Bauernhaus in der Lüneburger Heide mit Schafen davor

Heidelandschaften in Europa

Heidebauern und Imker

Salz, Honig und Schnuckenwolle: Von diesen Produkten lebten früher die Bauern in der Lüneburger Heide. Der typische Heidehof hatte wenig Ackerland, aber riesige Flächen.

Von Sandra Kampmann

Heidepflege mit Feuer

Die mageren sandigen Böden und die knappen Rohstoffe machten den Heidebauern das Leben von Anfang an schwer. Zu der harten Arbeit kam die Einsamkeit, denn die Region war schon damals dünn besiedelt.

Doch dank der guten Anpassungsfähigkeit der Heidebewohner (Heidjer) an die karge Natur versuchten es die Bauern gar nicht erst mit Getreideanbau, sondern spezialisierten sich auf die Viehhaltung. In der weiten Heidelandschaft suchten sich die Tiere ihr Futter selbst, die Bauern mussten lediglich die Heide pflegen.

Die Pflege der Heide war und ist keine leichte Aufgabe. Ohne die ständigen Pflegemaßnahmen des Menschen würde die Heide verbuschen und der Wald würde die lichten Flächen zurückerobern.

Schuld daran sind die Luftverschmutzung und die intensive Bewirtschaftung der Felder im Umland der Heide. Dadurch enthält die Luft mehr Rohhumus und Nährstoffe. Diese werden mit dem Wind transportiert und führen dazu, dass bestimmte Süßgräser wie die Drahtschmiele oder das Pfeifengras schneller wachsen und die Heide verdrängen. Deshalb ist es so wichtig, dass die Heide ständig gepflegt wird.

Vor 5000 Jahren entstanden die riesigen Heidekrautflächen Westeuropas – hauptsächlich durch das Feuer. Die Steinzeit-Bauern rodeten das Land, indem sie großflächige Brände legten, um auf diese Weise Weiden für ihr Vieh zu gewinnen.

Das kontrollierte Abbrennen der Heide spielt heute noch eine große Rolle für die Pflege der Heideflächen, genauso wie das Mähen und die Beweidung durch das Vieh.

Mensch und Tier unter einem Dach

Der typische Heidehof hatte wenig Ackerland, aber riesige Heideflächen. In der Lüneburger Heide lebten die Bauern in großen Hallenhäusern zusammen mit ihrem Vieh unter einem Dach. Das hatte den Vorteil, dass man Energie und Baumaterial sparen konnte.

Die meisten der alten Bauernhöfe waren zunächst reine Holzbauten. In der Mitte des Raums befand sich für gewöhnlich eine ummauerte Feuerstelle. Durch den Dachgiebel konnte der Rauch nach oben abziehen und räucherte gleichzeitig die Wurst- und Schinkenwaren an der Decke mit. Auch gegen Ungeziefer half der Qualm in der Stube.

Erst im 16. Jahrhundert leisteten sich die Heidjer komfortablere, mit Lehm erbaute Fachwerkhäuser, die eine separate Stube besaßen. Der Grund für den plötzlichen Luxus: In Lüneburg war der Salzboom ausgebrochen und mit ein wenig Verzögerung profitierten auch die Heidjer von dem "weißen Gold".

Nachgestellte historische Szene: Sechs Menschen auf einem Boot mit Salzsäcken

Der Salzhandel machte die Stadt Lüneburg und das Umland reich

Die Heidschnucke als Landschaftspfleger

Der Haupterwerb der Heidebauern war die Bienen- und Schafzucht. Die Schafställe standen meist mitten in der Heidekoppel. Im Sommer weideten die Heidschnucken draußen auf der Heide. Neben der Nahrungsaufnahme diente die Beweidung mit den "lebenden Rasenmähern" gleichzeitig der Heidepflege. Der Verbiss der Tiere bewirkt den jungen Austrieb der Heide und hält die Zwergsträucher schön kurz.

Die für die Heide so typischen Schnucken, deren Vorfahren einst wilde Mufflons waren, hatten aber noch andere Vorteile: Sie produzierten Fleisch und Wolle und auch ihre Hinterlassenschaften waren sehr begehrt. Vor allem im Winter waren die Schafställe die "Energiezentrale" des Hofes.

Die Ställe wurden mit Heidplaggen gestreut. Um diese zu gewinnen, trugen die Heidjer in mühevoller Arbeit mit der Plaggenhacke regelmäßig den Oberboden der Heideflächen ab. Daher auch das Wort Plackerei. Am Abend streuten die Heidjer die Einstreu in den Ställen der Heidschnucken aus. Der Kot der Schafe mischte sich mit den Heidplaggen und wurde im nächsten Frühjahr wieder als Dünger auf die Felder aufgetragen.

Heutzutage gibt es maschinelle Methoden, die das mühevolle Abplaggen des Heidekrauts ersetzt haben. Shoppern (Abtragen der nährstoffreichen Bodenschichten mit Spezialmaschinen) und Mähen sind die effizientesten Pflegemaßnahmen, um die Heidelandschaft zu schützen. Wo das nicht möglich ist, muss entkusselt werden. Dazu entfernt man junge Bäume wie Kiefern oder Birken per Hand mit dem Spaten.

Heidschnucke in Heidelandschaft

Natürlicher Rasenmäher

Ein besonderer Tropfen: der Heidehonig

Ein wichtiger Nebenerwerb der Heidebauern war das Imkerhandwerk. In der Lüneburger Heide produzieren die Bauern Honig schon seit dem Mittelalter. Denn bevor die Herstellung von Zucker begann, war Honig der wichtigste Süßstoff.

Der Heidehonig, in seiner Eigenschaft hell und klar, wird als Nektar gewonnen, den die Besenheide produziert. Wenn im August die Heide blüht, schwirren Millionen Bienen aus, um diesen begehrten Stoff aus den Heideblüten zu sammeln. Sie transportieren das kostbare Gut zum Bienenstock, wo der Blütennektar in Honig umgewandelt wird.

Traditionell wird der Honig in der Lüneburger Heide in sogenannten Stülpern gewonnen. Das sind Bienenkörbe, die aus Weide geflochten und mit Kuhmist abgedichtet werden.

Auch die Heidschnucken spielen eine nicht ganz unwesentliche Rolle bei der Honigproduktion. Mit ihrem Verbiss sorgen sie dafür, dass sich keine Spinnenweben im Heidekraut einnisten. Die Netze wären der sichere Tod für viele der fleißigen Honigbienen.

Ebenso wertvoll wie der Honig ist ein anderes Produkt: das Bienenwachs. Dieser wichtige Rohstoff wurde für die Herstellung von Kerzen, als Holzschutz oder für Gussformen verwendet.

Mehrere Bienenkörbe in einem Unterstand aus Holz

Traditionelle Bienenkörbe in der Lüneburger Heide

Harte Arbeit und karge Natur

Es ist nicht verwunderlich, dass die harte Arbeit und die spröde Natur die Mentalität der Heidebauern geprägt hat. Oft wird ihnen nachgesagt, dass sie stur und ein wenig schweigsam seien. Und wer das Plattdütsch, den Dialekt in der Heideregion, nicht versteht, der hat schon gleich schlechte Karten.

Heutzutage muss man diese Original-Heidjer jedoch wie die berühmte Stecknadel im Heuhaufen suchen. Kaum einer betreibt seinen Bauernhof noch nach traditioneller Heidebauernart. Die jungen Landwirte ähneln heute mehr Managern als verschrobenen Heidebauern.

Außerdem stammen viele Menschen in der Lüneburger Heide schon lange nicht mehr aus der Region. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs ließen sich hier auch viele Flüchtlinge aus den ehemaligen Ostgebieten nieder.

Auf den traditionellen Heidefesten oder beim Besuch eines Schäfers, der in der Weite der Heidelandschaft seine Schnucken hütet, hat man noch gute Chancen, den einen oder anderen Einheimischen zu treffen.

Ein bärtiger Schäfer stützt sich auf einen Hirtenstab, zu seinen Füßen sitzt ein weißer Hirtenhund. Im Hintergrund weiden die Schnucken im Heidekraut.

Original-Heidjer werden selten

(Erstveröffentlichung: 2009. Letzte Aktualisierung: 25.07.2018)

Quelle: WDR

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