Lexikon - Wetter

neuneinhalb – für dich mittendrin 02.09.2023 01:42 Min. UT Verfügbar bis 02.09.2028 Das Erste


Download Podcast

Klima

Wetterphänomene

Früher galten Stürme, Überschwemmungen und Dürre als Werk von Göttern und Geistern. Es war überlebenswichtig, solche Ereignisse vorhersagen zu können. Bis heute versucht der Mensch, sich gegen die Macht der Natur zu wappnen.

Von Andreas Kohler

Abhängigkeit vom Wetter

Besonders abhängig vom Wetter sind heute noch alle, die direkt in der freien Natur arbeiten, zum Beispiel Bauern. Ursprünglich waren das einmal fast alle Menschen.

Um Aussaat und Ernte planen zu können, um zu wissen, wann sie das Heu einbringen und die Tiere von der Weide holen mussten, brauchten die Menschen Zeichen: Tau am Morgen bedeutete einen sonnigen Tag. Ameisen, die sich plötzlich verkrochen, deuteten dagegen auf schlechtes Wetter hin, ebenso Frösche, die sich weiter als gewöhnlich von ihrem Teich entfernten.

Viele dieser Hinweise waren zuverlässig und wurden bereits seit vorgeschichtlicher Zeit von Generation zu Generation weitergegeben. Andere waren es nicht, zudem vermischten sich Religion und Aberglaube mit der Naturbeobachtung.

Spätestens seit dem Mittelalter sind solche Wetterformeln als "Bauernregeln" in leicht merkbarer Versform überliefert. Systematisiert, gesammelt und erforscht wurden sie aber erst in der Neuzeit.

Der Anfang der systematischen Wetterbeobachtung

Aristoteles verfasste im 4. Jahrhundert vor Christus die Abhandlung "Meteorologica", in der er atmosphärische Erscheinungen beschrieb. Seit der Neuzeit konnte die moderne Naturwissenschaft mit ihren neuen Beobachtungsmethoden und Systematisierungsmöglichkeiten daran anknüpfen – langsam entwickelte sich die Meteorologie.

Das Thermometer gibt es seit Ende des 16. Jahrhunderts. Im 17. Jahrhundert entwickelten italienische Ingenieure das Barometer, mit dem sich der Luftdruck messen lässt.

Das erste moderne Hygrometer zur Messung der Luftfeuchtigkeit wurde Ende des 18. Jahrhunderts in Frankreich vorgeführt: Es funktionierte mit einem Frauenhaar und nutzte die Tatsache aus, dass sich Menschenhaar – wie Tierfell – bei steigender Luftfeuchtigkeit ausdehnt. Mit solchen Haaren funktionieren auch Wetterhäuschen, die bis heute in vielen Wohnstuben stehen.

Historischer Holzthermometer

Das Thermometer gibt es seit dem 16. Jahrhundert

Die moderne Wettervorhersage verlässt den Erdboden

Die Erfindung des Telegrafen in der Mitte des 19. Jahrhunderts ermöglichte zum ersten Mal einen schnellen Austausch von Wetterdaten, die an verschiedenen Orten gesammelt wurden. Selbst von Schiffen aus, also auf dem offenen Meer, konnten nun solche Daten erfasst werden.

Neben der Messung von Temperatur, Luftdruck und Luftfeuchtigkeit werteten Forscher nun systematisch Windrichtung und -geschwindigkeit, den Grad der Bewölkung, Wolkenhöhe, Sichtweite sowie Menge und Beschaffenheit des Niederschlags aus.

Im 20. Jahrhundert verließ die Wetterbeobachtung den Erdboden: Spezielle Bojen nehmen inzwischen Daten überall in den Ozeanen auf, Wettersonden an Ballons oder Flugzeugen sammeln Messwerte in großer Höhe, Satelliten schießen vom Weltraum aus Fotos von Wolken- und Windsystemen und Radarstationen zeigen an, wo Niederschläge aus den Wolken fallen.

Computer erleichtern den Meteorologen eine Interpretation dieser Daten. Das Internet hat deren Austausch noch einmal beschleunigt. Fast eine Woche im Voraus kann die moderne Meteorologie heute angeben, wie an verschiedenen Punkten auf der Erde das Wetter wird, mit einer Prognosegenauigkeit um die 90 Prozent.

Sonne und Wetterfaktoren

Motor des Wettergeschehens ist die Sonne: Sie lässt Wasser verdunsten und reguliert so den Feuchtigkeitsgehalt der Luft. Sie erwärmt die Ozeane und Kontinente und lässt dadurch gewaltige Luftmassen aufsteigen. Gebiete mit hohem und niedrigem Luftdruck entstehen und Winde, die den Druckunterschied in diesen Systemen ausgleichen.

Bestimmt wird unser Wetter von der Temperatur, dem Luftdruck, der Luftfeuchte und der jeweiligen Beschaffenheit der Erdoberfläche. Wie dieses Zusammenspiel funktioniert, hat uns erst die moderne Meteorologie mit ihren physikalischen und chemischen Grundlagen gelehrt.

Für langfristige Aussagen, also Prognosen für das Klima und seine Entwicklung (als Klima gilt über einen langen Zeitraum gemitteltes Wetter – meist etwa 30 Jahre) fehlt es immer noch an Daten und noch genaueren Erkenntnissen über die komplexen Zusammenhänge in der Erdatmosphäre.

Klar ist, dass die Topografie der Erde ebenso zum Wettergeschehen beiträgt wie die Ozeane – zum Beispiel in den Gebirgen, die die feuchten Luftmassen zum Ausweichen nach oben zwingen und diese kondensieren. In den Ozeanen entstehen durch die unterschiedlichen Temperaturen und Dichteunterschiede des von der Sonne erwärmten Wassers gigantische Strömungssysteme. Wegen des Golfstroms etwa ist es in Nordeuropa bis zu zehn Grad wärmer als normalerweise in diesen Breitengraden.

Eine von der Internationalen Astronomischen Union (IAU) herausgegebene künstlerische Darstellung zeigt unser Sonnensystem mit der Sonne (l.) und den Planeten (nicht in korrektem relativen Abstand wiedergegeben): Merkur, Venus, Erde, Mars, den Asteroiden Ceres, und die Planeten Jupiter, Saturn, Uranus, Neptun und Pluto, dessen Mond Charon und 2003 UB313 (v.l.), ein Objekt des Kuiperguertels, das nur unwesentlich größer ist als Pluto und von der NASA und vielen Medien bereits als 'Zehnter Planet' bezeichnet wurde.

Die riesige Sonne ist der Motor des Wettergeschehens

Wolken als Wetterzeichen

Für den Laien, der in den Himmel schaut, ist "Wetter" meistens gleichbedeutend mit der Bewölkung beziehungsweise mit dem möglichen Niederschlag, der aus den Wolken fällt.

Die Wissenschaft ordnet Wolken in zehn verschiedene Gattungen ein, die in drei verschiedenen Höhenlagen vorkommen: Man unterscheidet hohe Wolken (fünf bis 13 Kilometer Höhe, zum Beispiel Cirruswolken), mittelhohe (zwei bis sieben Kilometer Höhe, zum Beispiel Altocumuluswolken) und tiefe Wolken (unter zwei Kilometern Höhe, zum Beispiel Stratuswolken).

Daneben gibt es auch Wolkenarten, die sich über alle Höhenlagen erstrecken. Die bekannteste und imposanteste davon ist die Cumulonimbuswolke: Wenn sie sich am Himmel aufbaut, dann weiß auch der Wetterunkundige, dass ein schweres Unwetter auf ihn zukommt. Mehr als zehn Kilometer Höhe sind bei Cumulonimbuswolken in unseren Breiten nicht ungewöhnlich.

Geübte Wolkengucker können aber auch aus dem Anblick von hohen Cirruswolken auf das Auftauchen einer Warmfront mit Regen schließen oder aus den mittelhohen, wellenförmigen Altocumuluswolken beständiges Wetter vorhersagen.

Wer diese Kunst nicht beherrscht, der kann immer noch, auf dem Rücken im warmen Gras liegend, die bizarren Formen der Schönwetterwolken mit den Augen abtasten.

Altocumuluswolken über Landschaft

Altocumuluswolken kündigen beständiges Wetter an

Quelle: SWR | Stand: 19.03.2020, 17:15 Uhr

Darstellung: