Arrangiertes Obst und Gemüse zu Erntedank

Geschichte der Landwirtschaft

Erntedank

Die Ernte war jahrtausendelang der Höhepunkt des Jahres. Denn von ihr hing das nackte Überleben ab. Bei einer reichen Ernte war die Freude entsprechend groß. Alle atmeten auf, und es war Zeit zu feiern und sich für den Segen von oben zu bedanken.

Von Sabine Kaufmann

Fest zu Ehren der Göttin der Fruchtbarkeit

Rituelle Feste im Zusammenhang mit Ernte und Aussaat gab es bereits in der Antike. In Griechenland opferten die Menschen der Göttin Demeter, die für die Fruchtbarkeit und das Getreide zuständig war.

Nach der Erntezeit und der Aussaat des Wintergetreides feierten vor allem die Frauen ein dreitägiges Fest zu Ehren der Göttin. Im heutigen Griechenland gibt es immer noch Anklänge an den vergangenen Demeter-Ritus. Die letzte Garbe des Feldes wird in Frauenkleider gesteckt und erhält den Namen Demeter.

Schlechte Ernten waren stets ein Ausdruck dafür, dass man Gott erzürnt hatte oder dieser die Menschen bestrafte. Durch Opferungen oder Flurgänge schon im Frühjahr wollte man Gott gnädig stimmen.

In der jüdischen und christlichen Tradition sind Erntedankfeste bis heute fester Bestandteil des jährlichen Festtagsrhythmus'. Im Alten Testament im Buch Genesis wird berichtet, dass Kain seinem Gott Jahwe ein Opfer von seinen Feldfrüchten und Abel ein Opfer von den jungen Tieren seiner Herde darbringt.

Die Juden feiern nach Beginn der Ernte Schawuot, das Wochenfest, und im Herbst am Ende der Lese Sukkot, das Laubhüttenfest.

Bei den Christen sind Erntedankfeiern seit dem 3. Jahrhundert nach Christus bekannt. Dass der Erntedanksonntag am ersten Sonntag im Oktober gefeiert wird, geht auf einen Beschluss der deutschen Bischofskonferenz aus dem Jahr 1972 zurück.

In evangelischen Gemeinden wird Erntedank am 29. September am Michaelstag oder an einem benachbarten Sonntag gefeiert.

Erntedank-Prozession in Osttirol

Bei den Christen sind Erntedankfeiern seit dem 3. Jahrhundert bekannt

Schmuck aus Nahrungsmitteln

Neben Altarschmuck aus Feldfrüchten und Obst ist die Erntekrone ein wichtiges Symbol für Erntedank. Vor allem in ländlichen Gemeinden ist es bis heute üblich, aus Getreideähren eine Erntekrone zu binden und sie entweder auf dem Dorfplatz oder in der Kirche aufzustellen.

Die Krone, das Symbol der Macht, wird auf einen Kranz gebunden, der ohne Anfang und Ende als Zeichen für die Ewigkeit steht.

Die Vielzahl der gebundenen Ähren, die die Krone bilden, erinnern die Menschen an ihre Abhängigkeit von der Natur und den göttlichen Beistand. Ohne eine gute Ernte wäre kein Überleben im Winter möglich.

In manchen Gegenden ist es noch üblich, aus den letzten Garben eine Erntepuppe zu binden, die als Opfergabe auf dem Feld bleibt. Lange Zeit war es Brauchtum, die Erntepuppe zum abendlichen Fest mitzunehmen, wo der Bauer einen "Ehrentanz" mit ihr bestritt.

Erntekronen hängen in einem Raum

Erinnerung an die Abhängigkeit von der Natur

Weltliche Feiern

Erntedank ist aber nicht nur ein religiöser Feiertag. Sobald die Ernte beendet war, fiel eine große Last von den Schultern der Bauern. Es war an der Zeit, mit allen Menschen zu feiern, die an der Ernte beteiligt gewesen waren.

Da man während der heißen Erntezeit von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang auf dem Feld gerackert hatte und manch harsches Wort gefallen war, bot Erntedank die Gelegenheit, wieder versöhnlichere Töne anzuschlagen.

Die bäuerliche Erntedankfeier war eine Entlohnung für alle, die bei der Ernte mitgeholfen hatten. Die Gutsherren bewirteten ihre Mägde und Knechte mit Erntebier und üppigen Speisen, danach wurde auf dem Stubenboden getanzt und musiziert.

Neben den bäuerlichen Feiern bildeten sich auch dörfliche oder Gemeindefeiern mit Jahrmärkten heraus. Die herbstliche Kirmes, vom Ursprung her eigentlich ein Kirchweihfest, veränderte sich nach und nach zu einem Erntefest mit Vergnügungsangeboten, Ess- und Trinkständen.

Das berühmteste Erntefest, das heute noch Tausende Besucher anlockt, ist der Cannstatter Wasen Ende September: Als nach einer komplett ausgefallenen Ernte und dem schrecklichen Hungerwinter von 1816 die Ernte des Folgejahres wieder besser ausfiel, stiftete der damalige württembergische König Wilhelm I. mit seiner russischen Frau Katharina ein Landwirtschaftsfest, auf dem die Bauern ihre Waren und Tiere präsentieren konnten.

Quelle: SWR | Stand: 28.01.2020, 10:20 Uhr

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