Muddy Waters mit Gitarre bei einem Konzert 1981.

Blues

Muddy Waters – Blues-Veteran und Idol

Für viele Vertreter der jüngeren Blues-Generation war Muddy Waters Vorbild und Vaterfigur. 1943 zog er aus dem Süden nach Chicago und wurde zum Idol. Mit seinem Gitarrenstil prägte er den modernen Blues wie kein anderer und setzte neue Maßstäbe.

Von Alfried Schmitz

Als Kind spielte er gerne im Schlamm

"Muddy ist der Vater – was wir ihm schulden, werden wir ihm nie zurückzahlen können", sagte der Rhythm'n'Blues-Musiker Johnny Winter einmal über sein Idol. Winter gehörte zu den vielen Musikern, die Muddy Waters als Inspiration und Vorbild nennen.

1913 oder 1915 wurde Waters in einem kleinen unbedeutenden Nest im US-Bundesstaat Mississippi geboren. Sein Geburtsname: McKinley Morganfield. Kurz nach seiner Geburt starb die Mutter. Das Kind wuchs von nun an bei der Großmutter auf. "Muddy" nannte sie den Jungen, weil dieser mit Vorliebe im schlammigen Wasser eines kleinen Baches spielte.

In seiner Jugend entdeckte Muddy seine Leidenschaft für die Musik. Er lernte die Mundharmonika zu spielen, das Instrument der armen Leute. Im Radio hörte er die Musik des Blues-Pioniers Robert Johnson – und war begeistert davon.

Muddy sparte sein Geld, kaufte sich eine billige Gitarre und eiferte seinem Vorbild nach. Mit 17 Jahren konnte er so gut spielen, dass er auf kleinen Feiern auftrat und sich etwas dazuverdiente. Es war der Anfang einer steilen Karriere.

Schwarz-Weiß-Foto zeigt den Blues-Musiker Muddy Waters bei einem Auftritt in Deutschland in den 1960er Jahren.

Muddy Waters in den 1960ern

Waters entwickelte seinen eigenen Stil

An der Gitarre war vor allem Robert Johnson sein Vorbild. Den rauen und dennoch warmen Gesang hörte sich Waters von Son House ab, einem windigen Typen, der 1902 auf einer Plantage tief im Süden der USA geboren wurde.

Son House war umtriebig, hatte ständig Alkohol im Blut und Affären. 1930 brachte der Blues-Musiker seine ersten Schallplatten auf den Markt, die den Teenager Muddy Waters beeindruckten und prägten.

Waters entwickelte die Musik seiner Vorbilder weiter und fand seinen eigenen Stil. 1940, mit Mitte 20, bekam er die Chance seines Lebens. Er war nach St. Louis gereist, um in einem reisenden Varieté aufzutreten, das im Süden der Staaten sehr beliebt war.

Muddy Waters war unterdessen auch dem Musikwissenschaftler Alan Lomax aufgefallen, der sich besonders für Folk und Blues interessierte. Auf einer Forschungsreise durch den Bundesstaat Mississippi besuchte er den Musiker zu Hause und nahm einige seiner Stücke für seine wissenschaftliche Arbeit auf. Ein prägendes Erlebnis für den jungen Blues-Musiker.

"Du kannst dir nicht vorstellen, was das für ein Erlebnis war, meine eigene Stimme auf einer Tonbandaufnahme zu hören", sagte Muddy Waters später in einem Interview. "Etwas später schickte mir Lomax eine Schallplatte mit der Aufnahme zu und einen Scheck von 20 US-Dollar. Auf einmal wusste ich, ich kann es schaffen, ich kann es schaffen."

Muddy Waters bei US-Konzert 1971.

Muddy Waters 1971

Boomtown des Blues: Chicago

Muddy Waters war begeistert von Chicago, der quirligen Boomtown des Blues. 1943 zog er nach Chicago, um dort als Berufsmusiker aufzutreten. Einfach war das nicht.

Um sich über Wasser zu halten, musste er tagsüber in einer Papierfabrik schuften. Abends trat er in kleinen verrauchten Clubs auf. Zu dieser Zeit besaß Muddy Waters schon seine erste elektrisch verstärkte Gitarre.

1946 wurde eine Schallplattenfirma auf den jungen Künstler aufmerksam. Das Unternehmen der Brüder Leonard und Phil Chess war damals noch genauso unbedeutend wie Muddy Waters selbst. Doch in nur zwei Jahren entwickelte sich Aristocrat Records zum führenden Blues-Label: Chess.

Aber bis zum Durchbruch von Muddy Waters vergingen noch einige Monate. Tagsüber verdingte er sich nun als Lastwagenfahrer, nachts tingelte er als Musiker über die Bühnen von Chicago. Chess veröffentlichte damals auch erste Platten von ihm, die aber nur wenig Beachtung fanden.

Foto einer Hauptstraße mit Straßenbahn in Chicago im Jahr 1903.

Chicago im Jahr 1903

Von der Musik leben – ein Traum wird wahr

1948 erschienen bei Chess die erfolgreichen Singles "I can't be satisfied" und "I feel like going home". Muddy Waters erhielt nun Angebote von angesagten Clubs. Von dem, was er durch die Auftritte verdiente, konnte er seinen Lebensunterhalt bestreiten – ein Traum für den Musiker. Schließlich kam die Single "Rollin' Stone" auf den Markt. Das sollte sein Leben verändern.

Das Stück war von heute auf morgen ein Hit. Muddy Waters internationaler Erfolg trug maßgeblich dazu bei, dass der Blues auch Einzug in die Musik der Weißen hielt. Die moderne und aufgeschlossene Spielweise von Waters wurde zum prägenden Stilmittel für andere Musikgenres wie Jazz, Rock'n'Roll, Soul, Funk und Rhythm'n'Blues.

Muddy Waters' Blues bereitete in Großbritannien auch den Weg für die Rhythm'n'Blues-Welle der 1960er Jahre. So war die Musik der Rolling Stones ganz entscheidend vom Blues aus Chicago inspiriert.

Auch der Bandname der britischen Gruppe geht auf einen Song von Muddy Waters zurück: "Rollin' Stone" war Waters moderne Version eines alten Bluessongs, der im Mississippi-Delta der 1920er Jahre gespielt wurde.

Am 30. April 1983 starb Muddy Waters, der bis kurz vor seinem Tod Musik machte. Der sechsfache Grammy-Gewinner hinterließ ein reiches musikalisches Erbe: Vier seiner Songs wurden in die Rock and Roll Hall of Fame aufgenommen.

Fans von Muddy Waters – die Rolling Stones

Fans von Muddy Waters – die Rolling Stones

(Erstveröffentlichung 2013. Letzte Aktualisierung 28.02.2020)

Quelle: WDR

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