Ritterwanze

Insekten und Spinnentiere

Wanzen

Weltweit gibt es mehr als 40.000 bekannte Wanzenarten und vermutlich noch mindestens weitere 20.000 unbekannte. Etwa 900 von ihnen sind auch in Deutschland heimisch.

Von Claudia Heissenberg

Weit verzweigte Familie

"Bettwanzen sind nur eine Art, es gibt auch andre, hübsch und zart, die sich ernähren nur von Pflanzen, statt sich an Menschen anzuwanzen", dichtete Eugen Roth in seinem "Tierleben für jung und alt".

Wanzen tragen so hübsche Namen wie Nesselwicht, Helle Krummnase, Gemeiner Hüpferling oder Schwieliger Dickwanst; sie leben auf Sträuchern und Bäumen, auf Wiesen, in Wäldern, Mooren und Wüsten.

Keine Insektenfamilie hat so viele Lebensräume erobert wie Wanzen. Eine von ihnen lebt zum Beispiel in Spinnennetzen, wo sie den Spinnen die Nahrung klaut. Und auch der Teichläufer gehört zur Familie, die der Wissenschaftler "Heteroptera" oder "Verschiedenflügler" nennt.

Denn ihre Flügel sind oben ledrig und hart wie bei einem Käfer, darunter aber durchscheinend und fein wie bei einer Biene. Manche von ihnen sind wahre Schönheiten, wie die weiße Platanen-Gitterwanze, die sich unter losen Rindenstücken versteckt und aussieht wie ein winziges Stück Brüsseler Spitze.

Oder die Art "Stephanidis Takejei", die gern an Lavendelheide sitzt und mit ihren sechseckigen Fensterchen auf den Flügeln an eine Tiffany-Lampe erinnert.

Klein, aber oho

Es gibt Baumwanzen, Blind-, Erd- und Schildwanzen, Gespenster- und Springwanzen. Die Wasserwanzen, zu denen unter anderem die Schwimm- und Ruderwanzen und die Rückenschwimmer zählen, tummeln sich in Tümpeln, Teichen und Seen.

Eine Wasserwanzen-Art kann man an lauen Sommerabenden sogar hören. Mikronecta, auch unter dem Namen Wasserzikade bekannt und gerade mal zwei Millimeter groß, singt unter Wasser, um Weibchen anzulocken. Das winzige Insekt soll dabei Töne von 100 Dezibel erzeugen und ist damit in Relation zu seiner Größe das lauteste Tier der Welt.

Und dann gibt es noch die Meerwasserläufer der Gattung Halobates, die knapp 50 Arten umfasst. Sie leben vor allen in warmen Gewässern in Küstenähe rund um den Äquator.

Fünf Vertreter dieser Familie treiben sogar ihr ganzes Leben weit draußen auf hoher See. Sie ernähren sich dort von Fischeiern und winzigen Meerestieren, die sie mit ihren kurzen Vorderbeinen fangen und festhalten.

Die langen Mittel- und Hinterbeine rudern und steuern. Ihre Eier legen die Halobates-Weibchen auf Treibholz, Vogelfedern oder Algen ab. Wie sie in den Weiten des Ozeans ein Männchen finden, ist allerdings bis heute ein Rätsel.

Wanze

Winzig klein, aber extrem laut: die Ruderwanze

Pflanzen- und Fleischfresser

Wie ihre Verwandten, die Zikaden und Blattläuse, zählen Wanzen zur Ordnung der Schnabelkerfen. Der seltsame Name beschreibt ihre Gemeinsamkeit – die schnabelartigen, stechend-saugenden Mundwerkzeuge. Es handelt sich dabei um einen Saugrüssel, der aus zwei dünnen Röhrchen besteht.

Durch das eine pumpt die Wanze Verdauungssaft in die Nahrung, der diese zersetzt. Mit dem anderen Röhrchen saugt sie den Nahrungsbrei auf und kann dabei in wenigen Minuten ihr Körpergewicht verdoppeln.

Etwa die Hälfte der Wanzen sind Vegetarier und saugen an Pflanzen, die andere Hälfte lebt räuberisch von Insekten und Larven. Tropische Wanzenarten, die bis zu zehn Zentimeter groß werden können, jagen sogar Frösche und Fische und saugen sie aus.

Teufelchen

Das Teufelchen gehört zu den Raubwanzen

Gestank als Waffe

Solche Riesenwanzen gelten in vielen Ländern der Welt als Delikatesse. "Stink Bugs", nicht zu verwechseln mit den heimischen Stinkwanzen, sollen zum Beispiel nach Apfel schmecken, erwachsene Wasserwanzen an frischen Fisch und getrocknet an Garnelen erinnern.

In Thailand zum Beispiel serviert man sie gerne gebraten mit Knoblauch. Wanzen werden aber nicht nur von Menschen, sondern auch von Vögeln, Mäusen, Libellen, Spinnen und sogar den eigenen Verwandten gefressen oder ausgesaugt.

Um sich vor Feinden zu schützen, wenden Wanzen verschiedene Taktiken an: Manche passen sich in Form und Farbe perfekt an ihre Umgebung an, so dass sie nur schwer zu entdecken sind; andere setzen Stechborsten zur Verteidigung ein.

Die meisten aber sondern bei Gefahr aus ihren Duftdrüsen eine übel riechende Flüssigkeit ab, damit dem Angreifer sofort der Appetit vergeht.

Manche beschießen ihre Feinde sogar ganz gezielt mit dünnen, scharfen Strahlen, die bis zu 20 Zentimeter weit reichen können. Davon getroffen, kann man seine Hände eine ganze Zeit lang ordentlich schrubben, bevor man den Gestank wieder loswird.

Doch längst nicht alle Wanzen verbreiten einen unangenehmen Gestank. Die Zimtwanze zum Beispiel verdankt ihren deutschen Namen dem Zimtgeruch, den ihr Sekret enthält, und die Graue Gartenwanze duftet nach Marzipan.

Eine grüne Stinkwanze auf einem Blatt

Die Stinkwanze ist auch in Deutschland heimisch

(Erstveröffentlichung 2014, letzte Aktualisierung 11.09.2018)

Quelle: SWR

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