Wissenschaftler spritzt Maiskolben.

Gentechnik

Grüne Gentechnik

Die Grüne Gentechnik ist in Deutschland umstritten. Die einen sehen in ihr eine große Chance. Für die anderen greift Gentechnik in die Ernährung ein, ohne dass der Verbraucher sich dagegen wehren kann.

Von Monika Sax

Die Farbenlehre der Gentechnik

Grün, Rot, Weiß – mit diesen Farben kann man sich in der Gentechnik-Welt orientieren. Die Rote Gentechnik hat ihren Namen von der Farbe des Blutes. Ihr Einsatzfeld ist die Medizin. Mit ihrer Hilfe entwickeln Biotechnologen neue diagnostische Verfahren, um Krankheiten und Gendefekte frühzeitig zu erkennen.

Heilen möchte man auch mithilfe der Gentherapie: Man entnimmt dem Patienten Zellen, diese werden vermehrt, gentechnisch verändert und wieder eingesetzt. Damit sollen beispielsweise schwere Immundefekte geheilt werden.

In der Regenerationsmedizin sollen Knorpel, Knochen, Haut oder ganze Organe mit gentechnischer Hilfe neu gezüchtet werden, um damit krankes Gewebe zu heilen.

Ein weiterer Bereich der roten Gentechnik ist die Herstellung von Arzneimitteln. Diese begann bereits 1982 mit der Herstellung genetisch veränderten Humaninsulins.

Menschliche Chromosomen (Elektronenmikroskop-Aufnahme)

Menschliche Chromosomen unter dem Mikroskop

Bei der Weißen Gentechnik stehen Enzyme, Zellen und Mikroorganismen im Mittelpunkt. Diese werden gentechnisch optimiert, sodass sie hoch spezialisiert sind und hohe Erträge der gewünschten Produkte herstellen können. Beispiele sind die Herstellung von Bioethanol, Hormonen oder Waschmitteln.

Die Grüne Gentechnik wird in der Landwirtschaft und im Lebensmittelbereich angewendet. Biochemiker züchten neue Pflanzenarten, die besonders resistent gegen Schädlinge oder Pestizide sind.

Dies ist der umstrittenste Bereich der Gentechnik. In einer Forsa-Umfrage im Auftrag des Verbraucherzentrale Bundesverbands aus dem Jahr 2015 sind 70 Prozent der Deutschen gegen gentechnisch veränderte Lebensmittel, 84 Prozent lehnen auch die Verfütterung von gentechnisch manipulierten Pflanzen an Nutztiere ab.

Taxi-Bakterien, gesprengte Zellwände, Genkanonen und Antibiotika

Wie kommen eigentlich fremde Gene in Pflanzen? Wie funktioniert die gentechnische Veränderung? Es gibt drei Varianten. Bei der Standardlösung nimmt man eine Art "Taxi", meist ein Virus oder ein Bakterium.

Dieses stattet man mit dem neuen Gen aus und infiziert die Pflanze damit. Wenn es in die Pflanze eindringt, hat es das neue Gen gleich dabei. Nehmen Teile der Pflanze das neue Gen auf, werden diese im Reagenzglas wieder zu vollständigen Pflanzen herangezogen.

Bei der zweiten Variante werden zuerst die dicken Zellwände abgebaut, die vor einer Übertragung fremder Gene schützen. Es bleibt ein Bestandteil der Zellen, die Protoplasten.

Nun gibt man das neue Gen in einer Flüssigkeit zu den Protoplasten, damit es von diesen aufgenommen werden kann. Die Schwierigkeit bei dieser Möglichkeit besteht darin, aus den aufgelösten Zellen wieder ganze Pflanzen mit festen Zellen zu züchten.

Die dritte Möglichkeit bietet eine sogenannte "Genkanone". Das einzuschleusende Gen wird an mikroskopisch kleine Goldkügelchen geheftet. Diese werden dann mit einer Geschwindigkeit von mehr als 1300 Metern pro Sekunde direkt in die Pflanzenzellen geschossen.

Die Partikel sind so klein, dass Zelle und Zellwand nicht beschädigt werden. Dieses Verfahren ist immer auch ein Glücksspiel, denn häufig werden die eingeschleusten Gene nicht aktiv oder man trifft nur Teile des anvisierten Gewebes.

Kartoffelpflanzenkeimlinge in Petrischalen.

Gentechnisch veränderte Kartoffelpflanzenkeimlinge

Nicht jede Zelle nimmt die Gene auf. Daher infizieren Wissenschaftler die Zellen nicht nur mit dem Gen, das eingeschleust werden soll, sondern zusätzlich mit Antibiotika-resistenten Genen, sogenannten Marker-Genen. Zu dem Zellhaufen geben sie Antibiotika hinzu, damit nur die neuen Zellen mit den gewünschten Eigenschaften weiterwachsen.

Inzwischen sind diese Antibiotika-Resistenz-Gene in die Kritik geraten, da zu viele Bakterien gegen Antibiotika resistent sind und man befürchtet, dies mit den Marker-Genen zu unterstützen.

Der Mais ist heiß

Bekanntestes und häufig diskutiertes Beispiel für eine gentechnisch veränderte Pflanze (GVP) in Deutschland ist der "Bt-Mais MON 810". Diese Maissorte produziert dank des eingeschleusten Bacillus thuringiensis (Bt) ein Gift gegen den Maiszünsler.

Dieser Schmetterling ist der bedeutendste Maisschädling. Doch das Gift tötet nicht nur den Maiszünsler, sondern schädigt auch sogenannte Nicht-Zielinsekten, wie beispielsweise den Schwalbenschwanz, ebenfalls ein Schmetterling.

Außerdem fliegen die Mais-Pollen mehr als zwei Kilometer weit und verbreiten die veränderten Maisgene auf angrenzenden Feldern von Bauern, die Gentechnik nicht verwenden wollen. "Bt-Mais MON 810" war die einzige gentechnisch veränderte Maissorte, die kommerziell in Deutschland angebaut werden durfte. Im April 2009 wurde auch dies verboten.

Maiskolben mit dem Schädling Maiszünsler.

MON 810 produziert ein Gift gegen den Maiszünsler

Weltmarkt Grüne Gentechnik

Ein Blick über den Tellerrand zeigt, dass sich viel Geld mit veränderten Genen verdienen lässt. An der Spitze dieses Marktes steht der zu Bayer gehörende US-Konzern Monsanto. Dieses Unternehmen liefert 90 Prozent des weltweit verkauften gentechnisch veränderten Saatguts.

Die Strategie ist einfach: Monsanto hat sein Saatgut für Mais, Weizen, Reis, Soja und viele andere Pflanzen gentechnisch so verändert, dass es eine Giftdusche mit dem Glyphosat-Pestizid "Roundup" überlebt.

Dieses wird natürlich auch von Monsanto hergestellt. Perfekte Werbung überzeugt viele Bauern, dass sie insgesamt weniger Pestizide einsetzen müssen, wenn sie das Monsanto-Paket "Saatgut plus Pestizid" kaufen. Haben sie erst einmal zugestimmt, wird den Landwirten vertraglich verboten, die eigene Ernte als Saatgut zu verwenden.

Und da Roundup so aggressiv ist, dass auf den damit behandelten Feldern auf Jahre hinweg keine andere Pflanze mehr wächst, müssen sie immer wieder das Saatgut von Monsanto nachkaufen.

Doch auch die Unkräuter werden nach einer gewissen Zeit resistent gegenüber Roundup. Daher sind nach anfänglich guten Jahren auch wieder zusätzliche Pestizide notwendig – Ersparnisse oder sogar höhere Erträge für die Landwirte gibt es kaum. Doch die Abhängigkeit bleibt.

Die Trägerin des Alternativen Nobelpreises, Vandana Shiva, meint zu der Wirtschaftsweise von Monsanto: "Der Konzern weiß, wenn er das Saatgut kontrolliert, kontrolliert er die Ernährung; das ist seine Strategie. Diese Strategie ist wirksamer als Bomben, wirksamer als Waffen – sie ist das beste Mittel, um die Völker der Welt zu kontrollieren."

(Erstveröffentlichung 2009. Letzte Aktualisierung 23.09.2019)

Quelle: WDR

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