Familie im Wandel

Familie und Beruf

Wie lassen sich Familie und Beruf besser vereinbaren? Diese Frage stellen sich viele Eltern. Auch Lena Hipp. Die Soziologin leitet das Forschungsprojekt "Arbeit und Fürsorge", das sich mit diesem Thema beschäftigt.

Von Ana Rios und Claudia Heidenfelder

Haushalt und Erziehung als Frauensache?

Kinder betreuen, ältere Menschen pflegen, den Haushalt führen – bisher wurden diese Aufgaben oft von Frauen übernommen. Unbezahlt. Doch die Arbeits- und Lebensformen ändern sich und damit auch die Fürsorgeleistungen in der Familie. Frauen wollen und müssen immer häufiger zum Familieneinkommen beitragen oder sogar alleine dafür sorgen.

Doch Familie und Beruf gleichermaßen gerecht zu werden, ist ein schwer zu meisternder Spagat. Und von einer Fifty-fifty-Aufteilung, bei der sich Frauen und Männer zu gleichen Teilen um Familie und Einkommen kümmern, sind wir in Deutschland noch ein ganzes Stück entfernt.

Beruf und Familie sind oft schwer zu vereinbaren | Bildquelle: vario images

Die Studie zur Elternzeit

Mit der Vereinbarkeit von Familie und Beruf beschäftigt sich das Forschungsprojekt "Arbeit und Fürsorge" am Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB). In einer Studie wurde dort beispielsweise untersucht, wie sich Elternzeit auf die Chancen auswirkt, zu einem Bewerbungsgespräch eingeladen zu werden.

Dazu erstellte die Forschungsgruppe Lebensläufe von fiktiven Arbeitssuchenden, die Bewerber waren sowohl Väter wie Mütter. Professorin Lena Hipp, Leiterin der Studie, berichtet über das Setting: "Alle Eltern, deren Lebensläufe wir erstellt hatten und die sich auf eine Stelle bewarben, hatten Elternzeit genommen. Sie unterschieden sich lediglich in der Dauer der Elternzeit. Nach den Lebensläufen waren alle gleich qualifiziert und hatten auch die gleiche Arbeitserfahrung."

Die Frage war jetzt: Wer wird häufiger zum Vorstellungsgespräch eingeladen?

Rabenmütter, tolle Väter?

Das Ergebnis der Studie überraschte: Für die Väter machte es keinen Unterschied, wie lange sie in Elternzeit waren. Dagegen wurden Mütter mit der zwölfmonatigen Elternzeit zu 50 Prozent häufiger eingeladen als Mütter, die nur zwei Monate Elternzeit genommen hatten.

"Das ist ein frustrierendes Ergebnis, weil man das Gefühl hat, die Frauen können es nicht richtig machen. Bleiben sie lange aus dem Job draußen, verlieren sie die Qualifikation und den Anschluss. Kehren sie dagegen sehr bald in den Beruf zurück, ist das auch verkehrt, weil sie als Rabenmütter gelten, die ihre Prioritäten nicht richtig setzen," so Lena Hipp.

Die Studie legt nahe, dass es noch immer eine Diskriminierung der Frauen von Seiten der Arbeitgeber gibt: Gleiches wird ungleich bewertet.

Väter sind häufiger berufstätig als kinderlose Männer | Bildquelle: SWR

Mütter in Teilzeit, Väter als Ernährer

Eine Erhebung der Hans-Böckler-Stiftung zeigt: Mütter sind seltener berufstätig als Väter und seltener als kinderlose Frauen. Bei den Männern fällt wiederum auf, dass Väter mit 82,9 Prozent sogar häufiger berufstätig sind als kinderlose Männer.

Kinder haben also eine sehr unterschiedliche Bedeutung für den Erwerbsverlauf: Frauen steigen aus dem Beruf aus, in der Regel ein paar Jahre, wenn sie Kinder bekommen. Anschließend kommen sie in Teilzeit in den Beruf zurück, oftmals jedoch nicht auf Stellen, die ihren Qualifikationen entsprechen.

Männer dagegen übernehmen noch häufig die Rolle des Haupternährers in der Familie. Das erklärt auch den Unterschied in den Erwerbsquoten zwischen kinderlosen Männern und den Vätern in der Grafik.

Die Zahl der Väter in Elternzeit steigt | Bildquelle: imago

Warum nicht fifty-fifty?

Seit Einführung des Elterngeldes ist der Anteil der Väter gestiegen, die für einige Monate im Job aussetzen – mittlerweile über ein Drittel. Es ist ein Anfang. Denn viele Paare wünschen sich eine egalitärere Aufteilung von Erwerbsarbeits- und Elternzeiten.

Fürsorge brauchen dabei nicht nur Kleinkinder, sondern auch größere Kinder und ältere Menschen. Gute und flexible Betreuungsangebote sollten Familien darum verstärkt bei dieser Fürsorge unterstützen. Dann können Frauen und Männer gleichermaßen Zeit mit dem Job und mit der Familie verbringen.