Klatschende Zuschauer bei einem Popkonzert.

Ungarn

Ungarns Popmusik in zwölf Songs

Wir haben unsere Studiogäste Orsolya Lénárt und Stephan Ozsváth gebeten, uns eine Auswahl Lieblings-Popsongs aus Ungarn zusammenzustellen.

Von Frank Drescher

Orsolya Lénárts Empfehlungen:

Mit Alternative Rock haben sich Kispal és a Borz in Ungarn große Popularität erspielt. 1987 gründeten in Pécs vier Schulfreunde die Band, die es in den 23 Jahren ihres Bestehens auf elf Studioalben bringt. Ihr Abschiedskonzert gaben sie 2010 auf dem Budapester Sziget-Festival vor 45.000 Zuschauern. Das Stück "Ha az életben" ("Wenn‘s im Leben") erschien 1998 auf ihrer LP "Holdfényexpressz". Hier gibt es eine Übersetzung des Textes: https://lyricstranslate.com/de/ha-az-%C3%A9letben-wenn-im-leben.html

Die 2005 als "Honey Bee" gegründete Band ist dem ungarischen Publikum durch Talentshows bekannt geworden. Sie gewann zahlreiche Nachwuchspreise. 2011 formierte sie sich um und änderte ihren Namen in Honeybeast. Mit "A legnagyobb hös" ("Der größte Held") bewarb sich die Gruppe 2014 um die Teilnahme am Eurovision Song Contest, verfehlte dabei aber knapp die Endrunde der ungarischen nationalen Vorauswahl. Machte aber nichts: Im ungarischen Radio gab es 2014 an "A legnagyobb hös" kein Vorbeikommen.

Ebenfalls 2014 landeten Kelemen Kabátban mit "Maradjatok gyerekek" ("Bleibt ewig Kinder") einen großen Sommerhit, der das Strandleben am Balaton feiert. Die von Dubstep, Hiphop und House inspirierte Elektronik-Formation ist seit 2011 aktiv.

Wie gut Kelemen Kabátban aber auch mit akustischen Instrumenten umzugehen weiß, zeigt dieser Auftritt beim Radiosender Petöfi:

Zu den bedeutendsten Künstlern Ungarns gehört der Lyriker und Songschreiber Ákos Kovács, der 1989 mit seiner Band Bonanza Banzai seine erste Platte veröffentlichte. Seit 1993 ist Ákos Kovács auch als Solokünstler immens erfolgreich. 2012 wurde ihm der Kossuth-Preis verliehen, Ungarns wichtigster Kulturpreis. "Hazatalál" (Rückkehr) ist das titelgebende Stück seines 2018 erschienen Albums.

Mit einem Auftritt auf dem berühmten Sziget-Festival begründeten The Carbonfools 2001 ihren Ruhm. Drei Jahre später veröffentlichten sie ihr Debütalbum mit dem Titel "Poisoned Goulash". Das Stück "Hideaway" stammt von ihrem 2010 erschienen Album "Carbonsoul". Für ihren einzigartigen Sound nimmt die Band Anleihen bei Rock, Blues und Folk ebenso wie bei Reggae, Disco und Darkwave.

Seit Mitte der 1990er Jahre ist die Jazzcombo Emil.RuleZ! aktiv, die mit ihrer Musik oft auch einen komödiantischen Ansatz verfolgt. Ihr Debüt-Album von 2004 zeichnete der Verband der ungarischen Musikindustrie mit dem ungarischen Musikpreis in Gold aus. In "Hello tourist" macht sich die Band über die ausbaufähigen Englischkenntnisse von Budapester Studenten in den 1990er Jahren lustig.

Stephan Ozsváths Empfehlungen:

Esti Kornél ist eine der wichtigsten Alternative-Rockbands Ungarns. Sie stammt aus dem Osten des Landes, aus Mezötúr, 20 Kilometer vom Heimatort von Stephan Ozsváths Großeltern entfernt und hat sich nach der Hauptfigur des Romans "Die Abenteuer des Kornél Esti" benannt. Verfasst hat ihn Dezsö Kostolányi (1885–1936), eine der prägenden Figuren der ungarischen Literatur des 20. Jahrhunderts. Die Band hingegen gründete sich 2006 und tourte 2010 im Vorprogramm von Kispál és a Borz. Das Stück "Ti a rosszak, mi a jók" ("Ihr die Schlechten, wir die Guten") eröffnet ihr 2014 erschienenes Album "Ne Félj" ("Hab keine Angst").

Ebenfalls im Umfeld von Kispál és a Borz entstand 2005 die Budapester Gruppe Óriás (deutsch: Riese) Das Stück "Helyet tudni" ("Den eigenen Platz kennen") stammt vom 2013 veröffentlichten Album"Tűz, Víz, Repülő" ("Feuer, Wasser, Flugzeug"), das das Trio auch auf USB-Sticks verkaufte.

Aus Szombathely nahe der österreichischen Grenze, stammen Anima Sound System. Seit 1993 produziert die Gruppe elektronische Musik, die sich durch eine besondere, geheimnisvolle Intensität auszeichnet. Außerhalb Ungarns am bekanntesten dürfte ihr 1997 erschienener Track "68" sein, von dem es eine Vielzahl an Remixes gibt: (https://www.discogs.com/de/composition/4a1d1142-8f7e-4dd7-90d6-81c269e131c2-68-Original).

Als um die Jahreswende 2011/2012 Ungarns Regierung eine neue Verfassung durchsetzte, formierte sich eine breite Protestbewegung dagegen. Eine ihrer Protagonistinnen ist die Budapester Polit-Aktivistin Dorottya Karsay, die mit dem tanzbaren Protestsong "Nem tetszik a rendszer" ("Ich mag das System nicht") so etwas wie den Soundtrack für viele Demonstrationen zum Erhalt der Pressefreiheit lieferte, einer der Rapper ist der Roma-Schriftsteller Tamás Jónás ("Als ich noch Zigeuner war").

Auf die Idee muss man erst mal kommen: eine Ska-Version des Darth-Vader-Themas aus Star Wars. Das 2003 in Budapest gegründete Pannonia Allstars Ska Orchestra ist 2016 auf diese Idee gekommen und veröffentlichte sie auf ihrem Album "Ghost Train". 2007 haben sie mit Ungarns berühmtester Jazz-Sängerin Veronika Harcsa eine Ska-Version des George Gershwin-Klassikers "Summertime" eingespielt: https://www.youtube.com/watch?v=5ML1WCJLkcc

Wie Stephan Ozsváth Ungarns Popmusik für sich entdeckte, darüber hat er 2014 diesen Essay geschrieben:

Quelle: SWR | Stand: 05.12.2018, 18:00 Uhr

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