Farne im Regenwald in Neuseeland

Landpflanzen

Farne

Sie mögen es schattig und feucht, wachsen in Wäldern, an Bachläufen oder in Gärten und Wohnzimmern, wo sie wegen ihrer langen Blattwedel als Zierpflanzen beliebt sind. Gemessen an ihrer Bedeutung von einst, fristen die Farne heute ein unscheinbares Dasein.

Von Claudia Füßler

Vom Boden abheben

Rund 12.000 Farnarten gibt es auf der Erde, die meisten davon in den Tropen. In Mitteleuropa sind etwa 100 Arten beheimatet. Es gab jedoch weit mehr Arten. Die Farne haben einst die Welt verändert – oder zumindest erheblich dazu beigetragen.

Das klingt übertrieben? Wer das denkt, kennt nicht die spektakuläre Geschichte dieser Pflanzen. Die Farne wandelten einst im Karbon, also vor etwa 360 bis 300 Millionen Jahren, gemeinsam mit den riesigen Vorfahren der heutigen Bärlappgewächse den Kohlenstoff in der Atmosphäre in Sauerstoff um – und veränderten so das Klima auf dem Planeten. Die Temperaturen auf der Erde sanken.

Kohlenstoffdioxid

Das Kohlenstoffdioxid ist ein Treibhausgas. Es absorbiert die Infrarotstrahlung, die der Boden abgibt, und speichert die Energie als Wärme. Die Folge: Die Atmosphäre heizt auf. Pflanzen wandeln Kohlenstoffdioxid durch Photosynthese in Sauerstoff um – und wirken so dem Treibhauseffekt entgegen.

Vor etwa 400 Millionen Jahren waren die Farne mit den Bärlappgewächsen die ersten Pflanzen auf dem Festland, die hoch wuchsen und zudem über Gefäße verfügten.

Anders als die älteren Moose verfügen Farne über ein Leitungssystem, durch das sie Wasser und Nährstoffe transportieren können. Das ermöglicht es ihnen, Wasser nach oben zu leiten und der Schwerkraft zu trotzen. Die Farne konnten daher vom Boden abheben und die Höhe wachsen.

Farnabdruck im Stein und lebender Farn

Fossil: Abdruck eines Farns auf einem Stein aus dem Karbon

Kampf ums Sonnenlicht

Die Größe ist ein Wettbewerbsvorteil: Je höher eine Pflanze wächst, desto mehr Sonnenlicht kann sie einfangen, das sie für die Photosynthese braucht. So entstanden aus den Farnen und ihren Verwandten die ersten baumähnlichen Pflanzen und vor 385 Millionen Jahren die ersten Wälder.

Die Farne wuchsen damals bis zu 30 Meter hoch und dominierten oft die riesigen Sumpfwälder der Karbonzeit. Zum Vergleich: Heute erreicht die größte in Deutschland verbreitete Farnart, der Adlerfarn, bloß eine Höhe von zwei Meter. Baumförmige Farnarten sind in unseren Breiten gar nicht mehr beheimatet, sie gibt es nur noch in den Tropen.  

Ein weiterer Wettbewerbsvorteil der Farne: die Blätter. Sie sind die wichtigsten Photosyntheseorgane – eine Art Solaranlage der Pflanzen. Wissenschaftler vermuten, dass die ersten Farne ihre Blätter aus den Spitzen der Sprossachsen gebildet haben. Wie die Farnblätter genau entstanden sind, wissen die Forscher aber nicht. Sie untersuchen daher das Erbgut der Pflanzen und erhoffen sich daraus neue Erkenntnisse.

Blätter des Adlerfarns

Größte Farnart in Deutschland: der Adlerfarn

Gefäße und Blätter machen die Farne leistungsfähig

Die Blätter der Farne weisen zwei Besonderheiten auf, die sie von anderen Blättern unterscheiden: Zum einen befinden sich auf der Blattunterseite Sporen, die der Fortpflanzung dienen. Die Farne besitzen keinen Samen – und zählen wie die Moose zu den Sporenpflanzen.

Zum anderen entrollen sich die Farnblätter, wenn die Pflanze wächst. Das kann man im Frühjahr gut beobachten. Vor allem die Blätter und Gefäße haben die Photosyntheseleistung der Farne gegenüber anderen Pflanzen wie den Moosen verbessert.

Photosynthese

Die Photosynthese ist ein biochemischer Vorgang. Die Pflanze nutzt die Lichtenergie, um Kohlenstoff (CO2) und Wasser (H2O) unter Abgabe von Sauerstoff (O2) zu Einfacherzucker (C6H12O6) oder Mehrfachzucker umzuwandeln.

Mit der Ausbreitung riesiger Sumpfwälder im Karbon entzogen die Farne und andere Pflanzen der Luft so immer mehr Kohlendioxid. Der Kohlenstoffdioxidgehalt sank daher im Karbon, nehmen Wissenschaftler an.

Zwei Farnblätter, die noch wachsen und sich noch nicht entrollt haben

Noch zusammengerollt: ein junges Farnblatt

Farne: Überreste aus einer anderen Zeit

Die Folge: Die Erde kühlte ab. Am Ende des Karbons sollen sich daher auch Gletscher massiv ausgebreitet haben. Welche gewaltigen Mengen an Kohlendioxid die Pflanzen damals in organischen Materialien gebunden haben, zeigen die heutigen Steinkohlevorkommen.

Sechs Milliarden Tonnen davon werden jedes Jahr der Erde entrissen. Der Mensch verheizt die fossilen Brennstoffe, um Energie zu gewinnen – und setzt damit wieder das Kohlendioxid frei, das vor vielen Millionen Jahren in den Steinkohlewäldern gespeichert worden ist.

Farn groß im Vordergrund, Bäume im Hintergrund

Ein Exot im Wald: der Farn

Die Farne, da sind sich Wissenschaftler einig, spielten bei dieser Speicherung von Kohlendioxid eine wesentliche Rolle. Heute können die wenigen verbliebenen Nachkommen dieser pflanzlichen Klimaveränderer allerdings kaum noch etwas ausrichten.

Gegen Ende des Karbons, vor etwa 270 Millionen Jahren, starben die meisten baumförmigen Farne, Bärlappe und Schachtelhalme aus. Die Farne sind heute eher Exoten in unseren Wäldern, Überreste aus einer anderen Zeit. Als globales Kühlaggregat nützen sie nicht mehr: Die Farne sind zu klein und es gibt zu wenige von ihnen.

(Erstveröffentlichung: 2016. Letzte Aktualisierung: 01.08.2019)

Quelle: WDR

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