Beleuchtete Brücke über den Bosporus

Istanbul

Der Bosporus – die Lebensader Istanbuls

Der Bosporus ist die Meerenge zwischen Europa und Asien. Er verbindet das Schwarze Meer im Nordosten mit dem Marmarameer im Südwesten von Istanbul, und ist bis zu 3,2 Kilometer breit. Auf 32 Kilometern Länge teilt er Istanbul in zwei Kontinente.

Von Sine Maier-Bode

Frische Fische an der Galata-Brücke

Früh am Morgen, wenn Istanbul noch schläft, beherrschen die Fischerboote das Leben auf dem Bosporus. Meist haben sie sich in kleinen Gruppen zusammengefunden, um in den Fahrgebieten der großen Frachter nicht in Gefahr zu geraten. Erlaubt ist das zwar nicht, aber hier gibt es halt die meisten Fische.

Kaum ist die Stadt erwacht, ziehen die Fischhändler an die Ufer des Bosporus, um ihren Fang an die ersten Hungrigen zu verkaufen, die sich auf den Weg zur Arbeit machen. Und auf der Galata-Brücke treffen die ersten Angler ein.

Die Galata-Brücke führt über einen Seitenarm des Bosporus, das Goldene Horn. Auf zwei Etagen findet man hier alles, was mit Fisch zu tun hat. Köder, Bleie, Blinker – die Geschäfte auf der Brücke haben ein umfassendes Angebot an Anglerzubehör jeglicher Art.

Und wer auf der unteren Etage seinen Fisch in einem der zahlreichen Restaurants verspeist, dem kann es durchaus passieren, dass an seinem Fenster ein Fisch vorbeischwebt, den der Angler über ihm auf der Brücke gerade an Land zieht.

Zahlreiche Angler auf der Galata-Brücke

Anglerparadies Galata-Brücke

Vom Wechsel der Kontinente

Die Galata-Brücke ist eine von drei Brücken, die den Bosporus überqueren. Weiter hinten, in Richtung des Schwarzen Meeres, verbinden zwei weitere Brücken den asiatischen mit dem europäischen Teil Istanbuls – sechsspurig die eine, achtspurig die andere.

Den ständig wachsenden Verkehr der Metropole können sie allerdings nur in Grenzen bewältigen. Seit 2013 ist daher ein unterirdischer Tunnel in Betrieb, der die europäische und die kleinasiatische Seite verbindet.

Wer dem Stau auf den Brücken und im Tunnel entgehen will, nimmt eine Fähre zum Überqueren der Meerenge. An den Kais von Eminönü warten Anbieter auf Touristen, um sie übersetzen zu können. Aber es gibt auch reguläre Linienschiffe, die zudem preiswerter sind. Früh am Morgen kommen die ersten Kunden, die meisten wollen vom Osten der Stadt, wo sie wohnen, in den Westen fahren, wo sich zahlreiche Büros und Firmen befinden.

Seit einigen Jahren sieht man auch Katamarane über den Bosporus jagen, die ihre Fahrgäste in Windeseile ans andere Ufer bringen, aber nach wie vor schätzen viele die langsamere Überfahrt mit einer der alten Dieselfähren. Wer hier einsteigt, kann in aller Ruhe bei einem Glas Tee noch die Morgenzeitung lesen, ein Schwätzchen halten oder einen Blick auf das Treiben am Bosporus genießen.

Luftbild: Färhverkehr auf dem Bosporus

Zwischen den Stadtteilen herrscht ein reger Fährverkehr

Gefährliches Wasser

Mehr als 55.000 Frachtschiffe durchfahren jedes Jahr die Meerenge, davon etwa ein Fünftel mit einer Ladung, die als gefährlich eingestuft werden kann.

Eine besondere Gefahr stellen die Öltanker dar. Millionen Tonnen Öl werden hier jährlich durchgeschleust. Und die Tanker sind nicht alleine unterwegs. Mehr als 2500 Schiffe befahren täglich die Wasserstraße: Barkassen, Yachten, Fähren, Tanker, Kreuzfahrtschiffe und riesige Containerschiffe.

Der Bosporus ist nicht nur eine der meistbefahrenen Meerengen der Welt, er ist auch besonders gefährlich. Starke Strömungen und Gegenströmungen machen die Fahrt auf dem Bosporus vor allem an Wintertagen zu einem schwierigen Unterfangen.

Damit die großen Frachter die Durchfahrt problemlos überstehen, können sie sich ortskundige Lotsen nehmen, die sie durch das Nadelöhr führen. Doch die kosten Geld, so dass die Hälfte der Kapitäne auf sie verzichtet.

In den 1990er-Jahren kam es zu 217 Unfällen auf dem Bosporus. Die meisten von ihnen endeten glücklicherweise glimpflich und Istanbul ist bislang an der ganz großen Katastrophe vorbeigekommen. Nahe dran war die Stadt aber schon einige Male. Wenn hier einmal ein Frachter außer Kontrolle gerät, kann er ohne weiteres mitten in eines der Wohnviertel fahren, die direkt am Ufer des Bosporus liegen.

Hinter einem riesigen Frachtschiff kann man eine Moschee am Ufer erkennen

Maßarbeit der Kapitäne

Am Ufer des Bosporus

Kleine Dörfer, Parkanlagen, Villen und Paläste säumen das Ufer an beiden Seiten des Bosporus. Die ersten, die hier siedelten, waren Griechen. Im 7. Jahrhundert vor Christus gründeten sie den Ort Chalcedon auf der asiatischen Seite am südlichen Teil der Wasserstraße.

Heute heißt Chalcedon Kadiköy und ist eines der beliebtesten Viertel der Stadt. Zwar sind hier nicht so viele historische Bauten zu finden wie auf der europäischen Seite, dem ehemaligen Byzanz. Diverse Cafés, Bars und Märkte locken aber viele Besucher auch in diesen eher studentisch geprägten Stadtteil. Weiter nördlich hinter dem Bahnhof Haydarpaşa schließen sich auf der asiatischen Seite vor allem Wohnviertel an.

Am Ufer des Bosporus zu leben, das war schon immer ein Wunsch vieler Istanbuler. Leisten konnten es sich jedoch zu allen Zeiten vor allem diejenigen, die Geld hatten. Und so säumen heute prachtvolle Villen das Ufer des Bosporus.

Die modernen Villen befinden sich vor allem auf der europäischen Seite, dafür haben sich auf der asiatischen Seite mehr der typischen Holzvillen erhalten – die Yalıs, die noch aus der Zeit der Osmanen stammen.

Ufer mit Häusern am Bosporus

Die Ufer säumen noble Villen

Wer sich keine Villa und keinen Palast am Bosporus leisten kann, dem bietet das Ufer genügend Vergnügen anderer Art. Tagsüber kann man vor allem auf der europäischen Seite an den Uferpromenaden lange spazieren gehen und sobald es Abend wird in Istanbul, füllen sich die zahlreichen Fischrestaurants und Cafés mit Gästen.

Wenn die Sonne untergeht über dem Bosporus, finden sich die Romantiker wieder auf der asiatischen Seite ein, wie zum Beispiel in den Teegärten in Kadiköy, um von hier aus in aller Ruhe das abendliche Schauspiel zu genießen.

(Erstveröffentlichung 2006. Letzte Aktualisierung 18.03.2020)

Quelle: WDR

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