Ein Geschäftsmann auf einem weißen Sofa hält sich mit verzerrtem Gesicht den schmerzenden Bauch

Darm

Wenn der Darm streikt

Darmleiden treten in unterschiedlichen Formen auf. Wir stellen Ihnen die häufigsten dauerhaften Erkrankungen genauer vor und geben einen Einblick in die jeweiligen Behandlungsmöglichkeiten.

Von Hans Jürgen von der Burchard

Das Reizdarm-Syndrom (RDS)

Am Reizdarm-Syndrom (RDS), das auch auch "Colon irritabile" genannt wird, leiden in Europa schätzungsweise zehn Prozent der Menschen. Das RDS ist eine funktionelle Erkrankung des Darms.

Funktionell heißt: Es finden sich keine erkennbaren organischen Ursachen, wie Entzündungen oder Tumore, die die Beschwerden auslösen.

Die Betroffenen leiden unter wiederkehrenden Stuhlunregelmäßigkeiten, Bauchschmerzen und Blähungen. Oft ist der Nahrungstransport im Dickdarm gestört. Auch Magen und Dünndarm können betroffen sein.

Die auslösenden Faktoren, die zu den Beschwerden führen, sind individuell sehr verschieden.

Häufig wird beobachtet, dass Stress und psychische Belastungen sowie eine fettreiche, ballaststoffarme Ernährung oder Nahrungsmittelunverträglichkeiten die Schübe auslösen.

Bei einem Teil der Betroffenen entwickelt sich das RDS nach einer bakteriellen Darminfektion. Bei RDS-Patienten spielt vermutlich das "Darmhirn" (enterisches Nervensystem) eine wesentliche Rolle. Es kontrolliert die Muskelbewegungen des Darms.

Die schon angesprochenen auslösenden Faktoren führen wahrscheinlich zu einer Fehlregulierung, die Durchfall oder Verstopfung zur Folge haben. Die genaue Ursache des RDS ist nicht bekannt.

Bei einer Reizdarm-Diagnose muss der Arzt organische Darmerkrankungen ausschließen. Besserung wird häufig durch eine Ernährungsumstellung oder durch eine psychotherapeutische Behandlung erzielt.

Eine Frau hält sich den Bauch

Bei RDS kommen Schmerzen in Schüben

Morbus Crohn

Im Gegensatz zu RDS ist der Morbus Crohn ein organisches Leiden. Es handelt sich um eine chronische Entzündung, die alle Teile des Magen-Darm-Trakts betreffen kann.

In den entzündeten Bereichen werden die Nahrungsbestandteile nicht mehr ausreichend aufgenommen. Morbus Crohn tritt am häufigsten im Übergangsbereich vom Dünndarm zum Dickdarm auf.

Die Betroffenen leiden an schweren Durchfällen, Bauchschmerzen, Fieber, Gewichtsverlust und Fisteln, meist im Bereich des Afters. Bei manchen kommt es auch zu einem Darmverschluss, der durch eine Operation beseitigt werden muss.

Die Ursache des Morbus Crohn ist nicht genau bekannt. Vermutet wird unter anderem eine Abwehrschwäche. Je nach Schweregrad der Erkrankung verordnet der Arzt Medikamente, die gegen den Durchfall wirken und die Entzündung hemmen.

Colitis ulcerosa

Die Colitis ulcerosa ähnelt in ihrer Erscheinungsform dem Morbus Crohn, ist aber auf den Dickdarm beschränkt.

Typische Symptome sind schleimige und blutige Durchfälle sowie Bauchschmerzen und Gewichtsverlust. Die Entzündung kann sich auch auf andere Organe ausbreiten.

Die Ursache der Colitis ulcerosa ist ebenfalls nicht bekannt. Der Arzt kann die Beschwerden nur durch Gabe entzündungshemmender Medikamente lindern. Bei schweren Komplikationen kann eine Operation erforderlich sein.

Darmkrebs

Beim Darmkrebs bilden sich vor allem im Dickdarm Tumore. Erbliche Veranlagung, chronisch entzündliche Darmerkrankungen und ballaststoffarme Ernährung zählen zu den Hauptrisikofaktoren.

Das Tückische am Darmkrebs ist, dass er lange ohne spürbare Symptome verläuft.

Erste Anzeichen können sein: Blut im Stuhl, Stuhlunregelmäßigkeiten und die Änderung der Stuhlgewohnheiten.

Ob Tumorgewebe vorhanden ist, lässt sich am besten durch eine Darmspiegelung abklären. Falls erforderlich, wird eine Gewebeprobe entnommen und mikroskopisch untersucht.

Bestätigt sich der Krebsverdacht, lässt sich das Tumorgewebe chirurgisch entfernen, gewöhnlich ergänzt durch Chemotherapie. Die Heilungschancen beim Darmkrebs sind vergleichsweise gut, wenn er frühzeitig entdeckt wird.

Darmkrebs tritt überwiegend im fortgeschrittenen Alter auf. Deshalb sollte man unbedingt ab dem 50. Lebensjahr die Vorsorgeuntersuchungen in Anspruch nehmen: ein jährlich durchgeführter Stuhltest auf verstecktes Blut und die Austastung des Mastdarms. Ab 55 Jahren wird zudem eine Darmspiegelung empfohlen.

Elektronenmikroskopaufnahme eines kolorektalen Karzinoms

Darmkrebs wächst lange ohne spürbare Symptome

Glutenunverträglichkeit

Die Zöliakie oder einheimische Sprue ist eine Unverträglichkeit des Dünndarms gegenüber Gluten, einem Getreideeiweiß aus Roggen, Weizen, Gerste, Hafer und Dinkel.

Bei den Betroffenen ruft diese Erkrankung Symptome wie Durchfall, Völlegefühl, Übelkeit, Gewichtsverlust, Blutarmut, Vitamin- und Eiweißmangel hervor.

Im Kindesalter kann es durch eine aus der Zöliakie resultierende gestörte Dünndarmfunktion zu Mangelernährung und damit Wachstums- und Entwicklungsstörungen kommen.

Als Ursache der Zöliakie vermutet man eine genetische Veranlagung, die zu einem Enzymdefekt der Dünndarmschleimhaut oder einer immunologischen Erkrankung führt, bei der das Gluten als Allergen eine Antigen-Antikörperreaktion auslöst.

Die Folge beider angenommenen Ursachen ist eine Zerstörung der Dünndarmschleimhaut.

Die Diagnose kann anhand der Symptome angenommen werden, sicher bestätigt wird sie durch einen Antikörpernachweis im Blut sowie durch Gewebeentnahme aus dem Dünndarm mittels einer Endoskopie (Spiegelung).

Meidet man dann glutenhaltige Nahrungsmittel (Getreideprodukte wie Brot, Kuchen, Nudeln, Mehl), regeneriert sich die Dünndarmschleimhaut und die Symptome vergehen innerhalb weniger Tage oder Wochen.

Eine Hand greift nach glutenfreiem Brot

Glutenfreie Produkte können den Darm entlasten

Laktose-Intoleranz

Laktose ist Milchzucker. Er besteht aus zwei Zuckermolekülen: aus Galaktose (Schleimzucker) und Glucose (Traubenzucker).

Um Milch oder Milchprodukte verdauen zu können, muss der Milchzucker im Darm in diese beiden Bestandteile gespalten werden. So werden sie ins Blut aufgenommen und verwertet.

Dafür ist das Enzym Laktase zuständig. Es kommt bei jedem gesunden Menschen im Dünndarm vor.

Aber nicht jeder Mensch ist in der Lage, den Zweifachzucker Laktose zu verdauen. Wenn ein Mangel an dem Enzym Laktase vorliegt, spricht man von einer Laktose-Intoleranz, zu Deutsch: Milchzucker-Unverträglichkeit.

Wird der Milchzucker nicht gespalten, gelangt er unverdaut in den Dickdarm und wird von Bakterien zu Milchsäure und Gasen verstoffwechselt.

Als Folge entwickeln sich Völlegefühl, Blähungen, krampfartige Bauchschmerzen und Durchfälle unmittelbar nach dem Genuss von Milch und Milchprodukten.

Man schätzt, dass weltweit fast die Hälfte der Bevölkerung unter einer mehr oder weniger ausgeprägten Milchzucker-Unverträglichkeit leidet, in Deutschland sind es schätzungsweise 15 bis 20 Prozent.

Bei unspezifischen Magen-Darm-Beschwerden sollte deshalb immer auch an eine Laktoseintoleranz gedacht werden.

Der Laktasemangel kann viele Ursachen haben. Heilen kann man ihn nicht. Die Betroffenen müssen selber herausfinden, wie viel Milchzucker sie vertragen und dementsprechend ihre Essgewohnheiten anpassen. Auch die Einnahme von künstlich hergestellter Laktase zu den Mahlzeiten ist möglich.

Bei einer laktosefreien beziehungsweise laktosearmen Diät ist es wichtig darauf zu achten, dass es nicht zu Mangelerscheinungen kommt, vor allem bei Kalzium.

Ein Milchglas

Viele Menschen vertragen keine Milchprodukte

Quelle: SWR | Stand: 19.07.2019, 14:10 Uhr

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