Der Rhein

Wie der Rhein begradigt wurde

Ab Basel ist der Rhein ein beeindruckender Strom. In früheren Zeiten wand er sich hier in gewaltigen Mäandern durch eine weite Auenlandschaft, trat gerne mal über die Ufer und war ziemlich unberechenbar. Doch dann kam Johann Gottfried Tulla.

Von Christiane Kopka

Als Oberingenieur im Dienst des Markgrafen von Baden begann Johann Gottfried Tulla 1817 mit einem gewaltigen Projekt zur Regulierung des Rheins. Er kappte dem Fluss alle Schlingen und zwang ihn in ein einheitliches Bett von maximal 250 Metern Breite. Als das Projekt 1876 lange nach Tullas Tod abgeschlossen wurde, waren von der 354 Kilometer langen Teilstrecke nur noch 273 Kilometer übrig geblieben.

Vom Landvermesser zum Chefingenieur

Johann Gottfried Tulla, am 20. März 1770 als Sohn eines evangelischen Pfarrers in Karlsruhe geboren, wurde nach dem Besuch der höheren Schule Landvermesser.

1797 trat er in die Dienste des Markgrafen von Baden, bei dem er als Ingenieur und Offizier zugleich Karriere machte und schließlich den Chefsessel des "Badischen Wasser- und Straßenbaus" bestieg. 1807 gründete Tulla die erste deutsche Ingenieurschule in Karlsruhe, aus der 1825 die Universität hervorging.

Erste Pläne

1809 legte der ehrgeizige Rhein-Baumeister einen ersten Plan zur Korrektur des Rheins vor. Seine Grundidee: die Kanalisierung und Vertiefung des Oberrheins. Tulla wollte den verzweigten und verschlungenen Fluss in ein einziges, schnurgerades Bett zwingen.

Sein Credo: "In der Regel sollten in kultivierten Ländern die Bäche, Flüsse und Ströme Kanäle sein und die Leitung der Gewässer in der Gewalt der Bewohner stehen." Die Rheinbegradigung sollte die Hochwassergefahr senken, das Land entlang des Stroms entsumpfen und urbar machen, die Seuchengefahr eindämmen und die Schifffahrt erleichtern.

Schwarzweiß-Stich von Johann Gottfried Tulla.

Johann Gottfried Tulla gab dem Oberrhein ein neues Bett

Widerstand

Tullas Vorhaben stieß bei den Bauern und Fischern entlang des Flusses auf heftigen Widerstand. Sie befürchteten die wirtschaftlichen Folgen des Eingriffs in die Naturlandschaft. Gegen ihren Willen wurden Tullas Pläne ab 1817 zum Teil mit Waffengewalt verwirklicht.

Als nach sieben Jahren bei einem großen Hochwasser die begradigten Gebiete wie geplant von Überschwemmungen verschont blieben, fand Tulla mehr Zustimmung und die weiteren Arbeiten wurden beschleunigt.

Abschluss ohne Tulla

Als die Rhein-Korrektur 1876 abgeschlossen wurde, war der Fluss um 81 Kilometer kürzer geworden. Das Hochwasser am Oberrhein ließ deutlich nach und die Schiffe mussten nicht mehr mit Pferden oder Ochsen gezogen werden.

Der massive Eingriff in die Natur hatte jedoch auch unerwünschte Folgen: Die Auenlandschaft verödete, das Hochwasser-Problem verlagerte sich an den unteren Teil des Rheins.

Auenlandschaft mit dichter Bewaldung.

Von den Auenlandschaften blieben nur noch Reste

Tulla selbst erlebte die Fertigstellung der Rhein-Regulierung nicht mehr: Er starb am 27. März 1828 nach schwerer Krankheit und wurde auf dem Friedhof am Montmartre in Paris begraben.

(Erstveröffentlichung: 2002. Letzte Aktualisierung: 25.05.2020)

Quelle: WDR

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