Harry Beck vor einem Fahrplan

Metros der Welt

Harry Beck – Der Erfinder der Netzspinne

Harry Beck ist ein arbeitloser technischer Zeichner, als er 1931 einen Design-Klassiker des 20. Jahrhunderts entwirft: die "London Underground Map" – die als Londoner "U-Bahn-Netzspinne" bekannt wird.

Von Inés Carrasco

Beck entwirrte Londons Linienchaos

Chaotisch ist Londons U-Bahn-Plan in den 1920er-Jahren. Die Bahnstrecken sind so akkurat nachgezeichnet, dass sie als Ganzes nur eine unübersichtliche Karte ergeben. Harry Beck setzt sich an seinen Zeichenblock und skizziert die so genannte Netzspinne neu.

Er stellt die Londoner Innenstadt wie durch einen Konvex-Spiegel dar und verzerrt dadurch zwar die geografischen Verhältnisse, erhält aber eine gleichmäßigere und somit übersichtlichere Darstellung der U-Bahn-Stationen.

Dann verbindet er sie nicht originalgetreu nach dem Verlauf der Strecken, sondern zieht nur vertikale, horizontale und diagonale Linien. Damit sich die einzelnen Linien besser unterscheiden lassen, zeichnet er sie in unterschiedlichen Farben. Das Resultat ist ein übersichtlicher, für jeden verständlicher Streckenplan.

Erfolg im zweiten Anlauf

Sein ehemaliger Auftraggeber, die Londoner Transportgesellschaft, nimmt Beck wieder unter Vertrag. Seine Kollegen sind von dem Entwurf begeistert und überzeugen ihn, seine Netzspinne der Werbeabteilung des Unternehmens zu zeigen.

Der Entwurf wird als zu revolutionär abgelehnt. Der innovative Kopf Beck gibt nicht auf und reicht 1932, nur ein Jahr später, die gleiche Zeichnung noch einmal ein.

Diesmal hat er Erfolg. Die Werbeabteilung hat ihre Einstellung geändert und lässt prompt 750.000 Stück im Taschenbuchformat drucken. Als hätten die Fahrgäste des Londoner Underground nur darauf gewartet, ist die erste Auflage im Nu vergriffen.

Weltweiter Siegeszug

Seitdem ist der Siegeszug der "London Underground Map" nicht mehr zu stoppen. Metrostädte wie Paris, Madrid, New York ziehen bald nach und übernehmen das System für ihre U-Bahn. Mittlerweile besitzt jede U-Bahn der Welt eine Netzspinne à la Beck.

Beck bekommt damals umgerechnet etwa 22 Euro für seinen Entwurf. Würde die Londoner Transportgesellschaft heute eine Designagentur damit beauftragen, müsste sie vermutlich zwischen 40.000 und 60.000 Euro dafür bezahlen. Beck kämpft sein Leben lang um das Copyright – erfolglos.

Erst 2001, rund dreißig Jahre nach seinem Tod, werden die Netzspinnen mit seinem Namen versehen. Becks vereinfachende Sicht der Dinge bleibt aber bis heute über Designergenerationen hinweg erhalten und hat die Darstellungsweise von ähnlichen Diagrammen weltweit geprägt.

Metroplan von Moskau

Becks Design ist Vorbild für Metropläne weltweit – wie hier in Moskau

(Erstveröffentlichung 2003. Letzte Aktualisierung 19.07.2019)

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Quelle: WDR

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