Händewaschen mit einem Stück Seife

Sauberkeit

Seife

Seife benutzen Menschen schon seit Jahrtausenden. Noch heute ist die Seife aus unserem Alltag nicht wegzudenken.

Von Markus Schall und Melanie Wieland

Die lange Geschichte der Seife

Eine Vorform der heute so selbstverständlichen Seife kannten die Menschen bereits vor etwa 4500 Jahren. Auf einer Tontafel der Sumerer, einer frühen Hochkultur auf dem Gebiet des heutigen Iraks, ist das erste Seifenrezept der Menschheit in Keilschrift verewigt.

Die Rezeptur beinhaltet bereits eine Anleitung zum "Kochen" von Seifen aus Pottasche und Ölen: Die alkalische Pottasche, die man aus verbrannten Pflanzen und Hölzern gewann, wurde mit den Ölen verkocht.

Die Mischung setzte die Oberflächenspannung des Wassers herab, sodass die fettlösende Lauge den Schmutz gut angreifen konnte. An diesem Reinigungsprinzip hat sich im Laufe der Jahrtausende nichts geändert.

Tontafel mit Keilschrift-Buchstaben.

Auf eine ähnliche Tafel schrieben die Sumerer das erste Seifenrezept

Um die reinigende Kraft der Seife zu erhöhen, mischten die Ägypter um 600 vor Christus Pottasche mit Soda, einem Mineral, das in der Bodekruste oder bei der Verbrennung salzhaltiger Pflanzen entsteht. Dabei verwandte man das Produkt nicht nur gezielt zur Körperreinigung, sondern auch zum Wäschewaschen.

Seife wurde auch als Medizin zur Behandlung von Hautreizungen und -krankheiten eingesetzt. Die vermeintlich heilende Wirkung, die damit erzielt wurde, ist aber eher darauf zurückzuführen, dass die Seife den Schmutz von der Hautoberfläche entfernte. Denn die meisten Hautprobleme waren auf mangelnde Körperhygiene zurückzuführen – in Dreck, Schweiß und Talg können sich Bakterien gut vermehren.

Seife als Kosmetikum

Die Germanen und Gallier waren es dann, die Seife als "dekoratives Kosmetikum" entdeckten. Sie verwendeten die aus Ziegen-, Rinder- oder Hirschtalg hergestellte Seife als Bleichmittel für ihre Haare oder frisierten sich mit einer Art Seifen-Pomade.

Diese Bräuche wurden von den Römern übernommen. Trotz ihrer hoch entwickelten Badekultur verwendeten die Römer die Seife zur Körperreinigung erst ab dem 2. Jahrhundert nach Christus.

Badende auf einer antiken Vase

Antike Badekultur

In der weiteren Entwicklung der Seifenherstellung zeigten sich ab dem 7. Jahrhundert arabische Stämme als besonders einfallsreich. Sie setzten in ihren Rezepten als erste gebrannten Kalk ein, um besonders feste Seifen zu erhalten.

Außerdem erhitzten und verrührten sie die Bestandteile der Seife – Öle und alkalische Salze, die die Pottasche ersetzten – in einer Ätzlauge bei einer bestimmten Temperatur so lange, bis ein Großteil des Wassers verdunstet war und die ölige Masse fest wurde. Die feste Substanz ließ sich portionieren. So entstand das erste Seifenstück.

Die Angst vor Epidemien

Im Mittelalter verfeinerten die europäischen Seifensieder ihre Methoden noch weiter. Vor allem in Spanien, Italien und Frankreich, aber auch in Prag, Augsburg und Wien entstanden Zentren der Seifensiederzunft, deren meist parfümierte Luxusseifen zunächst nur dem reichen Adel vorbehalten waren.

Erst allmählich entwickelte sich eine Badekultur mit öffentlichen Badehäusern, die auch dem Bürgertum und der ärmeren Bevölkerung zugänglich waren.

Doch die gemeinsamen Badewonnen der Massen fanden ein jähes Ende, als sich Pest und Syphilis ausbreiteten. Allein bei der großen Pestepidemie von 1347 bis 1351 starb in Europa mindestens ein Viertel der Bevölkerung.

Gemälde eines Badehauses im Mittelalter. In der rechten Bildhälfte sind Frauen in Badezubern zu sehen, in der linken Bildhälfte ein Lautenspieler.

Badehaus im Mittelalter

Ein neues Hygieneverständnis

In der Folge galt deshalb im 16. und 17. Jahrhundert die Trockenwäsche als schick – ganz ohne Seife und Wasser, sondern mit sauberen Tüchern, Parfüm und Puder.

Erst im Laufe des 18. Jahrhunderts wurden Wasser und Seife als Substanzen der Körperreinigung wiederentdeckt. Und erst mit dem Beginn des 19. Jahrhunderts setzte sich ein umfassenderes Hygieneverständnis durch.

Der dadurch entstehende hohe Bedarf an Seife konnte nur durch eine industrielle Produktion befriedigt werden. Für feine Seifen zur Körperwäsche wurden nun hochwertige Öle verwendet, während einfache Seifen zum Waschen und Scheuern aus billigem Lein- oder Hanföl gekocht wurden.

Die industrielle Produktion griff auf die inzwischen mögliche künstliche Herstellung von Natriumcarbonat und Natriumhydroxid zurück, was die Produktion des Reinigungsmittels enorm verbilligte.

Auch das Seifesieden wurde nach und nach durch ein anderes Verfahren ersetzt: das Einleiten von Dampf. Richtig gesiedete Seifen sind heutzutage selten.

Werbeplakat aus dem Jahr 1950 für die Seifenmarke "Sunlicht"

Seifenwerbung Anfang des 20. Jahrhunderts

Seifenfreie "Waschstücke"

Dass Seife einst ein Luxusprodukt war, ist heute kaum mehr vorstellbar. Im Gegenteil, richtige Seife ist eher in Verruf geraten. Denn Seife macht nicht nur sauber, sie schadet auch der Haut. Durch die alkalischen Substanzen hat Seife einen hohen basischen pH-Wert, der weit über dem pH-Wert der Haut liegt.

Basische Lösungen aber greifen sowohl Textilien als auch die Haut an. Zudem entzieht Seife der Haut Fett – sie wird trocken, spröde und brüchig. Hautreizungen können die Folge sein.

Was heute als Seife in jedem Badezimmer liegt, muss man eigentlich als "Waschstück" bezeichnen, denn der Anteil an Seife ist meist recht gering. Die Seife ist durch synthetische waschaktive Substanzen ersetzt worden. Den portionierten Stücken werden zusätzlich Parfüms, Rückfettungsmittel, Hautschutzstoffe wie Kamille oder Calendula oder auch Desinfektionsmittel zugesetzt.

Für besonders empfindliche Haut gibt es sogenannte "Syndets": Waschstücke, die seifenfrei und damit alkalifrei sind. Ihr pH-Wert ist neutral oder sogar schwach sauer und entspricht damit dem pH-Wert der Haut. Doch auch wenn die Waschstücke gar keine Seife mehr enthalten – sie werden immer noch "Seife" genannt.

Zwei Hände, die unter einem laufenden Wasserhahn gewaschen werden.

Seife löst den Schmutz

(Erstveröffentlichung 2003. Letzte Aktualisierung 03.11.2020)

Quelle: WDR

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