Zivilisationen in der Milchstraße?

Planet Wissen 18.12.2023 04:42 Min. UT Verfügbar bis 16.10.2028 ARD-alpha

Astronomie

Unsere Heimatgalaxie – die Milchstraße

Jeder hat das Wort schon einmal gehört, die meisten haben sie schon einmal gesehen. Aber vollständig verstanden hat die Milchstraße noch niemand. Trotzdem wissen wir schon eine ganze Menge Erstaunliches und Faszinierendes über die Galaxie, in der wir leben.

Von Philip Häusser

Durchmesser: 100.000 Lichtjahre

Wenn wir nachts in den Himmel schauen – fernab von großen Städten, die den Nachthimmel regelrecht mit Licht verschmutzen –, dann sehen wir dort ein milchiges Band. Die alten Griechen nannten es "Milchstraße". Doch was ist dieses Objekt eigentlich?

Wenn man mit einem Teleskop genau hinschaut, erkennt man, dass das weiße Band aus unzähligen Sternen besteht. Wissenschaftler haben berechnet, dass es zwischen 100 und 200 Milliarden sind. Ganz genaue Zahlen kennt man nicht, denn die Milchstraße ist riesig. Sie hat einen Durchmesser von etwa 100.000 Lichtjahren. Das bedeutet, dass das Licht 100.000 Jahre braucht, um mit Lichtgeschwindigkeit von einem Ende der Milchstraße zum anderen zu kommen.

Doch schon der Abstand von Stern zu Stern hat unvorstellbare Dimensionen. Wenn ein Stern so groß wäre wie ein Fußball, dann wäre der nächste Stern so weit weg, wie New York von uns entfernt ist. Bei mehr als 100 Milliarden Sternen in der Milchstraße sind deren Ausmaße folglich riesig.

Jeder dieser vielen Milliarden Sterne ist sozusagen eine Sonne – wobei einige von ihnen auch umkreisende Planeten besitzen dürften, wie Astronomen schon länger vermuten. Doch nur die Sterne leuchten von selbst und sind so am Nachthimmel sichtbar.

Zusammen bilden diese unzähligen Sterne eine große Scheibe. Und wir sitzen mit unserem Sonnensystem im äußeren Drittel. Das, was wir am Nachthimmel erkennen, ist der Querschnitt durch diese Scheibe.

Außer Sternen und Planeten gibt es in der Milchstraße auch noch interstellare Gaswolken. Diese bestehen größtenteils aus Wasserstoff und Helium – genau wie unsere Sonne. Sie ist schließlich aus so einer Gaswolke entstanden. In den Gaswolken gibt es wiederum auch sogenannte "dunkle Zonen". Das sind Staubwolken, aus denen sich Planeten wie unsere Erde bilden.

Nächtliche Aufnahme der Milchstraße aufgenommen ion Tansania am Lake Natron.

Das helle Band der Milchstraße am Nachthimmel

Die Milchstraße auf Crashkurs

Die nahe Zukunft unserer Heimatgalaxie Milchstraße sieht nicht gerade rosig aus – jedenfalls wenn man in kosmischen Dimensionen denkt. Denn in einigen Millionen Jahren wird die Milchstraße mit unserer Nachbargalaxie Andromeda zusammenstoßen.

Für die Astronomen ist so ein Ereignis besonders spannend, denn in der Andromeda-Galaxie und in der Milchstraße gibt es sehr viel Platz zwischen den Sternen. Wenn die beiden Galaxien nun kollidieren, trifft nicht ein Planet auf den nächsten, sondern die Himmelskörper bringen sich durch ihre Anziehungskraft gegenseitig aus dem Gleichgewicht.

Die Milchstraße hat allerdings mehr Masse und sie rotiert auch schneller als Andromeda. Deshalb frisst die Milchstraße Andromeda sozusagen auf. Und dadurch entsteht am Ende eine neue Galaxie – wenn die vielen Planeten und Sterne eine Gleichgewichtslage gefunden haben.

Die große Andromeda-Galaxie (M31) in der Konstellation Andromeda.

Auf Kollisionskurs mit der Milchstraße: die Andromeda-Galaxie

Die Vergangenheit der Milchstraße

Unsere Milchstraße selbst ist allerdings aus gigantischen Gaswolken aus der Frühzeit des Universums entstanden. Das Prinzip ist jedoch ähnlich. Hauptakteur ist immer die Schwerkraft. Als vor rund 14 Milliarden Jahren das Universum entstand, gab es noch keine Galaxien. Die ersten von ihnen entstanden nach etwa einer Milliarde Jahren – darunter auch die Milchstraße.

Gaswolke Luchs-Bogen

Aus riesigen Gaswolken entstehen Sterne und ganze Galaxien

Ähnlich wie bei der Kollision zweier Galaxien waren es damals Gaswolken, die aus dem Gleichgewicht gerieten. Dadurch fällt die Wolke in sich zusammen, bedingt durch ihre eigene Schwerkraft. Gleichzeitig dreht sie sich immer schneller – ähnlich wie bei einer Eiskunstlauf-Pirouette: Ist die Masse ("Arme") außen, dreht sie sich langsam – ist die Masse näher bei der Rotationsachse, dreht sie sich schneller. So auch die zusammenstürzende Gaswolke.

Durch die schnellere Rotation entstehen größere Fliehkräfte und die Wolke flacht ab, genau wie ein Klumpen Ton auf dem Drehtisch beim Töpfern. Deshalb hat die Milchstraße die Form einer flachen Scheibe.

Woher weiß man das alles?

Schon die Griechen in der Antike beobachteten und dokumentierten die Milchstraße. Ihnen fehlte es allerdings an technischer Ausrüstung, um die Milchstraße genauer zu untersuchen.

Erst mit der Erfindung des Fernrohres um 1608 von Hans Lipperhey, beziehungsweise dessen Verfeinerung durch Galileo Galilei ein Jahr später, wurde die Grundlagen für die wissenschaftliche Beschreibung der Milchstraße geschaffen.

Ein Mann schaut durch ein riesiges Teleskop, das er auf sein Autodach moniert hat.

Der Weltraum fasziniert die Menschen seit Generationen

Heute kommen hochmoderne Teleskope wie das Herschel-Weltraumteleskop zum Einsatz. Es kann Objekte in einer Entfernung von bis zu zehn Milliarden Lichtjahren auflösen. Anhand der Bewegungsmuster von Himmelskörpern können Wissenschaftler Rückschlüsse darauf ziehen, was gerade im Weltall passiert.

Dabei ist es natürlich wichtig zu wissen, wie weit ein Objekt von uns entfernt ist. Hierzu nutzen die Forscher jede Menge Tricks. Beispielsweise die Parallaxe. Der Effekt ist im Prinzip ganz einfach: Kneifen Sie das linke Auge zu, strecken Sie den Arm aus und peilen Sie mit dem Daumen ein Objekt in etwa drei Metern Entfernung an. Nun schließen Sie das rechte Auge und schauen, wohin der Daumen nun zeigt. Leicht daneben.

Diese Verschiebung kann man berechnen und im großen Stil Entfernungen messen. Dazu peilt man etwa einen weit entfernten Stern ebenfalls zweimal nacheinander an – wenn sich die Erde an zwei verschiedenen Punkten auf der Umlaufbahn um die Sonne befindet. Den zurückgelegten Weg kann man berechnen und zusammen mit der Parallaxen-Verschiebung die Entfernung bestimmen. So entsteht nach und nach eine immer genauere Beschreibung unserer Galaxie.

Quelle: SWR | Stand: 19.09.2019, 16:15 Uhr

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