Grafik: Schwein, auf dem verschiedene Zonen mit Zahlen markiert sind.

Schweine

Organspender Schwein

Im Jahr 2019 warteten alleine in der Bundesrepublik etwa 9.000 Menschen auf lebensrettende Spenderorgane. Doch nur etwa 930 Menschen waren Organspender. Um den Mangel auszugleichen, versuchen Forscher die Organe von Tieren für den Menschen nutzbar zu machen.

Von Pia Grzesiak

Wartelisten für Spenderorgane werden immer länger

Aufgrund des chronischen Organmangels wachsen die Wartelisten für Spenderorgane jedes Jahr um 10 bis 15 Prozent, während die Zahl der Spender stagniert oder sogar abnimmt.

In der Medizin gehört die Organtransplantation mittlerweile zum Alltagsgeschäft. Während die erste transplantierte Niere im Jahr 1947 ihre Funktion im Körper des Empfängers nie aufnahm, überleben heute 90 Prozent der Nieren-Transplantierten das erste Jahr.

Menschen mit Tierorganen?

Schon lange träumen Mediziner von Tierorganen, die im menschlichen Körper funktionsfähig bleiben. Die Erfolgsgeschichte der Xenotransplantation – also der Verpflanzung von Tierorganen auf den Menschen – spricht bisher jedoch eine andere Sprache.

1905 wurden einem jungen Mädchen in Paris erstmals Nierenteile von Kaninchen eingepflanzt. Das Mädchen überlebte nur 16 Tage.

1918 folgte die erste Transplantation der Niere eines Rhesusaffen in Berlin, 1923 wurde in New York die Niere eines Schafs verpflanzt. Keine dieser Operationen war erfolgreich. Die Patienten verstarben schon nach wenigen Tagen.

Auch die Transplantationen von Schimpansennieren und Herz und Leber eines Pavians in den 1960ern, 1980ern und 1990er-Jahren blieben wenig erfolgreich. Immer wurden die Organe vom menschlichen Immunsystem als fremd erkannt und abgestoßen.

Soll das Klonschwein die Lösung sein?

Selbst bei der Verpflanzung eines Organs von einem Menschen auf den anderen muss der Empfänger lebenslang Medikamente nehmen, die seine Immunabwehr unterdrücken, damit das Organ nicht abgestoßen wird.

Auf das Organ eines Tieres, also das eines artfremden Lebewesens, reagiert das menschliche Immunsystem entsprechend heftiger. Um diesem Problem Herr zu werden, haben sich Forscher daran gemacht, die Organe von Schweinen menschenähnlicher zu machen.

Zu Anfang des 21. Jahrhunderts gelang es britischen Wissenschaftlern in den USA schließlich, genetisch veränderte Schweine zu klonen, deren Organe bei Affen im Tierversuch fast 400 Tage funktionstüchtig blieben. Und auch andere Länder ziehen nach.

2009 klonten koreanische Forscher genetisch veränderte Schweine, 2011 gelang das gleiche chinesischen Wissenschaftlern. Klinische Versuche mit Menschen sind zwar angedacht, werden aber noch nicht gewagt.

Die Folgen sind nicht absehbar

Obwohl mehr als 98 Prozent unserer Gene mit denen der Menschenaffen übereinstimmen, kommen sie als Organspender nicht in Frage, denn Schimpansen, Gorillas, Orang-Utans und Bonobos sind allesamt vom Aussterben bedroht.

Den Schweinen geht man da schon unbefangener an die Innereien. Schließlich werden sie schon seit Jahrtausenden als Nutztiere gezüchtet, und ihre Organe sind in Größe, Form und Funktion wie maßgeschneidert für den Menschen.

Weil sie sich so schnell fortpflanzen, könnte sogar der bundesweite Bedarf an Spenderorganen leicht gedeckt werden.

Bleibt nur das Problem mit den Viren. 1997 wurde deutlich, dass Schweine zwei Virentypen beherbergen, die – zumindest im Reagenzglas – menschliche Zellen infizieren können. Die Folgen einer Übertragung auf den Menschen sind bisher unabsehbar.

Kritische Stimmen warnen vor einem Ausbruch neuer Epidemien wie dem HI-Virus. Für die potenziellen Spenderschweine der Zukunft hingegen wären die Konsequenzen klar: ein Leben im sterilen Forschungslabor.

Quelle: SWR | Stand: 22.06.2020, 09:25 Uhr

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