Älteres Paar sitzt auf einer Wiese

Organverpflanzung

Nicht das Alter zählt

Auch Organe von älteren Menschen kommen noch für eine Transplantation in Frage. Die Experten sind sich einig: Nicht das Alter ist entscheidend, sondern der Zustand des Spenderorgans. Und der Empfänger kann mit dem transplantierten Organ durchaus alt werden.

Von Thomas Schwarz

Keine Altersgrenze für Organspende

Wer meint, aufgrund des Alters für die Organspende nicht mehr in Frage zu kommen, irrt gewaltig. Denn egal, ob man 18 oder 88 Jahre alt ist: für die Organspende gibt es nach oben keine Altersgrenze.

Dem Transplantationsgesetz zufolge kann jeder Mensch ab 16 Jahren Organspender werden. Entscheidendes Kriterium ist nicht das Alter des Spenders, sondern sein Gesundheitszustand und damit der biologische Zustand der Organe. So kann auch die funktionstüchtige Niere eines 70-Jährigen Leben retten und dem Empfänger ein fast normales Leben ermöglichen.

Grundsätzlich ist zwar davon auszugehen, dass jüngere Menschen einen besseren Gesundheitszustand haben als ältere. Da aber seit Beginn der Geschichte von Transplantationen ein Mangel an Spenderorganen besteht, gibt es keine Altersgrenze.

Anders ist das hingegen bei der Gewebespende. Während Hornhaut- oder Knochenspenden bis ins hohe Alter möglich sind, gibt es für andere Gewebe eine obere Altersgrenze. Sie liegt bei der Spende von Herzklappen, Sehnen und Bindegewebe in der Regel bei 65 Jahren, für Haut bei 75 Jahren. Aber auch hier gilt: Entscheidendes Kriterium ist letztlich der biologische Zustand der Gewebe.

Älterer Mann sitzt am Frühstückstisch und isst Müsli

Es kommt auf den Gesundheitszustand an, nicht auf das Alter

"Old-For-Old"-Programm

Das Missverhältnis zwischen dem großen Bedarf an Organen und der kleinen Anzahl hat in der Vergangenheit dazu geführt, dass die Vermittlungsstelle für Organspenden "Eurotransplant" mit Sitz im niederländischen Leiden 1999 das Programm "Old-For-Old" ins Leben gerufen hat. Dabei erhalten ältere nierenkranke Patienten ein Organ von Spendern über 65 Jahren.

Der Vorteil: Kommt ein Patient im Alter von über 65 Jahren auf die Warteliste, wird er aufgrund der Vorgaben des Programms schneller ein Spenderorgan bekommen als Patienten im Alter zwischen 50 und 64 Jahren. Allein zwischen 2010 und 2012 war jede vierte Nierenverpflanzung eine "Old-For-Old"-Transplantation. Da die Organe rein regional verteilt und dadurch die Transportzeiten verkürzt werden, weisen sie eine bessere Qualität auf.

Allerdings werden häufig Organe mit schlechterer Übereinstimmung der Gewebemerkmale transplantiert. Eine Studie von Medizinern des Berliner Universitätsklinikums Charité hat in zwischen belegt, dass Nieren, die über das "Old-For-Old"-Programm verpflanzt wurden, häufiger von ihren Empfängern abgestoßen wurden. Daher empfehlen sie, auch bei "Old-For-Old"-Transplantationen auf eine möglichst hohe Kompatibilität zwischen Spender und Empfänger zu achten.

Mann stellt eine Box mit einem Spenderorgan in ein Auto mit der Aufschrift "Eurotransplant"

Die Vermittlungsstelle Eurotransplant hat das Programm "Old for Old" ins Leben gerufen

Mit neuem Organ lange leben

Bedingt durch den wissenschaftlichen Fortschritt auf dem Gebiet der Immuntherapie haben Menschen, die ein Spenderorgan erhalten haben, inzwischen gute Chancen auf ein langes Leben. So steigt bei Nierentransplantierten die Funktionsdauer der Transplantate nach einer Studie des Klinikums der Universität München stetig an. Derzeit liegt die Organ-Funktionsrate ein Jahr nach der Transplantation bei mehr als 85 Prozent, das heißt bei 85 Prozent der Empfänger arbeitet das neue Organ gut. Im Durchschnitt funktioniert eine transplantierte Niere 15 Jahre lang.

Bei Lebertransplantierten liegt die Ein-Jahres-Überlebensrate nach Angaben des Uniklinikums derzeit bei 90 Prozent. Nach fünf Jahren leben im Durchschnitt mehr als 80 Prozent der Organempfänger, nach zehn Jahren sind es mehr als 70 Prozent.

Nach Herztransplantationen leben dem Uniklinikum zufolge zehn Jahre nach der Transplantation etwa 60 Prozent der Patienten. Der Patient, der bislang am längsten überlebt hat, ist vor mehr als 25 Jahren in München transplantiert worden.

Für Patienten, die einen neuen Dünndarm bekommen haben, liegt die Ein-Jahres-Überlebensrate laut Uniklinikum gegenwärtig bei 90 Prozent. Drei Jahre nach dem Eingriff leben etwa 70 Prozent der Transplantierten.

Schlechter sind die Erfolgsaussichten hingegen für Lungentransplantierte. So lebt zehn Jahre nach dem Eingriff durchschnittlich nur noch jeder dritte von ihnen. Grund ist vor allem die chronische Abstoßung des Spenderorgans, die häufig über die Jahre schleichend zur Einschränkung der Lungenfunktion führt und gegebenenfalls eine erneute Transplantation nötig macht.

Bei allen Transplantierten hängt die Funktionsrate des Spenderorgans bzw. die Überlebenswahrscheinlichkeit sehr stark vom allgemeinen Gesundheitszustand sowie von Folge- und Begleiterkrankungen des Empfängers ab.

Ein transplantierter Mann hält das Modell eines Herzens in die Kamera

Spenderherzen werden seltener abgestoßen als andere Organe

Quelle: WDR | Stand: 06.05.2019, 13:39 Uhr

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