Hermann Löns, Schriftsteller (Todestag 26.09.1914) WDR ZeitZeichen 26.09.2014 14:31 Min. Verfügbar bis 23.09.2054 WDR 5


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Heidelandschaften in Europa

Hermann Löns und Arno Schmidt – Zwei Künstler in der Lüneburger Heide

Der Name des Dichters Hermann Löns ist untrennbar mit der Lüneburger Heide verbunden – auch dank seiner Hymne "Auf der Lüneburger Heide". Weniger bekannt ist dagegen der Schriftsteller Arno Schmidt, der lange in der Südheide lebte und hier sein Werk "Zettel's Traum" schrieb.

Von Sandra Kampmann

Der elegante Schreiber: Hermann Löns

Eigentlich ist Hermann Löns gar kein Kind der Lüneburger Heide. Geboren wurde der berühmte Heidedichter als eines von 14 Kindern in Westpreußen.

Schon zu Schulzeiten erwachte sein Interesse für die Natur. Er verbrachte ungezählte Stunden mit der Beobachtung von Vögeln und unternahm schon als Jugendlicher lange Streifzüge durch Feld und Wald.

Erst im Alter von 18 Jahren zog Löns mit seiner Großfamilie nach Münster in Westfalen. Dort schaffte er mit Mühe und Not das Abitur, versuchte sich an der Universität in Medizin und Naturwissenschaften, scheiterte und schlug sich fortan als Journalist bei mehreren Zeitungen durch.

In Hannover machte er nicht nur als Mitbegründer der "Hannoverschen Allgemeinen Zeitung" von sich reden, sondern auch durch seine ungewöhnliche äußere Erscheinung: Helle Anzüge und Hüte waren sein Markenzeichen. Schon bald schätzten die Hannoveraner seine Zeitungsglossen und Geschichten. Doch der Journalismus diente nur dem Broterwerb, seine Leidenschaft war die Schriftstellerei.

Schwarzweiß-Aufnahme des Heidedichters Hermann Löns

Immer elegant gekleidet: Hermann Löns

Hermann Löns entdeckt die Heide

In dieser Zeit, ungefähr um 1893, entdeckte Löns die Lüneburger Heide für sich. Inspiriert von der Schönheit dieser über 5000 Jahre alten Kulturlandschaft, begann er Lieder, Gedichte, Geschichten und Naturbeobachtungen zu schreiben.

Bald widmete er sich ganz der Schriftstellerei und zog sich oft tagelang in seine Jagdhütte bei Walsrode zurück. Löns liebte die Einsamkeit in der Heide. Dort konnte er neue Kräfte sammeln und schrieb seine Bücher oft in kürzester Zeit – wie im Rausch.

Zu seinen bekanntesten Werken zählt sicherlich die Tiergeschichte vom Hasen Mümmelmann. Sie besticht, wie einige andere seiner Naturschilderungen, durch eine exakte und realistische Beobachtung der heimischen Tierwelt.

Löns nahm sich in seinen Werken aber nicht nur der Natur, sondern auch der Geschichte an. 1910 schrieb er den Roman "Der Wehrwolf", eine Geschichte über das harte Schicksal der Heidebauern (Heidjer) während des Dreißigjährigen Krieges.

Industrialisierung gegen Natur

Mit seinen einfachen Volksliedern und Geschichten über Natur und Heidjer-Heldentum traf Löns den Nerv der Zeit. Seine Generation war in die aufstrebende Industrialisierung hineingeboren worden. Verstädterung, Technisierung und rasanter Fortschritt prägten das Leben der Menschen an der Schwelle zum 20. Jahrhundert. Kein Wunder, dass es viele Gegenbewegungen gab, die sich wieder auf die Ursprünge, auf die Natur zurückzogen.

Besonders stark machte sich der Einfluss seiner Lieder in der Wandervogelbewegung deutlich, einer Jugendbewegung, die einen naturnahen Lebensstil verfolgte.

Aber Hermann Löns war auch selbst aktiv. Er gehörte zu den begeisterten Unterstützern des 1909 gegründeten "Verein Naturschutzpark" in der Lüneburger Heide. Sein Anliegen war es, die einmalige Landschaft der Heide für den erholungsbedürftigen Menschen im Zeitalter der Industrialisierung zu schützen und zu bewahren.

Als 1914 der Erste Weltkrieg ausbrach, zog Hermann Löns wie viele andere Männer freiwillig in den Krieg. Doch seine Soldatenzeit an der Front währte nur kurz: Bereits im September des gleichen Jahres fiel Löns an der Westfront. Jahre später wurde sein literarisches Erbe von den Nationalsozialisten wieder aufgegriffen und für ihre Zwecke benutzt.

Die Meinungen über Hermann Löns sind daher bis heute geteilt. Einige sehen in seinem Gedankengut Tendenzen der späteren NS-Ideologie, andere wiederum verehren ihn bis heute. In der Lüneburger Heide ist er jedenfalls ein Mythos, den die Menschen vor allem wegen seiner eingängigen Volkslieder und Naturbeschreibungen schätzen.

Dieses Bild zeigt eine Großaufnahme vom Hermann-Löns-Gedenkstein: ein großer Findling mit dem eingravierten Namen und den Lebensdaten des Dichters. Der Stein steht idyllisch vor Bäumen.

Gedenkstein Hermann Löns

Der Eigenwillige aus der Heide: Arno Schmidt

Weniger bekannt als Löns ist der Schriftsteller Arno Schmidt. Er gilt als einer der eigenwilligsten Schriftsteller der Nachkriegsgeschichte. Genau wie Löns stammte auch Arno Schmidt nicht aus der Lüneburger Heide. 1914 in Hamburg geboren, zog Schmidt erst 1958 mit seiner Ehefrau Alice in den kleinen Ort Bargfeld bei Celle in der Südheide.

Bei ihrer ersten Besichtigung des neuen Domizils notierte der Schriftsteller: "In dieser Richtung kann man 50 km gehen, ohne irgend ein Haus zu erblicken! Heideflecken mit Wacholder eingesprengt.(…) Im Winter kommen Rehe, Hasen, Füchse bis vors Haus."

Die Eindrücke, die Schmidt in der Landschaft der Lüneburger Heide gewann, erwiesen sich für seine Arbeit als äußerst wertvoll. Einige seiner Geschichten spielen in einem ländlichen Ort, der Bargfeld sehr ähnlich ist.

 Profilbild in Schwarzweiß von Arno Schmidt

Arno Schmidt, deutscher Schriftsteller

Das "dickste Buch der Bundesrepublik"

Nach sechsjähriger Arbeit beendete Arno Schmidt 1970 sein gewaltigstes Werk: "Zettel’s Traum". Mit einem Umfang von mehr als 1334 Seiten, dreispaltig getippt und mit Randbemerkungen und Zeichnungen versehen, sprengte dieses Werk die Möglichkeiten der damaligen Drucktechnik.

Die Folge: Das Werk wurde als Faksimile (originalgetreue Kopie) veröffentlicht. Und was noch erstaunlicher war: Die 2000 handsignierten Exemplare des Mammutwerkes waren bereits drei Monate später ausverkauft!

Begeistert pilgerten Reporter und Literaturbegeisterte zu Schmidts Haus in der Heide. Doch der wollte nur seine Ruhe und zog sich immer mehr zurück. Jahrelanger Schlafmangel, hoher Konsum von Kaffee und Alkohol sowie ein striktes Arbeitspensum hatten ihre Spuren hinterlassen.

Als er 1973 den angesehenen und hochdotierten Goethepreis in Frankfurt am Main bekam, konnte er die Ehrung nicht selbst entgegennehmen. Sechs Jahre später starb Arno Schmidt nach einem schweren Schlaganfall.

Blühende Heidelandschaft

Arno Schmidt liebte die einsame Heidelandschaft

(Erstveröffentlichung: 2009. Letzte Aktualisierung: 25.07.2018)

Quelle: WDR

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