Leerer Plenarsaal des Deutschen Bundestages.

Organverpflanzung

Geplante Gesetzesänderung 2020

2019 wurde in Deutschland ein neuer Gesetzentwurf zur Organspende diskutiert: die doppelte Widerspruchslösung. Doch neben den Befürwortern meldeten sich auch viele kritische Stimmen zu Wort, die unter anderem auf das Ausland verwiesen. 2020 stimmte der Bundestag gegen den Entwurf.

Von Thomas Schwarz

Im unserem Nachbarland Niederlande wird im Gegensatz zu Deutschland jeder automatisch Organspender, wenn er hirntod ist – falls der Gestorbene zu Lebzeiten oder dessen Angehörige einer Organentnahme nicht widersprechen.

Schweden hat diese doppelte Widerspruchslösung bereits 1996 eingeführt. Seitdem hat sich die Zahl der Spender nur wenig verändert und ist mit knapp 20 pro eine Million Einwohner im internationalen Vergleich gering. In Brasilien, Dänemark und Lettland ist die Zahl der Spender seit der Einführung der Widerspruchslösung sogar zurückgegangen.

Hierzulande stehen laut der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO) derzeit rund 9.000 schwerkranke Menschen auf der Warteliste für eine lebensrettende Transplantation (Stand 2019). Um das zu ändern, plädierte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) für die Einführung der doppelten Widerspruchslösung.

Zusammen mit Professor Karl Lauterbach (SPD), Dr. Georg Nüßlein (CSU) und Petra Sitte (Die Linke) hatte er einen entsprechenden Gesetzentwurf vorgestellt. Er enthielt auch Vorgaben zum Aufbau eines Registers, in dem Widersprüche, aber auch Zustimmungen dokumentiert werden sollten. Dieses Register sollte von jeder Arztpraxis aus angesteuert werden können.

Nach den Vorstellungen Spahns sollte die Haltung zur Organspende auch in die geplante elektronische Patientenakte aufgenommen werden. Die Ära des bisherigen Organspendeausweises wäre damit ausgelaufen.

Welche Wirkung hat die Widerspruchslösung?

Planet Wissen 26.04.2019 01:33 Min. Verfügbar bis 26.04.2024 WDR Von Eva Schultes

Ausdrückliche Zustimmungsregelung

Die Idee eines zentralen Registers griff auch eine fraktionsübergreifende Gruppe von Bundestagsabgeordneten um Annalena Baerbock (Grüne), Katja Kipping (Linke) und Stephan Pilsinger (CSU) auf. Sie hatten einen alternativen Gesetzentwurf für eine ausdrückliche Zustimmungsregelung vorgelegt.

Dabei soll die Haltung zur Organspende mehrmals im Leben zum Beispiel bei der Erneuerung des Personalausweises abgefragt werden. Zusätzlich soll der Hausarzt über die Organspende informieren und beraten.

Die Widerspruchslösung kritisierte die Abgeordnetengruppe hingegen als grundgesetzwidrig. Rechtliche Bedenken hatte auch die Bundesärztekammer. Nach Ansicht ihres Präsidenten Professor Frank Ulrich Montgomery gibt es in Deutschland keinen Rechtsakt, bei dem Schweigen als Zustimmung gewertet wird. Der von Spahn vorgestellte Gesetzentwurf sah das tatsächlich vor.

Kritik an der Widerspruchslösung

Gegen die Widerspruchslösung sprach sich auch die Deutsche Stiftung Patientenschutz aus. Nach Auffassung von Stiftungsvorstand Eugen Brysch könne von einer Spende keine Rede mehr sein. Er forderte den Gesetzgeber auf, mehr Verantwortung zu übernehmen. Das Transplantationssystem gehöre in staatliche Hände.

Kritik kam auch vom Deutschen Ethikrat. Vorsitzender Peter Dabrock bezweifelte, dass eine Änderung zu mehr Effizienz bei Organspenden führe. Außerdem könnte die Widerspruchlösung dem Vertrauen in das Transplantationssystem schaden.

Der Bundestag hat am 16. Januar 2020 mit 432 zu 200 Stimmen (37 Enthaltungen) gegen die Widerspruchslösung von Gesundheitsminister Jens Spahn gestimmt und sich eindeutig für die Zustimmungsregelung ausgesprochen. Die Politiker durften dabei ohne Fraktionszwang abstimmen.

Quelle: WDR | Stand: 20.01.2020, 11:28 Uhr

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