Überschrift "Blackrock" vor Eingang der Firma.

Kapitalismus

Stilles Wasser Blackrock

Der US-Vermögensverwalter Blackrock verfügt über so viel Geld wie niemand sonst auf der Welt. Damit ist eine Menge Macht verbunden – und kaum jemand weiß es.

Von Beate Krol

Fast sechs Billionen Dollar Anlagekapital

Wo sammelt sich das meiste Geld der Welt? Die Antwort ist schnell zu finden. Einfach "Blackrock New York" bei Google Maps eingeben und schon zeigen sich acht rote Punkte im Herzen Manhattans.

 Klickt man sie an, öffnen sich Fotos von unauffälligen Hochhaus-Eingängen. Von hier aus steuern die Mitarbeiter des US-amerikanischen Vermögensverwalters gigantische Summen.

Mehr als sechs Billionen Dollar – also umgerechnet fast 5,5 Billionen Euro, das sind 5500 Milliarden Euro – hatte Blackrock Ende 2017 für seine Kunden angelegt. Zu diesen Kunden gehören Superreiche, Versicherungen, Stiftungen, Finanzabteilungen von Unternehmen, Staatsfonds und Pensionskassen.

Weitere 14 Billionen Dollar laufen über die Analyse- und Handelsplattform "Aladdin", einen Supercomputer, der in Millisekunden die ökonomischen Folgen eines Ereignisses ausrechnet und dessen Service viele große Finanzdienstleister gebucht haben.

Politik und Wirtschaft suchen Blackrocks Nähe

Weil diese Investoren ihre Daten ständig bei Aladdin einspeisen, beherrscht Blackrock nicht nur so viel Kapital wie niemand sonst auf der Welt – das Unternehmen weiß auch, wohin es fließt und woher es kommt. Entsprechend groß ist Blackrocks Einfluss auf Wirtschaft und Politik.

In Insiderkreisen gilt Vorstandschef und Mitbegründer Larry Fink als heimlicher Präsident der Weltfinanzgemeinde. Alle wichtigen Vorstandschefs und Finanzvorstände halten engen Kontakt zu ihm.

Ebenso die Politik. Als 2008 die Finanzkrise die Welt erschütterte, bat US-Finanzminister Timothy Geithner Blackrock mehrfach, toxische Wertpapiere zu prüfen und abzuwickeln. Später entwickelte das Unternehmen Stützungsprogramme für die US-Notenbank und checkte die maroden griechischen Banken.

Larry Fink

Larry Fink (links) ist heimlicher Präsident der Weltfinanzgemeinde

Blackrock-Chef gibt sich harmlos

In der Öffentlichkeit spielt Larry Fink diese Macht gern herunter. Blackrock sei lediglich ein Verwalter, lautet das Mantra des ehemaligen Börsentraders, der seine Abschlussarbeit im Studium über Immobilienfinanzen schrieb und zu den Erfindern der strukturierten Hypothekenpapieren gehört, die 2008 die Finanzkrise auslösten.

Bei Unternehmensentscheidungen, so Fink weiter, spiele Blackrock eine maßvolle und konstruktive Rolle. Im Sinne seiner Kunden sei Blackrock an Stabilität und langfristigen Strategien interessiert und fordere eine Abkehr vom Quartalsdenken.

Die Rendite bestimmt

All das ändert jedoch nichts am Geschäftsmodell von Blackrock: Es gilt, das eingesetzte Vermögen zu vermehren – und da stehen die Interessen der Kunden über allem. Experten führen viele der für Arbeitnehmer und Verbraucher schlechten Konzern-Fusionen auf den Druck der Großinvestoren zurück, weil sie so die Rendite ihrer Investments steigern.

Auch bei Immobilieninvestments stehen hohe Gewinne im Vordergrund und nicht bezahlbare Wohnungen in gut gepflegten Miethäusern.

Mann mit Brille vor einem Bildschirm.

Investments müssen Rendite bringen

Und auch als Steuerzahler macht Blackrock keine gute Figur: Das Unternehmen Blackrock, das über 70 Niederlassungen und 13.000 Mitarbeiter verfügt, hat einen großen Teil seiner Investmentfonds kostengünstig in Steueroasen angesiedelt.

Weil Blackrock stetig weiter wächst, nimmt dieser Renditedruck weiter zu. Das Unternehmen, das selbst börsennotiert ist, hält Aktien an allen wichtigen Konzernen.

Schaut man sich die einzelnen Branchen an, gehört Blackrock bei den zehn Branchengrößten fast immer zu den drei größten Einzelaktionären. Oft hält der Vermögensverwalter sogar den größten Aktienanteil, wie bei der britischen Großbank HSBC, der Allianz, BASF, Bayer, Royal Dutch Shell, BP, Unilever, British American Tobacco und Vodafone.

Im Dax, dem Aktienindex der 30 größten börsennotierten deutschen Unternehmen, ist Blackrock der größte Investor.

Firma mit Firmenlogo "Allianz"

Blackrock hält den größten Aktienanteil bei Allianz

Alle sind verstrickt

Für viele Globalisierungskritiker ist Blackrock daher die Inkarnation des unersättlichen Finanzkapitalismus'. Zur Wahrheit über das Unternehmen gehört allerdings auch, dass es zu einem großen Teil Gelder aus Pensions- und Staatsfonds sowie Versicherungen anlegt.

Ein Teil des Renditedrucks, den Blackrock ausübt, kommt also indirekt von den Versicherten und damit von den ganz normalen Bürgern, die bei ihren Renten und Lebensversicherungen auch an hohen Gewinnen à la Blackrock interessiert sind.

Beitrag über Versicherungsschein.

Lebensversicherungen müssen Rendite erzielen

Nicht zuletzt deshalb tun sich Regierungen schwer, den mächtigen Vermögensverwalter und andere Großinvestoren zu regulieren. Weil sie keine klassischen Bankgeschäfte wie Kontenführung betreiben, sind sie als Schattenbanken von der Aufsicht ausgenommen. Wagen Behörden und Staaten doch mal einen Vorstoß, lobbyiert die Branche kräftig.

Blackrock achtet deshalb bei der Personalauswahl auch auf nützliche Verbindungen. So war der stellvertretende Vorstand für institutionelle Anleger in Europa, Philipp Hildebrand, Präsident der Schweizerischen Nationalbank. Aufsichtsratschef der deutschen Blackrock-Niederlassung ist der wirtschaftsliberale ehemalige CDU-Politiker und Bundestagsabgeordnete Friedrich Merz.

Portraitaufnahme von Friedrich Merz.

Friedrich Merz ist Aufsichtsratchef von Blackrock Deutschland

Quelle: SWR | Stand: 20.07.2018, 11:00 Uhr

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