Berühmte Stotternde
Der Fehlstart im Gehirn beim Stottern ist vielleicht hinderlich im Alltag – mit mangelnder Intelligenz hat das dagegen nichts zu tun. Es gibt zahlreiche berühmte Beispiele, die das Gegenteil beweisen: Sir Isaac Newton hat angeblich unter Redeflussstörungen gelitten.
Auch berühmte Schauspieler wie Bruce Willis und Marilyn Monroe hatten Schwierigkeiten mit dem Sprechfluss. Rampenlicht und Redeflussstörungen sind kein Widerspruch: Actionheld Bruce Willlis soll das Theaterspielen in seiner Schulzeit als Therapie gegen das Stottern empfohlen worden sein. Offenbar mit Erfolg. Auch Marilyn Monroe konnte flüssig sprechen, wenn sie in ihrer Rolle die Worte verführerisch hauchte.
Der wohl berühmteste Stotternde ist König Georg VI. von England, der Vater von Königin Elisabeth. Spätestens seit dem Oscar-prämierten Film "The King's Speech – Die Rede des Königs" kennt man ihn und seinen Kampf mit dem flüssigen Sprechen. Seither wissen die Kinobesucher, dass Betroffene aufhören zu stottern, wenn sie sich selbst nicht reden hören: Denn dank eines Kopfhörers mit lauter Musik konnte der König flüssig reden – die Feedback-Schleife war durchbrochen.
Kopfhörer werden auch heute noch therapeutisch eingesetzt: Das Gesprochene wird dabei wie bei einem Hörgerät verzögert oder verfremdet zurückgemeldet. Das Ergebnis: Die Betroffenen sprechen flüssiger. Allerdings nur solange sie das Gerät tragen. Sind die Ohren wieder frei, geht auch das Stottern meist wieder los.

Bruce Willis: Star trotz Stottern
Stotterfrei im Rampenlicht
Interessanterweise hört das Stottern oft auf, wenn der Betroffene in eine Rolle schlüpft und damit die Verantwortung für das Gesagte abgibt. "Theater spielen anstelle einer Therapie würde man heute wohl nicht mehr empfehlen", so Kristina Anders, therapeutische Leiterin vom Institut der Kasseler Stottertherapie. "Aber wenn jemand Spaß daran hat und auf diese Weise positive Kommunikationserlebnisse hat, ist das hilfreich."
Auch Rhythmus kann den Sprechfluss wieder herstellen, deshalb ist Singen oder Gedichte aufsagen für Stotternde meist kein Problem. Denn dabei sind andere Stellen im Gehirn aktiv. "Die Musikalität befindet sich im Gehirn rechtsseitig und hat nichts mit dem Sprachzentrum zu tun", so die klinische Linguistin Kristina Anders.
Stottern muss der Bühnenkarriere also nicht im Wege stehen. Der Blick via Hirnscanneraufnahmen ins Gehirn zeigt: Wenn Stotternde singen, können sie die gestörten Leitungsbahnen auf der linken Seite übergehen und über die zuständigen Regionen der Melodieverarbeitung die Sprechwerkzeuge ansteuern. So gelingt der stotterfreie Gesang. Bestes Beispiel ist der Singer-Songwriter Ed Sheeran. Er ist sicher, dass ihm – neben einer Sprachtherapie – vor allem der rhythmische Gesang der Rapmusik im Kampf gegen das Stottern geholfen hat.
Insofern kann es für einen Stotternden sogar einfacher sein, einen Song auf der Bühne zu singen, als die Sonntagsbrötchen beim Bäcker zu bestellen. Der einzige Nachteil der Bühnensituation: Unter Stress fällt es den Menschen oft schwerer, hochkomplexe sensomotorische Leistungen auszuführen – und dazu zählt auch das Sprechen. Das bedeutet, bei Lampenfieber kann die Sprache leiden. Doch das geht nicht nur Stotternden so.

Ed Sheeran hat früher gestottert
(Erstveröffentlichung 2019. Letzte Aktualisierung 19.03.2019)
Quelle: WDR