Mikroskopisch vergrößerte Kopflaus.

Haare

Die Kopflaus – Steckbrief aus der Haarwurzelperspektive

Gestatten, mein Name ist Capitas, Pediculus Humanus Capitas. Im Volksmund werde ich auch einfach Kopflaus genannt, was ich noch akzeptieren kann, während ich die Bezeichnung als Hautparasit entschieden ablehne.

Von Melanie Jost

Lebenszyklus

Als bekennender Vampirfan schmeichelt mir mein Blutsauger-Status hingegen sehr. Blut ist mein Lebenselixier und Haare sind meine Welt. Mein Volk zählt den Menschen seit Jahrhunderten zu seinem besten Freund, denn mit Tieren geben wir uns gar nicht erst ab. Um die können sich können meine lausigen Verwandten, die Flöhe, kümmern.

Der Mensch hat zwar insgesamt weniger Haarfläche zur Verfügung als seine tierischen Verwandten, aber an dessen Nacken, Schläfen oder hinter den Ohren lässt es sich besonders gut bohren.

Wie hieß es noch bei Charles Dickens' Romanfigur David Copperfield: "Um mit dem Anfang meines Lebens zu beginnen, berichte ich, dass ich an einem Montag um zwölf Uhr mittags geboren wurde."

Nun, um ehrlich zu sein bin ich vielmehr geschlüpft. Meine Spezies gehört zu den flügellosen Insekten, die sich ohne Puppenstadium vom Ei über mehrere Larvenstadien zum ausgewachsenen Vollinsekt mit einer Größe von stolzen drei Millimetern entwickeln.

Dafür brauchen wir gerade mal etwa 18 Tage. Und besonders unter uns Männchen ist dann Eile angebracht: Denn uns bleibt leider nur rund eine Woche, bis wir unseren Abschied nehmen müssen. Die Weibchen werden etwa doppelt so alt. In dieser Zeit ist ihre liebste Freizeitbeschäftigung das Eierlegen: Sie schaffen bis zu 10 Eier am Tag.

Mikroskopisch vergrößertes Ei einer Kopflaus.

Hartnäckig und widerstandsfähig: die Nissen

Hobbys

Ich für meinen Teil verbringe meine Zeit lieber mit meinem Hobby, dem Free-Climbing, das ich täglich zu perfektionieren versuche. Mit meinen Klammerbeinen klettere ich an den Haaren, wie der Telefontechniker mit seinen Kletterschuhen auf den Telefonmast.

Diese Hartnäckigkeit ist mir quasi in die Wiege gelegt, denn schon die Läuseeier – die sogenannten Nissen – werden von den Weibchen mit einem schnell härtenden und überaus widerstandsfähigen Klebesekret an den Haaren befestigt.

Die Haarwäsche meines Trägers ist für mich ein besonderes Spaßbad. Denn schon meine Großmutter pflegte immer zu sagen: "Nur eine oft gewaschene Laus ist eine saubere Laus."

Mikroskopisch vergrößerte Kopfläuse, die auf Haaren rumklettern.

Eine Laus kommt selten allein

Ernährung

Da ich über einen gesunden Appetit verfüge, nehme ich alle zwei bis drei Stunden eine Mahlzeit zu mir. Durch einen Biss oder Stich erhalte ich meine Nahrung: das Blut. Das sauge ich durch meinen Rüssel genüsslich ein.

Ärgerlich ist bloß, dass ich beim Saugen Speichel absondere, der bei meinem Träger zu einem unangenehmen Juckreiz und damit zu meiner Entdeckung führt. Manchmal werden die Menschen auch richtig krank. Denn ich kann Krankheiten übertragen, wie verschiedene Fieberarten.

Natürliche Feinde

Mein bester Freund ist auch mein ärgster Feind: der Mensch. Denn sobald das lästige Jucken auf seinem Kopf beginnt, geht es unsereins auch schon an den Kragen.

Im Laufe der Zeit haben sich die Menschen immer neue Kniffe und Tricks ausgedacht, um ihre Haarschöpfe nicht teilen zu müssen. Anzufangen wäre hier mit der einfachsten Version, nämlich der Kahlrasur. Ein solcher Kopf ist mir entschieden zu luftig und ich nehme auf der Stelle meinen Hut.

Des Weiteren wurde auch immer mal wieder die chemische Keule geschwungen. Mittel wie "Goldgeist forte" oder "Jacutin" sind aber nicht nur für mich, sondern auch für meinen Träger nicht unproblematisch.

Mittlerweile gibt es aber viele schonendere Produkte, die langsamer, aber leider ebenso effektiv wirken.

Nicht zu vergessen sei die für mich und meine Artgenossen wohl unangenehmste Waffe des Menschen: der sogenannte Nissenkamm. Gegen dessen engmaschige Zinken kommt auch der stärkste Läusekleber nicht an.

Das Ganze ist jedoch eine äußerst lästige Prozedur, die zudem mehrfach wiederholt werden muss. Hausärzte und Apotheker entwickeln beim Thema Läuse anscheinend besonderen Elan und stehen mit Rat und Tat meinem Träger gerne zur Seite.

Eine Mutter sucht die Haare ihrer Tochter nach Läusen ab.

Schritt Eins der Bekämpfung: Läuse suchen

Bevorzugtes Klima

Mir persönlich ist ein warmes, mäßiges Klima zwischen 27 und 30 Grad Celsius am liebsten. Dies brachte meine Gegner auf die Idee mit der Trockenhaube: Bei einer nur zehn- bis 20-minütigen Heißluftsitzung unter etwa 60 Grad bleibt von mir nicht viel übrig.

Auch dem Nachwuchs in den Eiern macht diese Behandlung den Garaus. Da ich mich als kinderlieb bezeichne, kann ich persönlich dieses Verfahren nicht empfehlen, denn schon bei etwa 52 Grad können bei den jungen Menschen erhebliche Kopfhautschädigungen auftreten.

Sieben Kinder liegen nebeneinander

Läuse übertragen sich vor allem in Kindergärten durch die Nähe der Kleinen

Kinderlieber Weltenbummler

Kinder sind gesellig und stecken gerne ihre Köpfe zusammen. Das passt mir gut: Mein vermehrungsfreudiges Volk schafft es nämlich, alle drei Wochen eine neue Generation zu begrüßen.

Wenn es dann eng und ungemütlich wird, ist ein Umzug angebracht. Entgegen der weitverbreiteten Meinung hüpft unsereins dann nicht wild umher, sondern krabbelt viel mehr ganz gemütlich von einem Kopf zum anderen.

Auch Zwischenstationen wie Mützen, Schals, Jacken, Kissen, Haarbürsten oder Nackenstützen in Autos oder öffentlichen Verkehrsmitteln sind mir dabei willkommen.

Wer mich also wirklich ausrotten will, darf diese Dinge nicht vergessen. Der eine oder andere Teddy hat daher schon einen Tag in der Tiefkühltruhe verbracht. Meine Temperaturempfindlichkeit erwähnte ich ja bereits.

Die Schmusedecke hat es da einfacher, schon eine dreiviertelstündige Wäsche bei 60 Grad tut ihren Dienst.

Ich für meinen Teil habe nun genug geschwätzt und ziehe von dannen. Bei weiterem Interesse an mir und meinem Volk schlage ich vor, Ihren Hausarzt oder Apotheker zu konsultieren.

Quelle: WDR | Stand: 16.07.2019, 14:03 Uhr

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