Wie entsteht ein Edelstein?

Planet Wissen 15.08.2023 02:14 Min. Verfügbar bis 16.11.2026 WDR

Schmuck

Edelsteine

Edelsteine sind ein Symbol für Unvergänglichkeit, Reichtum und Macht. Ihre Schönheit und Vollkommenheit machen sie so wertvoll. Viele Menschen glauben sogar, dass Edelsteine geheimnisvolle Kräfte besitzen und gegen Krankheiten helfen können.

Von Rolf Stephan

Funkelnde Kostbarkeiten

Die Reichen und Schönen der Welt schmücken sich mit ihnen, Schmuckstücken verleihen sie den ultimativen Pfiff: Edelsteine sind ein Blickfang – nicht nur für Frauen. Es waren Männer, die sich als Erste mit ihnen schmückten. Ihr Glanz und ihre Reinheit standen für die Erhabenheit der frühen Herrscher.

Durch ihre Seltenheit sind sie bis heute bei uns Menschen heiß begehrt. Für sie wird betrogen, gemordet und gefälscht. Mit sogenannten Blutdiamanten, die meist illegal und unter grausamen Bedingungen geschürft und verkauft werden, werden zum Beispiel Rebellengruppen in Afrika finanziert.

Saphire, Smaragde, Rubine oder Diamanten – ihnen allen ist gemein, dass sie aus den Tiefen unserer Erde stammen. Es sind Mineralien wie viele andere, weniger edle Gesteinsarten auch. Der Unterschied besteht in der Reinheit ihrer Zusammensetzung, der symmetrischen inneren Struktur, die ihnen Härte verleiht, und verschiedenen Einschlüssen, die transparenten Edelsteinen zusätzlich farbigen Glanz verleihen.

Ein Mann hält einen riesigen Rohsmaragd in der Hand

Schönheit aus der Tiefe der Erde

Geburtsstätte im Untergrund

Edelsteine entstehen tief im Erdinneren. Der Erdkern enthält die Bausteine der edlen Steine. Das heiße, flüssige Magma ist nichts anderes als eine gewaltige Ursuppe von Mineralien.

Wenn Magma aufsteigt, kühlt es ab, und durch den enormen Druck im Erdinneren beginnen sich Atome zu vereinigen. Sie bilden Kristalle – im Falle von Edelsteinen mit sehr symmetrischer innerer Struktur und großer Reinheit. So besteht der Diamant zum Beispiel ausschließlich aus Kohlenstoff-Atomen, angeordnet in einer regelmäßigen, quadratischen Gitternetzstruktur, die sich bei einer Temperatur von über 1000 Grad Celsius und einem atmosphärischen Druck von gut 40.000 bar Druck ausbildet (magmatische Entstehung).

Solche Bedingungen findet man nur im Erdinneren, in weit mehr als 100 Kilometer Tiefe. Auch Topas, Rubin oder Saphir entstehen auf ähnliche Weise. Auch sie zeichnen sich durch Reinheit und einen besonderen Härtegrad aus. Nichts ist jedoch härter als ein Diamant. Er gilt als der "Unvergängliche" unter den Edelsteinen.

Kristalle können auch entstehen, wenn sich Temperatur und Druckbedingungen in bereits bestehenden Gesteinsschichten verändern. Bei dieser "metamorphen Entstehung" kann neues Magma in Gesteinsformationen eindringen, zuvor feste Mineralschichten können sich neu strukturieren, und Schichten mit einheitlichen chemischen Zusammensetzungen entstehen. So produziert die Natur zum Beispiel Smaragde oder Granate. Vulkanische Aktivität bringt all diese kostbaren Gesteinsschichten an die Erdoberfläche.

Das Erdinnere birgt zudem immer wieder Bereiche mit flüssigen mineralischen Lösungen. Verdampfen sie, können ebenfalls Edelsteine auskristallisieren. Türkise, Opale oder Malachite entstehen auf diese Weise, die sedimentär genannt wird.

Lava fließt vom Kilauea-Vulkan ins Meer

Magma – heiße Ursuppe von Mineralien

Kleine, aber feine Unterschiede

Auch Schmucksteine wie der blaue Lapislazuli, der Turmalin oder Bergkristalle wie Amethyst und Achat entstehen auf ähnliche Weise wie die Edelsteine. Schmucksteine besitzen aber keine so große chemische Reinheit. Ihre Kristallstruktur ist weniger symmetrisch, sie sind weicher und meistens nicht transparent. Hinzu kommt, dass Schmucksteine häufiger vorkommen als Edelsteine.

Vor allem die Seltenheit der Edelsteine bestimmt ihren meist höheren Wert. Weitere Faktoren sind neben der chemischen Reinheit der Steine ihre größere Farbintensität (Farbtiefe und Leuchtkraft) sowie die Proportionen und der Schliff.

Erst die Bearbeitung der Edelsteine bringt Glanz und Farben voll zur Geltung. Oft sind es minimale metallische Einschlüsse, die den transparenten Edelsteinen zusätzlich Farbe verleihen. So funkelt zum Beispiel der Smaragd dank minimaler Chrom-Einlagerungen in leuchtendem Grün.

Rohdiamanten in einem Korb

Rohdiamanten sehen noch ziemlich unspektakulär aus

Vollendung durch letzten Schliff

Es ist ein weiter Weg, bis Schmuck- oder Edelsteine in vollem Glanz erstrahlen. Naturbelassene Steine sind in der Regel eher unscheinbar. Erst durch Schneiden, Schleifen und Polieren bekommen die Steine Feuer und Brillanz. Nach wie vor ist die Edelsteinverarbeitung ein Kunsthandwerk. In der Edelstein-Metropole Idar-Oberstein (Rheinland-Pfalz) etwa wurde es über die Jahrhunderte zur Vollendung gebracht.

Vier zentrale Arbeitsschritte sind nötig, um aus dem Rohkristall eine funkelnde Kostbarkeit zu machen

  • Schneiden: Der Schleifer muss sich zunächst den rohen Stein genau anschauen und überlegen wie er möglichst viel von der Rohsubstanz erhalten kann. Er muss Bruchlinien und Einschlüsse im Kristall berücksichtigen, damit der Stein beim Zuschneiden nicht auseinander bricht.
  • Ebouchieren: Ist der Stein geschnitten, wird ihm beim Ebouchieren auf Schleifrädern die rohe Form gegeben.
  • Facettieren: Bei diesem Arbeitsschritt werden ebene Flächen auf den Stein geschliffen: die sogenannten Facetten. Sie sind entscheidend dafür, wie der Stein das Licht bricht. Je genauer sie angelegt und eingeschliffen sind, desto besser wird zum Beispiel ein Diamant später Lichtstrahlen reflektieren und glitzern. Einer der berühmtesten Schliffe ist der sogenannte Brillantschliff. Er hat mindestens 57 Facetten: die Tafel (große Fläche auf der Oberseite), 32 Facetten auf dem Oberteil und 24 Facetten auf dem Unterteil.
  • Polieren: der abschließende Arbeitsgang. Der Lapidär (Polierer) muss dabei genau die Flächen treffen, die der Schleifer vorgeben hat, sonst war die ganze Mühe umsonst. Schon viele Steinraritäten sind bei diesem letzten Arbeitsgang zerbrochen.

Eine Frau hält einen funkelnden Diamanten in der Hand

Erst fertig geschliffen versprüht der Diamant den besonderen Glanz

Ewig sprudelnder Quell

Die Zeitspanne, in der Edel- und Schmucksteine entstehen, umfasst mehrere Millionen Jahre. Es ist ein langwieriger Prozess, bis sie über vulkanische Aktivitäten an die Erdoberfläche befördert werden. Doch der Quell wird auch in Zukunft weiter sprudeln, denn die geologischen Entstehungsprozesse im Erdinneren sind immer noch im vollen Gange.

Oft ist es Zufall, wo sich besondere Fundstätten auftun. Viele Edelsteinarten sind im Gebirge zu finden, in den Aufwürfen der Erdkruste. Smaragde beispielsweise gibt es in Europa im österreichischen Habachtal. Ein Mekka für Hobby-Edelsteinsucher, die gerne selbst einmal ihr Glück im Schürfen versuchen möchten.

Relativ häufig findet man in Europa auch Quarze – Amethyst, Rauch- und Rosenquarz oder Bergkristalle. Seltener ist in Europa dagegen der Achat, der Idar-Oberstein im Hunsrück weltberühmt gemacht hat. Hier wurde dieser Stein lange abgebaut und geschliffen. Heute sind die Vorkommen allerdings ausgebeutet und der Abbau lohnt sich nicht mehr.

Große Edelsteinvorkommen existieren in Afrika. Bekannt sind vor allem die südafrikanischen Diamantenminen. In afrikanischen Edelsteinminen finden sich auch wertvolle Rubine, Saphire und Granate. Der besonders seltene Tansanit kommt aus Tansania, Turmaline gibt es in Süd- und Südwestafrika.

Afrikanische Diamantenschürfer mit Schaufel

Im südlichen Afrika werden Diamanten mit einfachsten Mitteln geschürft

Berühmt für Opale ist das australische Outback, in dem fast 95 Prozent der Edelopale weltweit abgebaut werden. Aber auch Diamanten und Saphire werden in Australien gefördert.

Weitere große Edelsteinvorkommen finden sich in Südamerika. Kolumbien ist berühmt für seine Smaragde, intensiv blaue Aquamarine kommen aus den Minen Brasiliens, wo auch Topase, Turmaline und Saphire zu finden sind. In Mittel- und Nordamerika finden sich Feueropale (Mexiko) sowie farblose Berylle und Kunzite (USA).

In Asien ist das kleine Land Myanmar (Birma) hervorzuheben, das Rubine von außergewöhnlicher Qualität, Saphire und Jade bietet, die teilweise schon seit der Steinzeit in der Stadt Mogok abgebaut werden. Im Iran finden sich die schönsten Türkise der Welt, aus Afghanistan kommen Morganite, aus Pakistan Peridot. Turmalin und Mondsteine findet man in Sri Lanka, Jade in China.

Heilkraft aus dem Erdinneren?

Um edle Steine ranken sich seit jeher Mythen und Legenden. Ob als magische Glücksbringer, religiöse Requisiten oder geheimnisvolle Heilsbringer: Edelsteine haben eine faszinierende Wirkung auf viele Menschen. Schon die Ägypter hatten den zwölf Tierkreiszeichen je einen Edelstein zugeordnet. Griechen und Römer benutzten manche Steine in der Medizin, auch Inder und Araber glaubten an eine heilende Wirkung der Edelsteine.

In Europa erlebte der Mythos um die angebliche Heilkraft mit Hildegard von Bingen im 12. Jahrhundert einen Höhepunkt. Nach ihrer Lehre sollen Edelsteine die Harmonie im Körper wieder herstellen und so gegen eine Vielzahl von Krankheiten helfen. Verlassen sollte man sich allerdings lieber nicht darauf, denn nachweisen lassen sich heilende Kräfte bis heute nicht.

Geschliffene Diamanten

Symbol für Reichtum und Macht

Quelle: SWR | Stand: 04.02.2020, 11:23 Uhr

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