Mikroskopische Aufnahme von Spermien.

Künstliche Befruchtung

Forschung: Ein Mädchen bitte ...

Manche Eltern möchten selbst bestimmen, ob sie ein Mädchen oder einen Jungen bekommen. Technisch möglich ist das – und wird tatsächlich auch bereits praktiziert.

Von Martina Peters, Silke Rehren und Mareike Potjans

Spermiensortiermaschine

Forscher des US-Landwirtschaftsministeriums ("United States Department of Agriculture", USDA) haben eine Maschine entwickelt, die Spermien nach X- und Y-Chromosom trennen kann. Spermien mit einem X-Chromosom enthalten bei Säugetieren drei bis vier Prozent mehr Desoxyribonukleinsäure (DNA) als die mit einem Y-Chromosom.

Die Forscher färbten die DNA, die die Erbinformation trägt, mit fluoreszierenden Farbstoffen ein und konnten mit einem Laser die Spermien nach DNA-Gehalt und damit nach Geschlecht sortieren.

Das Gerät wurde in den USA zunächst über zehn Jahre in der Viehzucht erprobt. Danach wurde auch mit menschlichen Spermien geforscht.

Bei den menschlichen Spermien können die weiblichen mit einer Zuverlässigkeit von 93 Prozent herausgelesen werden. Männliche Spermien sortiert die Maschine nur mit einer 73-prozentigen Sicherheit aus.

Das "Genetics and IVF Institute" in Fairfax (USA) war die erste Fruchtbarkeitsklinik der Welt, die mit diesem Gerät arbeitete. 1995 kam das erste Mädchen zur Welt, dessen Geschlecht durch Spermienselektion bestimmt wurde.

In Deutschland ist die Trennung menschlicher Spermien nicht erlaubt. Ausgenommen ist eine Spermienselektion bei schwerwiegenden geschlechtsgebundenen Erbkrankheiten, etwa die meist tödlich verlaufende Muskelschwäche, die nur Jungen erben.

In vielen anderen Ländern sind die Gesetze nicht so streng, mit teilweise gravierenden Folgen: In Indien und China ist das demografische Gleichgewicht zwischen Mann und Frau bereits gestört. Immer mehr Paare wählen das Geschlecht ihres Babys bei einer künstlichen Befruchtung – und entscheiden sich meist für einen Jungen. Viele weibliche Embryos werden auch abgetrieben.

Frauen werden in Teilen dieser Länder als weniger wert erachtet. Außerdem belastet die Mitgift für eine Hochzeit die Familien oft finanziell. Auch in islamischen Ländern wünschen sich Paare oft einen Sohn, weil dieser bei der Erbfolge bevorzugt wird.

Präimplantationsdiagnostik und Eizellspende

Die sogenannte Präimplantationsdiagnostik ermöglicht aber nicht nur die Geschlechterauswahl, sondern auch den ethisch umstrittenen Gencheck, durch den sich Embryonen aussortieren lassen, die genetisch belastet sind. Ein solcher Gencheck ist in Deutschland seit 2010 erlaubt, allerdings nur wenn aufgrund der genetischen Veranlagung der Eltern eine schwerwiegende Erbkrankheit beim Kind oder eine Tot- oder Fehlgeburt wahrscheinlich ist.

In den USA, Großbritannien oder Belgien ist dieses Verfahren schon seit Langem gang und gäbe.

Ebenfalls üblich im Ausland ist die Eizellspende, auf die Frauen angewiesen sind, deren Eierstöcke keine eigenen Keimzellen mehr produzieren. Dabei werden die Eierstöcke einer freiwilligen Spenderin hormonell stimuliert, nach der Entnahme mit dem Samen des Mannes befruchtet und der Empfängerin wenige Tage später eingesetzt.

Das in Deutschland verbotene Verfahren wird im Ausland nicht nur bei Frauen angewandt, die ihre Fruchtbarkeit zum Beispiel durch Krankheit früh verloren haben. 1995 brachte die Italienerin Rosanna Della Corte mit 62 Jahren noch ein Kind zur Welt.

Hand von Mutter und Baby

Lieber ein Mädchen oder einen Jungen?

Embryos mit der DNA von drei Menschen

An der Newcastle University schufen Wissenschaftler im Jahr 2010 Embryos, die die DNA von einem Mann und zwei Frauen enthalten. Dadurch sollen Frauen mit seltenen genetischen Erkrankungen gesunde Kinder bekommen können. Defekte im Erbmaterial können zu schweren Erkrankungen wie Blindheit, Muskelschwäche und Herzversagen führen.

Das Ziel des britischen Forscherteams um Doug Turnbull war es, zu verhindern, dass die geschädigte DNA der Mitochondrien von der Mutter weitergegeben wird. Mitochondrien werden als Energiekraftwerke der Zellen bezeichnet und haben eine eigene DNA.

Bei ihrem Versuch entfernten die Forscher bei einer befruchteten Eizelle die Zellkerne von Mutter und Vater. Diese pflanzten sie in die Eizelle einer weiteren Frau ein, aus der der Zellkern entfernt wurde. Die funktionierenden Mitochondrien blieben aber erhalten.

Turnbull verglich das Verfahren mit dem Austauschen eines Akkus bei einem Notebook: Die Energieversorgung funktioniere dadurch richtig, aber die auf der Festplatte gespeicherten Informationen blieben unverändert. Das Kind verfüge über alle genetischen Informationen des Vaters und der Mutter. Die DNA der zweiten Frau sei nur in sehr wenigen Genen enthalten.

Die Versuche der Wissenschaftler waren auch in Großbritannien lange Zeit ethisch umstritten. 2015 stimmten die Abgeordneten des britischen Unterhauses für die Zulassung des Verfahrens, 2016 wurde es endgültig erlaubt.

Großbritannien war damit das erste Land der Welt, in dem Embryos mit der DNA von drei Personen legal gezeugt und der Mutter eingepflanzt werden dürfen.

(Erstveröffentlichung: 2009. Letzte Aktualisierung: 17.09.2019)

Quelle: WDR

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