Nationalparks in Deutschland

Landschaften

Naturlandschaften

Deutschland besteht aus Kulturlandschaften. Reine Naturlandschaften wie Urwälder, wo die Natur sich ungestört entfalten kann, sind bei uns weitgehend verschwunden. Doch Naturschützer arbeiten daran, dass sich das wieder ändert.

Von Helmut Brasse

Die Natur sich selbst überlassen

Als Sukzession bezeichnet man jenen Vorgang, der eintritt, wenn man Landschaften sich selbst überlässt. Das Land in unseren Breiten hat die Eigenschaft zu verwalden. Der Ablauf der Sukzession ist immer wieder gleich, wenn auch die Art der beteiligten Pflanzen variieren kann.

Auf einem stillgelegten Acker siedeln sich erst Moose und Flechten an, danach Gräser und Kräuter. Nach und nach folgen immer höhere Pflanzen, bis schließlich ein Wald entsteht. Und mit den Pflanzen kehrt auch Schritt für Schritt die Tierwelt zurück.

Nationalpark Bayerischer Wald mit umgestürzten Bäumen und einem Bachlauf.

Urwald im Nationalpark Bayerischer Wald

Unsere Urlandschaft

Noch vor 2000 Jahren war fast ganz Europa ein Urwald. Mit Beginn unserer Zeitrechnung breiteten sich die Menschen immer weiter aus. Sie rodeten Wälder, um auf den gewonnenen Flächen zu siedeln und Landwirtschaft zu betreiben.

Der ursprüngliche deutsche Wald bestand überwiegend aus Laubbäumen. Deren Holz diente als Baustoff und wurde mit Beginn der Industrialisierung zur begehrten Energiequelle.

Im 19. Jahrhundert schließlich waren die Wälder so weit geplündert, dass der Mensch Wälder neu anlegen musste. Dabei wurden schnellwachsende Nadelhölzer wie Kiefer und Fichte bevorzugt, die noch heute unsere Wälder prägen.

Dichter Nadelwald

Nadelwälder – Ersatz für abgeholzte Laubwälder

Letzte Urwälder Europas

In Deutschland gibt es nur noch wenige Wälder, die den Namen Urwald verdienen. Teile des Nationalparks Bayerischer Wald an der Grenze zu Tschechien und einige Waldstücke in den Schluchten der Sächsischen Schweiz gehören dazu. Hier hat sich der Mensch seit Jahrzehnten bewusst zurückgezogen. Der Wald ist sich selbst überlassen.

Der letzte richtige Urwald Europas befindet sich in Polen an der Grenze zu Weißrussland. "Puszcza Bialowieza" ist der Name dieses Gebietes. Touristen dürfen nur bestimmte Bereiche betreten und diese auch nur in Begleitung amtlicher Führer. Der Bialowieza-Urwald wurde niemals von Menschen verändert. Entsprechend wild sieht er aus.

Zudem bietet er einen Lebensraum für zahlreiche Tier- und Pflanzenarten, die sonst in Europa kaum noch zu finden sind – wie zum Beispiel das Wisent. Es war in den 1920ern schon fast ausgestorben, bis 1952 eine freilebende Wisentherde im Bialowieza-Nationalpark ausgewildert wurde.

Zurück zur Naturlandschaft

Bislang wurden für bedrohte Tiere und Pflanzen Reservate geschaffen, in denen sich ihre Bestände vom Menschen kontrolliert erholen konnten. Nun aber geht man häufiger dazu über, der Natur zurückzugeben, was man ihr einst nahm. Sowohl Kleinflächen als auch ganze Landschaften werden wieder völlig der Natur überlassen – ohne jegliche Eingriffe des Menschen. Dieser Vorgang wird als "natürliche Sukzession" bezeichnet.

Erstaunlicherweise werden solche Projekte zum Beispiel entlang von Autobahnen durchgeführt. Und man kann beobachten, dass sich dort von allein seltene Pflanzen und Tierarten ansiedeln, die sonst in unserer kontrollierten Kulturlandschaft keinen Lebensraum mehr finden.

Projekte dieser Art sorgen dafür, dass in unserer Natur wieder Landschaften entstehen, die wirklich den Namen "Naturlandschaft" verdienen.

Bau einer Autobahn in einem hügeligen Gelände bei Dresden.

Ungewöhnlicher Lebensraum für bedrohte Pflanzen

(Erstveröffentlichung: 2007. Letzte Aktualisierung: 12.06.2019)

Quelle: WDR

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