Kalenderblatt eines Tischkalenders.

Ordnungssysteme

Kalender

Kalender sind unser täglicher Begleiter. In der Geschäftswelt gilt auf der ganzen Welt derselbe Kalender. Das war jedoch nicht immer so: Verschiedene Kulturen haben verschiedene Kalender hervorgebracht.

Von Beatrix von Kalben und Tobias Aufmkolk

Brücken zwischen Mensch und Kosmos

Das Wort Kalender leitet sich vom lateinischen Wort "calare" und dem griechischen "kalein" ab, das heißt ''ausrufen'', weil man in der Antike den Monatsbeginn öffentlich verkündete. Demnach bezeichnet das lateinische Wort "calendae" den ersten Tag des Monats.

Der französische Philosoph Voltaire (1694-1778) prägte unser Verständnis vom Kalender: Ein Schema, das längere Zeiträume ordnet, zum Beispiel indem es Tage zu Wochen, Monaten und Jahren zusammenfasst.

Verschiedene Kulturen haben diese Zeiträume jedoch unterschiedlich geordnet. Der Grund hierfür ist, dass es drei wesentliche kalendarische Größen gibt: den Tag (bestimmt durch die Erdrotation), den Monat (bestimmt durch den Mondumlauf um die Erde) und das Jahr (bestimmt durch den Erdumlauf um die Sonne).

Das aus 400.000 Kilometern Entfernung aufgenommene Bild zeigt die Distanz von Mond und Erde zueinander.

Der Mond ist eine wichtige Größe für Kalender

Diese drei Größen stehen in keinem einfachen mathematischen Zusammenhang und besitzen keinen gemeinsamen Teiler:

  • Ein mittlerer Sonnentag hat 24,0 Stunden. In diesem Zeitraum dreht sich die Erde einmal um die eigene Achse.
  • Ein synodischer Monat hat 29,5306 Tage und damit 708,7 Stunden. Als synodischen Monat bezeichnet man die Zeit, die vergeht, bis der Mond wieder die Phase des Ausgangspunktes erreicht, also zum Beispiel die Zeit, die von einem Vollmond bis zum nächsten vergeht.
  • Ein tropisches Jahr ist der Zeitraum, den die Sonne braucht, um von Frühlingspunkt zu Frühlingspunkt zu wandern. Das tropische Jahr hat 365,2422 Tage und damit 12,4 synodische Monate.

Alle drei Größen sind keine Konstanten. Sie sind vielmehr kurz- und langfristigen Veränderungen sowie periodischen Schwankungen unterworfen. So kam es, dass die Menschen im Laufe der Zeit verschiedene Kalender entwickelten.

Der islamische Kalender – ein Mondkalender

Der islamische Kalender ist im Gegensatz zu den anderen gebräuchlichen Kalendern ein reiner Mondkalender. Der neue Monat beginnt, wenn die Mondsichel nach Neumond wieder sichtbar wird. Dieses Phänomen wird auch Neulicht genannt.

Für Muslime besteht ein Mondjahr aus zwölf Monaten mit abwechselnd 29 oder 30 Tagen. So kommt das islamische Jahr insgesamt auf 354 Tage und acht Stunden. Alle zwei Jahre wird ein Schalttag hinzugefügt, um Unregelmäßigkeiten in der Stundenanzahl zu bereinigen.

Das Jahr bleibt also um zehn beziehungsweise elf Tage kürzer als das Sonnenjahr, an dem sich alle europäischen Staaten orientieren.

Aufgrund der Schalttage verschieben sich jedes Jahr die Feiertage. Der Fastenmonat Ramadan beginnt stets an einem anderen Datum.

Der gesamte Verschiebungszyklus dauert 36 Jahre. Das heißt, der Ramadan beginnt erst wieder in 36 Jahren an dem Tag, an dem er dieses Jahr begonnen hat.

Die Lotfollah-Moschee in Isfahan, Iran

Der islamische Kalender richtet sich nach dem Mond

Ursprünge des Mondkalenders

Der Ursprung des Mondkalenders liegt bei den Sumerern. Sie führten bereits im 3. Jahrtausend vor Christus feste Monatslängen von 29 und 30 Tagen ein, die später unter anderem von den Griechen übernommen wurden.

Nach Überlieferungen wurde der islamische Kalender im Jahre 638 eingeführt. Die Zeitrechnung beginnt mit dem 16. Juli 622, der Auswanderung des Propheten Mohammed aus Mekka.

Aus dem alltäglichen und wirtschaftlichen Leben ist der islamische Kalender heute weitgehend verdrängt worden. Als religiöser Kalender spielt er jedoch für alle Muslime nach wie vor eine herausragende Rolle.

Der jüdische Kalender – ein Mond-Sonnen-Kalender

Der jüdische Kalender ist ein "lunisolarer Kalender", das heißt, er versucht Mond- und Sonnenlauf in einem komplizierten System miteinander in Einklang zu bringen.

Der Ursprung des Kalenders liegt wahrscheinlich um 1000 vor Christus und wurde von den Juden im 6. Jahrhundert vor Christus aus dem babylonischen Exil mitgenommen.

Die Monate im jüdischen Kalender sind streng an den Mondphasen orientiert: Der erste Tag des Monats fällt stets in die Nähe des Neulichts, wenn der Mond als schmale Sichel erstmals wieder am Abendhimmel sichtbar wird.

Der 14. Tag des Monats fällt stets in die Nähe des Vollmonds, wenn der Mond in voller Pracht am nächtlichen Himmel zu sehen ist. Er steht dann an der Himmelskugel der Sonne genau gegenüber.

Die Länge der Monate wechselt zwischen 29 und 30 Tagen, meist regelmäßig, weil die Zeit zwischen zwei identischen Mondphasen etwa 29,5 Tage beträgt.

So kommt der jüdische Kalender bei zwölf Monaten auf insgesamt 354 Tage. Die Erde benötigt aber rund 365 Tage, um die Sonne einmal zu umrunden.

Das Foto zeigt die reich verzierten Kuppeln der Neuen Synagoge in Berlin.

Der jüdische Kalender ist im religiösen Leben wichtig

Das jüdische Jahr im Metonischen Zyklus

Das jüdische Jahr beginnt mit dem Monat Tischri, dessen erster Tag als Rosch-ha-Schana, "Haupt des Jahres", bezeichnet wird.

Da das Mondjahr aber rund 11 Tage kürzer ist als das Sonnenjahr, musste der Kalender so angepasst werden, dass Rosch-ha-Schana stets in die Nähe der herbstlichen Tagundnachtgleiche fällt.

Eine Verschiebung des Tages wie beim Fastenmonat Ramadan wollte man vermeiden.

Das Mondjahr wird aus diesem Grund nach einem speziellen Zählverfahren in einem 19-jährigen Zyklus ausgeglichen. Dieser Zyklus beruht auf einer numerischen Beziehung, dem sogenannten Metonischen Zyklus.

Der griechische Astronom Meton aus Athen führte diesen Zyklus um 450 vor Christus in die athenische Zeitrechnung ein, um die Ungenauigkeiten des übernommenen babylonischen Kalenders auszugleichen.

Durch astronomische Beobachtungen fand Meton heraus, dass 235 synodische Monate fast genau so lange dauern wie 19 tropische Jahre. Auf diese 235 synodischen Monate kommt man, indem man sieben Schaltmonate in 19 Jahren hinzufügt: 12 x 19 = 228 Monate plus sieben Schaltmonate.

Bis ins 10. Jahrhundert wurde der jüdische Kalender immer wieder verbessert, seitdem aber nicht mehr verändert. Zu diesem Zeitpunkt wurde auch die bis heute gültige Jahreszählung eingeführt. Sie beginnt mit dem Jahr 3761 vor Christus – dem Jahr, in dem nach jüdischem Glauben die Welt erschaffen wurde.

Der jüdische Kalender hat heute vor allem noch einen hohen religiösen Stellenwert. Im alltäglichen Leben wurde er größtenteils durch den weltweit gebräuchlichsten, den Gregorianischen Kalender, abgelöst.

Vater und Sohn betrachten einen Kometen

Astronomen berechneten den Kalender

Der christliche Kalender – ein Sonnen-Mond-Kalender

Der heute weltweit gebräuchlichste Kalender ist der christliche oder Gregorianische Kalender. Er hat seinen Ursprung im Julianischen Kalender, den der römische Kaiser Gaius Julius Caesar im Jahre 46 vor Christus einführte.

Der bis dahin gültige römische Kalender war so ungenau geworden, dass der römische Imperator eine grundlegende Reform durchführte.

Der Julianische Kalender besteht aus zwölf Monaten, Januar bis Dezember, die lediglich zur Unterteilung des Sonnenjahres dienen. Sie stehen in keiner Beziehung zum Mondlauf und die Tageszahl im Monat sagt nichts über die Mondphase aus.

Der Kalender legte ein Jahr mit der Länge von 365 Tagen und sechs Stunden fest. Um die sechs Stunden auszugleichen, wurde in jedem vierten Jahr ein Schalttag eingeführt und an den Monat Februar ein Tag angehängt.

Schwarze Büste von Julius Cäsar.

Julius Cäsar – sein Kalender hatte lange Bestand

Fehler bei der Berechnung

Bei der Berechnung dieses Kalenders gab es einen kleinen, aber entscheidenden Fehler: Der Julianische Kalender nahm an, dass ein tropisches Jahr 365,25 Tage lang ist. Das tropische Jahr hat in Wirklichkeit aber nur 365,2422 Tage.

Dieser Unterschied von elf Minuten und 14 Sekunden hatte zur Folge, dass der Julianische Kalender im Laufe der Jahrhunderte dem tatsächlichen astronomischen Jahr alle 128 Jahre um etwa einen Tag vorauslief.

Der astronomische Frühlingsbeginn verschob sich also im Laufe der Zeit im Jahreskalender in Richtung Jahresanfang. Dies hatte zur Folge, dass bis zur Mitte des 16. Jahrhunderts der astronomische Frühlingspunkt im Julianischen Kalender vom 24. auf den 11. März gewandert war.

Eine Kirchenglocke in einem Glockenturm auf Ibiza.

Der christliche Kalender ist der gebräuchlichste

Der Kalender wird reformiert

Im 16. Jahrhunderts ließ sich daher der Vatikan von den bedeutendsten Astronomen seiner Zeit beraten, wie diesem Phänomen entgegenzuwirken sei. 1582 verfügte dann Papst Gregor XIII. eine Regelung, die als Gregorianische Kalenderreform bekannt werden sollte.

Zunächst sollte auf den 4. Oktober 1582 direkt der 15. Oktober 1582 folgen, um die aufgelaufene Differenz der elf Tage auszugleichen. Die Regel, dass alle vier Jahre ein Schalttag eingefügt wird, blieb bestehen.

Hierbei gibt es jedoch in einem Zeitraum von 400 Jahren jeweils drei Ausnahmejahre: Von den Jahren, die am Ende der Jahreszahl zwei Nullen haben, sind diejenigen Jahre, deren Zahl dividiert durch 400 keine natürliche Zahl ergibt, keine Schaltjahre.

Nach dieser Ausnahmeregel waren die Jahre 1700, 1800 und 1900 keine Schaltjahre, und auch die Jahre 2100, 2200 und 2300 werden keine Schaltjahre sein.

Folglich hat der Gregorianische Kalender 97 Schalttage in 400 Jahren. Der Quotient 97:400 ergibt 0,2425, also ein mittleres Gregorianisches Jahr von 365,2425 Tagen. Zum wahren tropischen Jahr von 365,2422 Tagen verbleibt ein Unterschied von +0,0003 Tagen (26 Sekunden).

Der Gregorianische Kalender trat am 24. Februar 1582 in Kraft. Zunächst folgten nur wenige katholische Länder der Kalenderreform. Die protestantischen Länder lehnten die Einführung erst einmal ab, da sie vom Vatikan befohlen wurde.

Im Laufe der Jahrhunderte übernahmen jedoch nach und nach alle europäischen Staaten den Kalender. Wenn man heute internationale Terminvereinbarungen trifft, ist der Gregorianische Kalender die einzige Grundlage.

Kalenderblatt mit dem 29. Februar

Alle vier Jahre ein Schaltjahr

(Erstveröffentlichung 2003. Letzte Aktualisierung 30.03.2020)

Quelle: WDR

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