probleme in der industriellen Produktion sowie im Finanz- und Bankensektor. Und auch die Infrastruktur hat immer noch unter den Kriegsschäden zu leiden.

Straßenszene in Hanoi

Trotz guter Wachstumsraten gibt es noch strukturelle Probleme

Quelle: SWR | Stand: 27.07.2019, 10:27 Uhr

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