Luftbild einer Ruine

Geschichte der Fotografie

Luftbildfotografie

Lange bevor unsere Erde von Satelliten ins Visier genommen und kartographiert wurde, gab es bereits die Luftbildfotografie. Luftbilder faszinieren uns – und werden für Städteplanung, Landschaftsnutzung, Archäologie oder Filmaufnahmen eingesetzt.

Von Robert Manz

Anfänge der Luftbildfotografie

Die ersten Luftbilder schoss der französische Fotograf Nadar. Er studierte Medizin in Lyon, gab das Studium aber schnell wieder auf, um Journalist zu werden. Die ersten Luftbildaufnahmen machte er 1859 von einem Fesselballon aus bei der Schlacht von Solferino. 1863 verunglückte er mit seinem Riesenballon "Le Géant" auf einer Fahrt von Paris nach Hannover.

Nadar und seine Frau wurden dabei schwer verletzt. Trotzdem war er von den Perspektiven der Luftfahrt so überzeugt, dass er selbst ein Schraubenluftschiff konstruierte und damit den Schriftsteller Jules Verne zu seinem Roman "Fünf Wochen im Ballon" inspirierte.

Anschließend wurde Nadar zum Präsidenten der "Gesellschaft zur Förderung der Fortbewegung in der Luft mit Hilfe von Maschinen, die schwerer als Luft sind" ernannt. Diese Gesellschaft hatte das Ziel, die Entwicklung von Flugmaschinen zu fördern, die im Gegensatz zu Ballons gesteuert werden konnten. Sein damaliger Sekretär: Jules Verne.

Militärische Verwendung

Für militärische Zwecke werden Luftbilder seit den 1930er-Jahren vor allem für Aufklärungszwecke genutzt. Aufgrund der geringen Flughöhe waren die Einsatzmöglichkeiten anfangs noch beschränkt, wurden nach der Entwicklung von Strahltriebwerken aber zu einem wichtigen Instrument im Kalten Krieg.

Das 1955 eingeführte Spionageflugzeug Lockheed U-2 konnte in 20.000 Metern Höhe fliegen und war damit sowohl für Boden-Luft-Raketen als auch für feindliche Jagdmaschinen unerreichbar.

Die Spionageausrüstung bestand ursprünglich aus zwei hochauflösenden analogen Panoramakameras und wurde im Laufe der Zeit erweitert. Die Weiterentwicklungen dieser Maschine sind bis heute im Einsatz, sollen zukünftig aber wegen Budgeteinsparungen beim US-Militär außer Dienst gestellt werden.

schwarz-weiß Bild eines Spionageflugzeugs, das auf einem Flugplatz steht.

Das Spionageflugzeug U-2

Luftbild-Archäologie

Parallel zur militärischen Verwendung interessierten sich ab etwa 1920 auch Naturwissenschaftler für die neue Technik. Als besonders nützlich erwies sich die Luftbildfotografie für Archäologen.

Den ersten Versuch, eine archäologisch wichtige Stätte aus der Luft zu fotografieren, unternahm 1906 Leutnant P. H. Sharpe von einem Militärballon aus. Als er bei einer Übung abgetrieben wurde, richtete er geistesgegenwärtig seine Kamera auf den unter ihm liegenden Steinkreis von Stonehenge.

Heute wird die Luftbildarchäologie hauptsächlich dazu verwendet, Denkmäler auf Veränderungen hin zu untersuchen und unter der Erde vergrabene Stätten zu finden.

Da Pflanzen über vergrabenen Stätten anders wachsen als über unberührtem Boden, entstehen charakteristische Konturen, die vom Boden aus nicht zu sehen sind. Diese sogenannten "Bewuchsmerkmale" werden abfotografiert und zur Unterstützung bei Bodengrabungen eingesetzt.

In Deutschland wurde die Luftbildarchäologie nach der Wiedervereinigung besonders intensiv genutzt, um ehemaliges DDR-Gebiet archäologisch zu erkunden.

Unbemannte Luftbilder

Kurz vor dem Ersten Weltkrieg entwickelte sich die Brieftaubenfotografie. Dabei wurden Brieftauben mit einer zeitlich ausgelösten Minikamera ausgestattet. Die Technik sollte ähnliche Bilder bieten wie vom Ballon aus, dabei aber das Risiko menschlicher Verluste minimieren. Bei Einsätzen im Ersten Weltkrieg erwies sich die Technik in der Praxis aber als unbrauchbar und wurde nach dem Krieg nicht mehr eingesetzt.

Ebenfalls vor dem Ersten Weltkrieg entstand die Raketenfotografie. Alfred Nobel ließ sich 1896 eine Fotorakete patentieren. Zur Einsatzreife brachte die Technik aber erst ein deutscher Ingenieur. Alfred Maul schoss 1904 seine erste Fotorakete ab und verfeinerte die Technik bis ins Jahr 1912.

Eine mit einer Kamera ausgestattete Rakete schoss in zeitlich festgelegter Abfolge Bilder vom Boden. Durch die Limitierung der damaligen Raketentechnik konnten so aber lediglich Bilder aus einer Höhe von 800 Metern aufgenommen werden.

Das führte dazu, dass sich die Technik nicht im großen Stil durchsetzte. Erst nachdem die USA und die Sowjetunion die ersten Satelliten ins All schickten, wurden wieder unbemannte Luftbilder von der Erde geschossen. Am 1. April 1960 schossen die Amerikaner mit TIROS 1 den ersten Wettersatelliten in eine erdnahe Umlaufbahn.

Zeichnung des Wettersatelliten TIROS 1 im Weltraum.

TIROS 1 war der erste Wettersatellit

Quelle: SWR | Stand: 26.07.2019, 16:30 Uhr

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