Ein Mann wird von zwei anderen Männern auf einem schneebedeckten Gipfel unter die Arme genommen

Klettern

Höhenkrankheit

Trekking-Touren sind in – und das mit Routen in höchste Höhen, etwa dem Himalaja. Die wenigsten Menschen machen sich dabei Gedanken um die gefährliche Höhenkrankheit. Dabei sind bis zu 75 Prozent aller Bergsteiger davon betroffen, warnen Experten.

Von Mona Geier

Es kann jeden treffen

Das jedenfalls betont die Deutsche Gesellschaft für Berg- und Expeditionsmedizin in ihrem Internetauftritt: "Bei einem schnellen Aufstieg in Höhen von 3000 Meter und mehr über Normalnull [sind] 75 Prozent aller Wanderer oder Bergsteiger" von ersten Anzeichen einer akuten Höhenkrankheit betroffen.

In Höhen über 3000 Metern finden die meisten Trekkingtouren außerhalb Europas statt. Unter Höhenkrankheit wird eine Vielzahl von Symptomen zusammengefasst, die ab einer Höhe von 2500 Metern auftreten können. Wird eine akute Höhenkrankheit nicht behandelt, kann sie tödlich enden.

Eine Höhenkrankheit kann jeden treffen, ob Mann oder Frau, alt oder jung. Der Auslöser ist in den meisten Fällen ein zu schneller zu hoher Anstieg. Man spricht hier von einer Aufstiegsgeschwindigkeit mit mehr als 600 Metern pro Tag.

Dazu kommen belastende Faktoren wie Überanstrengung, Flüssigkeitsmangel oder Infekte. Werden die ersten Warnsignale ignoriert, kann es zu Höhenlungen- oder Höhenhirnödemen kommen, die unbehandelt innerhalb weniger Tage zum Tode führen können.

Die Ursache liegt in dem sinkenden Luftdruck und der damit einhergehenden geringeren Sauerstoffaufnahme der Lunge. Die Folge: Leistungsabfall. Schon ab einer Höhe von 1500 Metern sinkt die Leistungsfähigkeit mit jeder weiteren 1000-Meter-Marke um zehn Prozent.

Das heißt: Auf einem Berg mit mehr als 5000 Metern Höhe – wie dem Kalar Pattar in Nepal – hat ein Trekker, Mountainbiker oder Bergsteiger nur 50 Prozent des Sauerstoffs zur Verfügung, den er auf Meereshöhe hat. Stellt sich der Reisende nicht auf die veränderten Bedingungen in der Höhe ein, kann es zu ersten Symptomen einer Höhenkrankheit kommen.

Bergsteiger auf dem Gipfel des Mount Everest.

Sauerstoffmasken sind in großen Höhen wichtige Hilfsmittel

Die mildere Form: Erste Anzeichen einer Bergkrankheit

Schon ab 2000 Metern können erste Probleme auftreten: Es beginnt in der Regel mit Kopfschmerzen, Übelkeit, Schwindel oder mangelndem Appetit.

In dieser Phase sollten Freizeitsportler sofort einen Stopp einlegen, trinken und einen Tag ruhen, empfehlen Expeditionsmediziner. Tritt dann keine Besserung ein, sollte man mindestens 500 Meter wieder absteigen, beziehungsweise bis zu einem beschwerdefreien Punkt.

Die akute Berg- oder Höhenkrankheit

Bei schweren Symptomen wie Schwindel, Herzrasen, Gleichgewichtsstörungen und einem rapiden Leistungsabfall muss sofort abgestiegen werden und das möglichst so tief, bis die Beschwerden gemildert sind. Es besteht sonst die Gefahr eines Höhenhirn- oder Höhenlungenödems.

Den geringen Luftdruck und die damit verbundene geringere Sauerstoffversorgung pro Volumeneinheit in der Lunge versucht der Körper durch schnellere, tiefere Atmung zu kompensieren. Gleichzeitig scheidet der Organismus mehr Flüssigkeit aus und die Zahl der roten Blutkörperchen steigt.

Auf einer Höhe von 4500 Metern beispielsweise beträgt der Anstieg rund zehn Prozent – und das schon nach zwei Tagen. Das Blut "verdickt" quasi und es kann zu Embolien, Thrombosen oder Ödemen kommen.

Bei einem Höhenlungenödem tritt vermehrt Flüssigkeit aus den Lungengefäßen ins Lungengewebe und in die Lungenbläschen über: Der Sauerstoffmangel wird verstärkt. Bei einem Höhenhirnödem schwillt das Gehirn an – diese Gefahr besteht prinzipiell ab einer Höhe von 5000 Metern.

Ursache ist der Druckanstieg innerhalb des Organs. Es kommt zunächst zu Sinnesstörungen und Gleichgewichtsstörungen. Auch hier muss der sofortige Abstieg erfolgen.

Modell einer Lunge.

Modell einer Lunge mit dem Herzen im Zentrum

Haben Bergbewohner auch Höhenkrankheit?

Manche schon: In den Anden, in Großstädten wie La Paz oder Quito, kommen Höhenkrankheiten vor – nicht nur bei Reisenden, sondern auch bei den Bewohnern selbst.

Dagegen wollen amerikanische Wissenschaftler des "Center for Research on Tibet" festgestellt haben, dass tibetische Frauen und Kinder, die seit Generationen in einer Höhenlage von 3800 Metern und mehr leben, gegen die Höhenkrankheit immun seien. Natürlich nur, wenn sie auf der Höhe bleiben und nicht zum Beispiel für längere Zeit ins Tal ziehen.

Grund sei eine genetisch bedingte höhere Sauerstoffsättigung des Hämoglobins (eisenhaltige sauerstofftransportierende Proteine) im Blut der untersuchten Tibeter.

Tibeter vor Bergkulisse

Tibeter sollen gegen die Höhenkrankheit immun sein

Schutz vor Höhenkrankheit: die richtige Vorsorge

Die Prophylaxe beginnt schon zu Hause. Wer älter ist als 40 Jahre, sollte sich vorher beim Arzt untersuchen lassen, ob Herz und Lunge gesund sind. Einen Höhenverträglichkeitstest gibt es allerdings nicht. Eine gute Fitness hilft, den Leistungsabfall in großen Höhen besser abfangen zu können – ein wirklicher Schutz vor der Höhenkrankheit ist das aber nicht.

Das beste Rezept ist ein langsamer Aufstieg. Als Faustformel zum Beispiel beim Trekking in Höhen von 3000 Metern und mehr gilt: pro Tag maximal 300 bis 500 Meter – von Schlafplatz zu Schlafplatz gerechnet. Alle 1000 Meter sollten dann ein oder zwei Ruhetage eingelegt werden.

Zudem ist ausreichendes Trinken sehr wichtig. Vier bis fünf Liter am Tag werden hier empfohlen, denn in größeren Höhen ab 5000 Metern verliert der Körper mehr Flüssigkeit.

Wer Fünftausender und größere Berge erklimmen will, sollte möglichst eine Woche vorher auf 3000 Metern Höhe verbringen, um sich zu akklimatisieren.

Quelle: SWR | Stand: 17.04.2020, 17:30 Uhr

Darstellung: