Kolorierter Holzstich um 1880: Vier prachtvolle Kriegsschiffe befinden sich unmittelbar vor dem Hafen

Hanse

Waren und Märkte der Hanse

Wo es Nachfrage gibt, existiert ein Markt. Wo ein Markt existiert, lässt sich Geld verdienen. Die Hansefahrer bereicherten durch ihren europäischen Warenaustausch den Warenverkehr. Gehandelt wurde mit allem, was Gewinn versprach.

Von Gregor Delvaux de Fenffe

Politik und Infrastruktur

Rohstoffe wie Holz und Stein, Kleider wie Pelze und Felle, Leder und Tuche, Nahrungsmittel wie Fisch, Fleisch, Spirituosen, Gewürze und Salz wurden an den Handelskontoren verladen ("umgeschlagen"). Auch handwerklich gefertigte Gebrauchsgüter aus Eisen, Keramik und Glas waren Bestandteil des internationalen Warenverkehrs.

Die Hanse wurde zum mächtigsten Wirtschaftsverband des mittelalterlichen Europa, der nicht nur finanziell, sondern auch kulturell, politisch und gesellschaftlich große Veränderungen bewirkte.

Die Hanse revolutionierte das Transportwesen. Nie zuvor wurden so enorme Gütermengen bewegt. Dafür musste erst die entsprechende Infrastruktur geschaffen werden: Transportwege zu Lande und zu Wasser wurden gebaut.

Pfefferkörner in zwei Händen

Gewürze wie Pfeffer bereicherten den Markt

Durch die Hanse entstand in Europa ein erstes Fernstraßennetz. Häfen wurden angelegt und befestigt. Zwischen Lübeck und Hamburg verzahnten sich die Handelsinteressen deutlich: Elbe und Trave wurden im 14. Jahrhundert durch einen Kanal miteinander verbunden.

Neue Gesetze und Regelwerke wurden geschaffen. Um den Handel so reibungslos wie möglich zu gestalten, musste für die Hansemitglieder Rechtssicherheit gewährleistet sein.

Selbst vor Kriegen scheuten die reichen Hansestädte nicht zurück: entweder gegen Seeräuber, die zu einer echten Plage geworden waren, oder im Ausnahmefall auch gegen Staaten. So fuhren die Hansestädte im April 1362 mit einer Armada von 52 Kriegsschiffen gegen Dänemark. Allerdings kehrten sie aus diesem Krieg nicht siegreich zurück.

Rohstoffe gegen Kulturgüter

Durch den gesteigerten Warenverkehr begann ein neues Konsumverhalten. Plötzlich konnten Erzeugnisse der Mittelmeerländer auch im Nordosten Europas erworben werden, während dringend benötigte Rohstoffe aus dem Norden und Osten dem Süden zugänglich gemacht wurden.

In England erwarben die Kaufleute Schafwolle, die sie gegen Felle und Wachs eintauschten. Aus dem russischen Nowgorod importierten sie Pelze, Tran, Holz, Wachs und Bernstein, aus dem norwegischen Bergen getrockneten Kabeljau. Hier wurden außerdem Bier, Wein, Mehl, Früchte, Eisenwaren und Tuche gegen Felle, Talg, Holz und Teer getauscht.

Ein Mann schert ein Schaf.

Felle und Wachs gegen Schafwolle

In den flachen südschwedischen Küstengewässern bei Schonen tummelten sich damals riesige Heringsschwärme. Die Hanse besaß dort das Monopol auf den Fang der Fische, die in ganz Europa eine begehrte Fastenspeise waren. Waren die Heringe in Salz eingepökelt und in Fässer verpackt, organisierten die Kaufleute den Absatz von Schonen aus und belieferten den gesamten Kontinent.

Aus Venedig wurde das berühmte venezianische Glas importiert. Aus Flandern kamen Metallwaren, Keramik und Butter, vor allem aber die kostbaren flandrischen Tuche. Neben neuen exotischen Waren brachten die fahrenden Kaufmänner aus den fremden Ländern auch viele neue Eindrücke in die Kultur und die Politik ihrer Heimat ein – Impulse, die bis heute im Selbstverständnis der weltoffenen Hanseaten eine wichtige Rolle spielen.

Risiken und Gewinne

Nur gemeinsam waren die Kaufleute stark, um Naturgewalten und politischen Verwerfungen zu trotzen. Dabei nahmen die fahrenden Kaufleute oft große Risiken auf sich. Es kostete ein Vermögen, im großen Stil Waren im Ausland einzukaufen, Koggen bereitzustellen, auszustatten und den Transport zu organisieren. Denn die fahrenden Händler waren zahlreichen Gefahren ausgesetzt.

Die kostbaren Frachten konnten durch Stürme leicht verlorengehen, der Hering bei zu langem Transport verfaulen. Tuche aus Flandern konnten wurmstichig werden und kostbare Salz- und Gewürzladungen durch Feuchtigkeit verderben. Bei rauer See bestand die Gefahr des Kenterns, Piraten und Wegelagerer erbeuteten oft Waren und Geld.

Während manche Kaufleute durch ihre lohnenden Geschäfte zu unermesslichem Reichtum kamen, verlor auch so mancher reiche Händler sein gesamtes Vermögen, wenn seine Rechnungen nicht aufgingen oder Geschäfte misslangen.

Zeile mit alten Handelshäusern

Viertel deutscher Hansekaufleute in Bergen

(Erstveröffentlichung 2004. Letzte Aktualisierung 20.04.2020)

Quelle: WDR

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